Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
zu meiner Wohnung. Dort sind wir sicher.«
Ellert ließ sich bereitwillig mitziehen, da er die Situation noch nicht durchschaute. Vielleicht wollte der Fremde ihm wirklich nur beistehen. Jedenfalls machte er keinen schlechten oder gar verrückten Eindruck.
»Hier ist es.« Der Mann stieß eine Tür auf. »Kommen Sie, ich muss den Eingang wieder verriegeln.«
Er wartete, bis Ellert-Ashdon vorbei war, dann schob er einen eisernen Riegel vor. Im Flur brannte Licht. Es gab also noch funktionierende Energiequellen in Dommerjan.
Der Mann führte seinen Besucher in einen behaglich eingerichteten Raum, der jedoch seit Wochen nicht mehr sauber gemacht worden war. In den Ecken sammelte sich der Schmutz. Die Fenster waren mit Holzläden abgedunkelt und gesichert.
Ellert-Ashdon setzte sich in den einzigen Sessel, nachdem er dazu aufgefordert worden war. Der Fremde nahm auf einer durchgesessenen Couch Platz.
»Sie wollten Fragen stellen? Fangen Sie an. Aber danach bin ich an der Reihe.«
»Ich komme aus Kelten-Bay, wie ich schon sagte.« Ellert berichtete von dem Hilferuf des Unsterblichen und von seiner Absicht, ES beizustehen. Er bedauerte die Tatsache, bisher keine Unterstützung der Bewohner von EDEN II erhalten zu haben.
»Wir verdanken unsere Existenz ES, deshalb sollten wir dem Unsterblichen unsere Hilfeleistung nicht versagen. Meine erste Frage an Sie lautet: Haben Sie oder ein anderer diesen Notruf ebenfalls vernommen?«
Der Mann von Dommerjan schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht! Ich würde es wissen.«
»Aber das schließt nicht aus, dass jemand bereit wäre, mich zu begleiten.«
»Ich auf keinen Fall. Sie werden schon bemerkt haben, dass wir mit unseren eigenen Problemen beschäftigt sind.«
»Was geht hier überhaupt vor? Warum fürchten Sie, dass man mich tötet?«
Der Mann lehnte sich zurück und betrachtete Ellert nachdenklich. »Sie sind ein Doppelkonzept, wie Sie behaupten. Ein nicht integriertes Doppelkonzept. Ihre beiden Bewusstseine sind getrennt, und das eine wird immer das andere zu beherrschen versuchen. Um dem abzuhelfen, begannen die Einwohner von Dommerjan, ihre Bewusstseine zu verschmelzen – zu jeweils einem einzigen in einem Konzept. Später ist eine Gesamtintegration nicht mehr ausgeschlossen.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, erinnerte Ellert.
»Einigen von uns gelang dieser erste Schritt der Verschmelzung, den meisten leider nicht. Es kam sogar vor, dass Bewusstseine vertauscht wurden und grauenhafte Persönlichkeitsspaltungen entstanden. Alle Versuche der Rückkehr in den ursprünglichen Körper misslangen. Chaos und Irrsinn waren die Folge!« Der Mann beugte sich vor und sah Ellert in die Augen. »Außerdem Neid auf jene, denen es gelungen war oder die es erst gar nicht versucht hatten. Dieser Neid geht bis zum Mord.«
»Gibt es in diesem Dorf viele, die Erfolg hatten?«
»Höchstens ein paar Dutzend. Sie bleiben in ihren Häusern und gehen nur in Gruppen hinaus auf die Felder, um sich mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Ich selbst … nun, ich hatte keinen Grund, das Experiment mitzumachen. Ich bin ein Einzelkonzept.«
Durch die geschlossenen Fenster drang Lärm von der Straße herein.
»Was bedeutet das?«, fragte Ellert.
Der Mann stand auf und spähte durch die Ritzen der Holzläden. Er drehte sich um und winkte Ellert-Ashdon zu. »Kommen Sie und sehen Sie selbst. Die anderen haben einen von uns in die Enge getrieben.«
Ellert eilte zum Fenster. Fast ein Dutzend zerlumpte Gestalten hatten einen älteren Mann eingekreist und drängten ihn gegen die Hauswand auf der anderen Straßenseite. Mit Fäusten und Knüppeln schlugen sie auf ihn ein.
Ellert packte das Einzelkonzept am Arm. »Wir müssen ihm beistehen! Diese Verrückten bringen ihn sonst um.«
»Das werden sie tun, kein Zweifel. Aber was wollen Sie gegen die Meute ausrichten?«
»Das werden Sie schon sehen.«
Ellert zog den Mann einfach mit, griff nach seinem schweren Stock, der neben der Tür stand, schob den Riegel beiseite und stürmte auf die Straße, ohne sich darum zu kümmern, ob sein Gastgeber ihm folgte oder nicht.
Der Körper Ellert-Ashdons war muskulös, hinzu kam der eiserne Wille der beiden Bewusstseine, der ihn vorwärts zwang. Mit der Wut eines Berserkers stürzte er sich mit dem Knüppel in den Kampf.
Die Meute ließ von dem Unglücklichen ab, der zusammengeschlagen am Boden lag. In den Augen der zerlumpten Kerle flackerten Irrsinn und Mordlust.
Ellert schlug den Ersten nieder,
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