Silberband 106 - Laire
Quohlfahrt dem Hügel.
»Dass die Ansken ihn gebaut haben, ist wohl klar«, sagte der Robotologe.
»Aber warum wurde er nicht fertiggestellt?«, rief Yaal. Der Wind fing sich mit lauten Heul- und Pfeifgeräuschen in den Hohlräumen.
»Keine Ahnung.« Auch Quohlfahrt redete unwillkürlich lauter.
Er entdeckte abgenagte Tierskelette zwischen den Hügeln und zweifelte nicht daran, dass sie von den Ansken getötet worden waren. Er machte Yaal nicht darauf aufmerksam, um den SOL-Geborenen nicht unnötig zu beunruhigen.
Sie stiegen bis zur ersten Öffnung hinauf und schreckten einen Schwarm winziger Vögel auf. Die Tiere hatten sich auf einer weißlichen Masse niedergelassen, die wie eine schmale Spur in den Hügel hineinführte. Deutlich war zu sehen, dass die Vögel davon gefressen hatten.
»Was ist das?«, fragte Yaal.
Quohlfahrt kniete sich neben der weißlichen Masse nieder und streckte die Hand danach aus. Doch Insekten-Sue erschien neben ihm und riss seinen Arm zur Seite.
»Das kann ich auf keinen Fall zulassen«, sagte sie schrill. »Es ist zu gefährlich.«
»Ich habe nicht vor, das Zeug zu essen«, erwiderte der Robotologe ärgerlich. »Ich wollte nur eine kleine Probe nehmen.«
»Auch das ist zu gefährlich«, protestierte der Posbi, tauchte eines seiner Greifglieder in die Masse und ließ einen kleinen Brocken davon in einer Körperöffnung verschwinden. Sekunden später richtete Insekten-Sue sich auf. »Das ist so etwas wie Honig«, teilte sie mit. »Die Ansken müssen es ausgeschieden haben.«
Quohlfahrt verzog das Gesicht. Er blickte auf die Ebene hinaus, konnte aber wegen des aufgewirbelten Sandes nicht viel erkennen.
»Mir gefällt das nicht«, sagte er und deutete auf die weiße Masse. »Die Arbeiterinnen haben die Aufgabe, dieses süße Zeug zu produzieren. Die anderen Ansken fordern es ihnen ab, sobald sie ins Nest zurückkehren. Die Arbeiterinnen erbrechen es, und die anderen verzehren es bis auf das letzte Molekül. Hier ist diese Masse kiloweise zurückgeblieben und eingetrocknet. Das passt nicht zu den Ansken.«
»Woher wissen Sie das alles?«, fragte Yaal verblüfft. »Sie waren bei der ersten Expedition doch gar nicht dabei.«
»Aber ich habe mit fast allen gesprochen, die dabei waren«, erwiderte Quohlfahrt. »Aus den Einzelinformationen habe ich ein Puzzle zusammengesetzt. Das sollte Ihnen als Wissenschaftler doch nicht neu sein. Übrigens schlage ich vor, dass wir das Hügelinnere untersuchen.« Er schaltete den Brustscheinwerfer seines Anzugs ein.
Sie waren noch keine zwanzig Meter weit vorgedrungen, als sie auf den reglosen Körper einer Ansken-Arbeiterin stießen. Der Lichtstrahl schreckte einen Vogelschwarm auf.
»Sie haben nicht einmal ihre Toten bestattet«, klagte der Robotologe.
»Ich frage mich eher, woran dieses Wesen gestorben sein mag«, sagte Yaal nachdenklich.
»Das können wir untersuchen. Wenn Sie einverstanden sind, rufe ich ein Bergungskommando.«
Yaal nickte stumm. Während er das tote Geschöpf nachdenklich umkreiste, nahm Quohlfahrt Verbindung zur TUNDRA auf.
Anschließend drangen sie weiter vor. Sobald es zu steil in die Tiefe ging, benutzten sie ihre Antigravs. Sie fanden keine weiteren toten Ansken, doch sie stießen etwa fünfzig Meter unter der Oberfläche auf wabenförmige, mit transparenten Häuten verschlossene Gebilde. In den Waben lagen Larven, jede etwa fünfzig Zentimeter lang und knapp halb so dick.
Quohlfahrt untersuchte die ersten Waben. »Ich glaube, dass alle Larven tot sind«, sagte er.
Es waren vierundvierzig, aber nirgendwo verbreitete sich Verwesungsgeruch. Sobald der Robotologe oder Yaal einen Kadaver mit dem Kombistrahler berührten, zerbröckelte die weiße Haut, und das Wesen fiel in sich zusammen. Tausende ameisenähnlicher Tiere eilten durch eine Öffnung im Boden davon.
»Wir lassen einige übrig«, sagte Quohlfahrt. »Vielleicht können die Spezialisten der TUNDRA mehr damit anfangen.«
»Die Todesursache lässt sich bestimmt nicht mehr feststellen«, erwiderte der Kosmobiologe. »Wir können schon von Glück sagen, wenn wir sie bei den ausgewachsenen Ansken herausfinden.«
Der Olliwyner Quohlfahrt gab seinem Begleiter recht. Er wusste aber, dass die Kosmopathologen über verblüffende Methoden verfügten, von denen er so gut wie nichts verstand. Oft gelang es ihnen, aus verschwindend kleinen Überresten eine Fülle an Informationen zu gewinnen.
»Wir räumen das Feld. Sollen die Spezialisten sich damit befassen.«
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