Silberband 112 - Die Energiejäger
versagten. Der Kreuzer neigte sich zur Seite, hatte Bodenberührung. Ohrenbetäubender Lärm brandete auf, als das Schiff sich in die mächtige Eisschicht hineinwühlte und einen höher werdenden Wall aus gewaltigen Schollen vor sich auftürmte.
25.
Knatze ließ die Peitsche in der Morgenluft knallen. Dies war das Zeichen zum Aufbruch für mehr als zehntausend Pilger. Männer, Frauen und Kinder aus Türmwaz und der Umgebung der größten Stadt von Matazema brachen auf nach Norden.
»Ihr werdet das Wunder sehen!«, rief der Schlittenführer mit hallender Stimme. »Ich führe euch zur Teppon-Kluft und werde euch zeigen, was über das Dgakor-Gebirge gekommen ist. Es ist das, was uns das Teppon-Buch seit Jahrtausenden verheißt.«
Knatze saß auf einem weißen Pokro, dem größten Tier, das es in Türmwaz gab. Die Priester hatten es ihm geschenkt.
Alle Müdigkeit war wie weggewischt. Noch vor zwei Stunden war der Schlittenführer so erschöpft gewesen, dass er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Er war entschlossen gewesen, wenigstens zwanzig Stunden zu schlafen. Doch er hatte keine einzige Minute geruht.
Die Bevölkerung von Matazema befand sich in einem Freudentaumel. Es war unglaublich, wie schnell sich die Nachricht verbreitet hatte.
Knatze ritt auf einen Hügel, um den Pilgerzug besser überblicken zu können. Der Aufbruch der Bürger übertraf alles, was er sich hatte vorstellen können. Von den Holzhäusern der Stadt bis zum Horizont standen sie dicht gedrängt. Viele der Männer, Frauen und Kinder waren nur unzureichend ausgerüstet. Knatze hatte immer wieder darauf hingewiesen, doch das hatte nichts gefruchtet. Er machte sich darüber nicht mehr allzu viele Sorgen. Dallazen waren von der Natur so ausgestattet, dass sie die grimmigste Kälte unbeschadet überstehen konnten. Zur Not konnten sie sich in den Schnee eingraben, eine Wärmeblase bilden und abwarten, bis die Temperaturen wieder stiegen.
Einer der Priester kam zu Knatze.
»Warte nicht, Freund«, riet er dem Expeditionsführer. »Ein Mann wie du sollte an der Spitze dieses unvergleichlichen Pilgerzugs reiten, nicht an seinem Ende.«
»Du hast recht, Vernaz«, erwiderte Knatze. »Jedenfalls zu Anfang sollte das so sein. Komm und begleite mich.«
Der Priester war ein dicker Mann mit grauem Fell, das ihn noch korpulenter erscheinen ließ, als er tatsächlich war. Tiefe Falten in seinem roten Gesicht verrieten, dass er die Lebenshälfte schon weit hinter sich gelassen hatte.
Die beiden Männer ritten am Pilgerzug entlang und gaben hier und da Ratschläge. Viele Männer und Frauen hatten zu wenig Nahrungsmittel dabei, andere entschieden zu viel. Manche Wagen brachen unter der Last fast zusammen, etliche trugen nur die Familie eines Pilgers. Dennoch hatte jeder nur mitgenommen, was er zum Leben benötigte.
»Einige werden niemals ankommen«, sagte Knatze zu Vernaz, während sie sich der Spitze des Pilgerzuges näherten. »Kann man den Krüppeln und den Armen nicht helfen? Der Teppon-Orden hat viel Geld angesammelt. Warum werden davon nicht Pokros und Karren oder Schlitten gekauft, mit denen die Bedürftigen befördert werden?«
Der Priester lächelte nachsichtig. »Das würden wir gern tun«, erwiderte er. »Kannst du mir sagen, wo wir auf Matazema heute noch einen Pokro kaufen können und wer noch bereit ist, einen Karren oder einen Schlitten abzugeben? Ich weiß niemanden.«
»Verzeih mir, Bruder«, sagte Knatze. »Ich muss dir recht geben. Niemand konnte sich auf diesen Tag vorbereiten, weil er unvorhersehbar kam.«
Knatze hielt seinen Pokro an. Am Wegrand lagen zwei tote Reittiere. Ihre Besitzer hatten sie offensichtlich zu hart angetrieben.
»Wir müssen mit den Leuten reden«, sagte der Schlittenführer. »Wenn nicht Vernunft einkehrt, wird es sehr viele Tote geben.«
»Du wirst schweigen!«, bestimmte Vernaz. »Das ist nun nicht mehr deine Aufgabe, sondern allein unsere. Wir Priester sind für den Pilgerzug verantwortlich. Du wirst uns nur den Weg zeigen.«
»Warst du nie in der Teppon-Kluft?«
»Jeder Priester war schon einmal dort, sonst könnte er nicht im Orden bleiben. Ist dir das entfallen? Reite voraus und sorge dafür, dass wir Nachtquartier und Verpflegung an der nächsten Station bekommen. Dann hast du schon viel getan.«
Knatze verstand. Dies war nicht nur seine große Stunde, sondern auch die des Teppon-Ordens. Die Priester wollten sich ebenso wenig dreinreden lassen wie er. Und er verstand
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