Silberband 112 - Die Energiejäger
Minuten später. Ich hörte von irgendwoher ein halblautes »Ping«, gleichzeitig sackte die Flüssigkeit in sich zusammen, als sei sie des größten Teils ihrer Substanz beraubt worden. Nur mehr ein kläglicher Rest zitterte auf dem Boden des U-Rohrs.
Ich sah mich dort um, wo ich das »Ping« gehört zu haben glaubte. Es gab da einen Wust kleiner bis winziger Einzelteile. Ich versuchte, dem Gewirr beizukommen, indem ich die Teile vorsichtig auseinanderschob. Das gelang mir auch, da sie ziemlich elastisch waren.
Ich fand ein zweites U-Rohr, dieses mit einer bläulich phosphoreszierenden Flüssigkeit gefüllt. Es gab allerdings so wenig Flüssigkeit, dass nur der Boden des U und rechts und links etwa ein Zentimeter der Schenkel gefüllt waren. Auch diese Substanz befand sich in steter Bewegung, aber ihre Ausschläge waren minimal.
Ich hatte also einen funktionalen Zusammenhang zwischen zwei voneinander getrennten Bestandteilen des Drugun-Umsetzers erkannt. Aber war das wirklich ein Erfolg? Meine kauernde Körperhaltung vor der Maschine musste die Blutzufuhr zum Gehirn beeinträchtigt haben. Denn jetzt, als ich wieder aufrecht stand, wurde mir bewusst, welch ein Narr ich war. Ich konnte zwei winzige Bestandteile des Umsetzers einander zuordnen. Aber ich wusste nicht einmal, ob die Zuordnung von Rot nach Blau oder umgekehrt verlief. Es gab wahrscheinlich Zehntausende solcher Einzelteile. Ich hatte mehr als eine halbe Stunde benötigt, um eine bestenfalls halb triviale Erkenntnis zu gewinnen. Wenn ich in dieser Schnelligkeit fortfuhr, vergingen Jahre, bis ich das Gerät halbwegs überblickte.
Die Suche nach dem sechsten Schlüssel durfte nach meiner Schätzung nicht mehr als zwölf bis fünfzehn Stunden dauern.
Also wozu verschwendete ich hier meine Zeit?
Ein Schmerz durchzuckte mich, der mir fast den Schädel zerriss.
Ich taumelte und hörte ein scharfes Zischen und einen peitschenden Knall. Das mochten echte Geräusche sein oder Produkte meines gemarterten Bewusstseins, ich konnte es nicht sofort erkennen. Qualm stieg aus dem Drugun-Umsetzer auf. Die Geräusche wurden lauter und hektischer, sie gingen tatsächlich von dem Aggregat aus.
Ich warf mich herum und hastete davon, zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war.
Als ich die andere Halle erreichte, gab es hinter mir einen Donnerschlag. Kleine Trümmerstücke jaulten durch die Luft, dichter Qualm wälzte sich heran. Ich hatte den Helm meines Raumanzugs nach dem Passieren der Außenschleuse geöffnet, weil in der Burg eine gut atembare Sauerstoffatmosphäre vorhanden war. Nun schloss ich den Helm wieder.
Es hatte offenbar nur die eine Explosion gegeben. Irgendeine Kontrollinstanz schaltete die Luftumwälzung höher, denn der grüne Qualm verflüchtigte sich rasch.
Die Bildwände waren nicht beeinträchtigt worden. Ich sah einen Schwarm Norane mit majestätischer Gelassenheit vorbeiziehen. Mindestens dreißig Exemplare mussten es sein. Genau konnte ich das allerdings nicht erkennen, denn die Projektion verwischte flackernd. Wieder reagierte die leuchtende Aura, die Bardiocs Burg umgab, auf die Ausstrahlung der Energiewale. Auch das Cappinfragment wurde beeinflusst.
Ich fragte mich, ob der Drugun-Umsetzer ebenfalls mit den Energiegebilden in Wechselwirkung gestanden hatte. Eigentlich konnte es kaum anders gewesen sein. Das Ergebnis hatte ich miterlebt.
Ich ging in den angrenzenden Raum zurück. Die Explosion hatte den Umsetzer zerrissen, Bruchstücke lagen weit verstreut.
Eigentlich hätte nichts Besseres geschehen können. Diese Maschine war bestimmt nicht mehr in der Lage, die Kosmische Burg auf den vorgeschriebenen Kurs zu bringen. Ich hatte nun so viel Zeit, wie ich brauchte.
Bardiocs Burg war nicht groß, und doch hätte ich im schlimmsten Fall sehr lange nach dem Zusatzschlüssel für Laires Auge suchen müssen. Ich folgte einem abwärts geneigten Gang, der unerwartet vor einem hell erleuchteten Schacht endete. Dessen Wände erzeugten gleißende Reflexe, die jeden Blick in die Tiefe unmöglich machten.
Ich hatte deutlich das Gefühl, dass ich vor dem Versteck des sechsten Schlüssels stand. Der Schacht mochte nur wenige Meter tief sein, doch ebenso konnte er in die Unendlichkeit führen. Ich hatte wenig Möglichkeiten, das herauszufinden. Ich nahm eines meiner Konzentratpakete und ließ es in den Schacht fallen.
Das Päckchen verhielt sich eigenartig. Es wurde im Fallen langsamer. Aber schon nach zwei Sekunden verlor ich es in dem
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