Silberband 113 - Der Loower und das Auge
nichts zurückschreckt, wenn es um dieses Auge geht. Gut, ich habe meine Entscheidung getroffen.«
Die Menschen in der Zentrale hielten den Atem an. Der Quellmeister hatte seine Stielaugen auf das heiß begehrte Instrument gerichtet und sah daher nicht, dass Laire leicht den Kopf hob.
Der Roboter blickte genau in eine der kleinen Kameras, mit deren Hilfe Rhodan das Geschehen beobachtete. Er hatte also immer gewusst, wo diese Geräte installiert waren und wann sie arbeiteten. Aber das konnte eigentlich niemanden mehr überraschen. Erstaunlicher war es schon, dass Laire genau zu wissen schien, wo sich Rhodan in Bezug auf den Sichtschirm befand. Er sah dem Aktivatorträger genau ins Gesicht.
»Darum übergebe ich dir das Auge!«
Der Terraner zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. »Gucky, bring mich hin!«, raunte er.
»Die Übergabe erfolgt jetzt«, erklärte Laire, als Rhodan und der Ilt kaum einen Meter neben dem Roboter materialisierten. Er wandte sich zur Seite und streckte dem Terraner die Hand mit dem Auge hin.
»Dir soll es von nun an gehören. Ich kann es nicht mehr benutzen, und Pankha-Skrin darf es nicht bekommen. Seine Ziele sind zu engstirnig, die loowerische Entelechie ist nichts weiter als eine hoch entwickelte Form von Egoismus. Dieses Auge ist ein sehr kostbares Instrument. Es sollte höheren Zielen dienen, keinesfalls einem Krieg, noch dazu einem, der nur aus eingebildeten Ängsten heraus geplant wurde.
Du wirst das Auge so einsetzen, dass nicht nur deine Menschheit einen Gewinn daraus zieht. Du bist fähig, auch viele andere Völker zu berücksichtigen. Darum sollst du das Auge haben!«
Perry Rhodan war wie vor den Kopf geschlagen. Als er Gucky bat, ihn zu dem Roboter zu bringen, da hatte er an eine List Laires gedacht, mit der dieser sich aus Pankha-Skrins Falle herauszuwinden gedachte, und er war bereit gewesen, dem Roboter zu helfen. Aber was Laire jetzt sagte, klang weder nach einem Trick noch nach einer Notlüge.
»Das Auge gehört dir!«, widersprach Rhodan ungewollt schroff.
»Nein«, antwortete Laire sanft. »Jetzt nicht mehr!«
Er drückte Perry Rhodan das wertvolle Instrument in die Hand, und dem Terraner blieb gar nichts anderes übrig, als das unerwartete Geschenk anzunehmen.
Laire hatte das Unvorstellbare getan. Rhodan war der neue Besitzer des Auges, des Schlüssels zur Welt jenseits der Materiequelle und damit – wie die Loower meinten – zur Macht. Er dachte flüchtig an Boyt Margor, von dem man ihm berichtet hatte, und dann an Kemoauc.
Sein Blick fiel auf Pankha-Skrin, und er erschrak.
Der Quellmeister hatte Baya Gheröl losgelassen. Er stand wie erstarrt da, denn für ihn war eine Welt zusammengebrochen. Das Volk der Loower ging der schwersten Prüfung in seiner überaus langen Geschichte entgegen.
14.
Milchstraße
In diesem verdammten Leben würde er nichts mehr erreichen; die Träume seiner Jugend hatten sich als uneinlösbare Versprechen erwiesen, die er sich in grenzenlosem Optimismus selbst gegeben hatte. Und vielleicht war die Reinkarnation, an die er glaubte, ebenfalls nur ein Traum – dann war dieses Leben sein einziges. Er hatte es weggeworfen und verpfuscht. Originalität um jeden Preis kostete die Zugehörigkeit zur menschlichen Gesellschaft und führte in die Einsamkeit.
Mit sechsundachtzig Jahren war er noch zu jung, um nichts mehr zu tun, aber er war bereits zu alt für neue Illusionen.
Wenn dieses Leben tatsächlich sein einziges sein sollte, dachte Marcon Sarder, dann hatte er seine Chance nicht genutzt. Der Titel Archaiker, den er sich selbst verliehen hatte, änderte nichts daran, ebenso wenig sein Raumschiff ARSOLIKA.
Liebend gern hätte Sarder seine letzten Jahrzehnte ungeschehen gemacht. Da dies unmöglich war, schikanierte er die sechzehn Besatzungsmitglieder, wohl wissend, dass sie allen Grund hatten, bei ihm zu bleiben. Sie blieben, weil sie an Bord relativ sicher waren, aber keineswegs, weil sie seine Vorstellungen geteilt hätten.
Die ARSOLIKA operierte seit dem 5. Juli 3587 im Anlauf-Sektor, rund dreiundzwanzigtausend Lichtjahre vom Solsystem entfernt. Ihr Ziel war die kleine grüne Sonne Skuur.
Marcon Sarder war ein durchschnittlich großer Mann, dem trotz seines Bauches anzusehen war, dass er viel Sport getrieben hatte. Sein Haar war grau und straff gescheitelt. Rote Äderchen durchzogen sein leicht aufgedunsenes Gesicht und ließen es wie kalten Marmor aussehen. Sarders Augen schimmerten trüb und farblos, der
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