Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
sagte, du seist an Bord gegangen.«
»Ich bin nicht unruhig«, dröhnte Shako. »Ich will mich nur vergewissern, dass unser Labor heil bleibt.« Er wandte sich an Larsa. »Was hast du vor?«
Sie war keineswegs erbaut über die Störung. »Schau zu, dann wirst du's gleich erfahren. Fertig, Valba?«
Der Motor summte leise. Larsa trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Mein Gott, das ist blödsinnig! Ich habe wahrhaftig Angst, der Quarz könnte sich an mir rächen.
»Keine Reaktion«, sagte Valba.
Das Summen wurde ungleichmäßig. Der Motor kämpfte gegen den Widerstand des Kristalls. Quarz war ein hartes und überaus belastbares Material. Larsa ertappte sich dabei, wie sie die Hände ballte, als könne sie dem Schraubstock damit helfen.
»Schwache Impulse«, bemerkte Valba.
Ein Knirschen wie von Glassplittern unter einer Stiefelsohle erklang. Der Motor heulte auf. Quarzstaub rieselte zwischen den Backen des Schraubstocks hervor.
»Das hat sie wirklich auf Trab gebracht!«, rief Valba.
Die Aufzeichnungen waren deutlich. Von geringfügigen Frequenzunterschieden abgesehen hatten alle Proben identische Reaktionen geliefert. Valba programmierte den Synthetisierer. Es ging darum, dieselbe Hyperimpulsfolge zu erzeugen, die von den Kristallproben während der Zerstörung des Quarzstücks abgestrahlt worden war.
Larsa erläuterte ihren Zuhörern die Philosophie ihres Experiments.
»Wir wissen jetzt, wie der Modulquarz auf einen deutlich negativen Stimulus reagiert. Diese Signalfolge ist, wenn wir es so sehen wollen, das Äquivalent eines Schmerzens- oder Entsetzensschreis. Nun gilt es herauszufinden, wie der Modulquarz reagiert, wenn das Experiment umgekehrt wird. Wir spannen diesmal kein Quarzstück in den Schraubstock, sondern berieseln die Proben mit den Hyperimpulsen, die sie selbst von sich gegeben haben. Ich muss herausfinden, wie sie reagieren, sobald sie ihre eigenen Schmerzensschreie hören.«
Grador Shako nickte zögernd. »Ich habe mir schon immer gedacht, dass bei euch Wissenschaftlern da oben einige Rädchen unrund laufen.« Er tippte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Der Quarz schreit also. Und er empfindet Schmerz und Entsetzen. Womöglich hat er sogar Hunger? Was füttert ihr ihm?«
Larsa wandte sich ab und ließ den Kommandanten einfach stehen. Paar Kox' Mimik verriet sein Unbehagen.
»Synthetisierer?«, rief Larsa.
»Fertig.«
»Los geht's – geringste Leistung!«
Die Kristallproben waren nach wie vor mit den Sensoren verbunden. Diesmal beobachtete Larsa die Anzeigen, während Valba Sringhalu die Intensität der synthetischen Strahlung regulierte. Die Proben reagierten nicht auf die vermeintlichen Schreie, die sie selbst vor wenigen Minuten von sich gegeben hatten.
Wahrscheinlich sind wir auf dem falschen Weg, dachte Larsa mutlos.
Im Hintergrund des Raumes wurde es laut. Ein lautes Keuchen war zu hören. Eine halb erstickte Stimme stöhnte: »Aufhören! Um alles in der Welt: aufhören!«
Larsa bedeutete Valba, sie solle den Synthetisierer in Ruhe lassen. Rubin Frekk stolperte in den Lichtkreis, beide Hände an die Schläfen gepresst, das Gesicht schmerzverzerrt.
»Geht ... geht hinaus!«, stammelte er. »Hört euch das an. Und schaltet ... schaltet das verdammte Ding dort aus!«
Larsa winkte abermals. Der Synthetisierer verstummte.
Die Szene war unwirklich. Die Sternenfülle des Milchstraßenzentrums erschien wie eine Wolke aus Licht, die vom südlichen Horizont aufstieg und bis in den Zenit reichte. Die Nacht war sehr viel heller als eine terranische Vollmondnacht. Aber das war nicht das eigentlich Beeindruckende.
Unirdische Töne zitterten in der Luft. Sie kamen von überall her, ihr Ursprung war nicht zu definieren. Sie vereinten sich zu einer Melodie, einem eindringlich klagenden Gesang.
Larsa Hiob fröstelte. Die Kristallintelligenz klagte, sie empfing die Impulse, die der Synthetisierer mit stetig wachsender Intensität gesendet hatte, die Signale des Schmerzes und der Verzweiflung. Die Intelligenz empfand die Qual, der Bestandteile ihrer Substanz ausgesetzt gewesen waren, und ließ ihre eigene Klage hören.
Erschüttert starrte Larsa in die Weite. In der Sekunde wurde ihr bewusst, dass es unter all den Milliarden von Arten, die das Universum hervorgebracht hatte, so verschieden sie auch sein mochten, eine Gemeinsamkeit gab: Die gequälte Kreatur schrie auf. Sie nahm ihren Schmerz nicht still hin.
Larsa wandte sich um.
»Valba, hilf mir!«, bat sie mit
Weitere Kostenlose Bücher