Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
knurrte Valba. »Sieht harmlos aus, aber plötzlich stößt es herab und packt dich.«
Larsa stocherte in den Überresten des Lianengewirrs herum. Sie fand einen Teil des Knäuels. Einige bleiche Tentakel, bespritzt mit Verdauungsflüssigkeit, waren noch intakt.
»Meine eigene Schuld, ich war unvorsichtig. Wir sind von Terra verwöhnt, was Pflanzen anbelangt. Unser Grünzeug ernährt sich brav durch Fotosynthese und über die Wurzeln. Auf vielen Planeten ist die Flora eher tückisch.«
Sie wandte sich um, als vom Gleiter her Geräusche erklangen. Rubin Frekk war ausgestiegen und torkelte auf die beiden Frauen zu. Der leere Ausdruck in seinen Augen hatte etwas Erschreckendes.
Schwankend blieb der Junge stehen. Er reckte den linken Arm in die Höhe.
»Böse«, krächzte er. »Njasi will ... vernichten.«
Larsa nahm Valba den Desintegrator ab. Sie zielte auf den mächtigen Quarzstrunk und feuerte. Erst als von der Säule nichts mehr zu sehen war als verwirbelnder Staub, nahm sie den Finger wieder vom Auslöser.
»Was sagt Njasi jetzt?«
Ein seltsamer, fröhlich versonnener Ausdruck breitete sich auf dem Gesicht des Jungen aus. »Njasi ist zufrieden«, murmelte er und brach zusammen.
»Eines steht fest«, sagte Larsa Hiob. »Der grüne und der farblose Kristall sind verschiedene Zustandsformen desselben Modulquarzes.«
»Das ist aber auch alles, was feststeht«, brummte Grador Shako missbilligend.
»Auf andere Dinge lässt sich daraus mit einiger Zuverlässigkeit schließen.«
»Zum Beispiel?«
»Im Rahmen der Gesamtintelligenz stellt der grüne Kristall ein unerwünschtes Element dar. Njasi – das kann nur der Name sein, unter dem sich die Intelligenz versteht – empfindet es als unangenehm, wenn sich in ihrer Substanz grüne Kristalle ausbilden.«
»Machst du vielleicht zu viel aus dem Gebrabbel, das unser Junge von sich gibt?«
Valba seufzte. »Und ich habe mir zwei Tage lang Gewissensbisse gemacht, weil ich droben im Pass den grünen Kristall zerstört habe.«
»Die Frage ist, was die Kristallsäule dazu veranlasste, die grüne Zustandsform anzunehmen.« Larsa war nicht gewillt, sich von ihrem Thema abbringen zu lassen. »Ich nehme an, dass es die Art und Weise war, wie wir das Gelände räumten, um einen Landeplatz zu schaffen. Wir haben uns bisher wenig Gedanken darüber gemacht, woher der Quarz seine Substanz bezieht. Er ist offensichtlich in intensiver Bautätigkeit begriffen. Permanent entstehen neue Querverbindungen zwischen den Tälern, und das südliche Ende der Stränge wächst mit beeindruckender Geschwindigkeit weiter. Nimmt der Quarz das alles aus sich selbst, oder schafft er neue Substanz? Was ist, wenn er mit den Pflanzen in Symbiose lebt? Wenn wir von dieser Annahme ausgehen, werden zwei Fragen geklärt. Erstens, warum die Kristallsäule sich grün färbte. Sie ging in die böse Zustandsform über, weil wir ihre Substanzlieferanten zerstörten. Zweitens, warum ich von der Schlingpflanze angegriffen wurde. Der grüne Kristall wollte es so.«
»Jetzt habe ich aber wirklich schon alles gehört«, ächzte der Kommandant.
»Nicht alles«, sagte Larsa. »Die Schlingpflanze war eine von der fressenden, nicht der schmarotzenden Sorte. Ich hing dicht über ihrem Verdauungsorgan. Jedenfalls war ich mir sicher, dass ich es mit einer fleischfressenden Pflanze zu tun hatte.« Sie hatte einige Druckfolien vor sich liegen, auf die sie jetzt mit den Fingerspitzen klopfte. »Weit gefehlt. Wir brachten einen Teil der Pflanze mit zurück, und in unserer Gruppe gibt es mehrere Exobiologen, die sich damit auskennen. Die Pflanze frisst jedenfalls nicht Fleisch, sondern andere Pflanzen. Eine vegetarische Liane sozusagen. Nun, mein Freund Grador, frage ich dich: Was bewegt eine solche Pflanze dazu, mich anzufallen?«
Man war der Lösung des Rätsels einen Schritt näher gekommen. Grador Shako vergaß seinen Spott, mit dem er bislang auf alle Äußerungen über die Intelligenz des Kristallwesens reagiert hatte. Er erwog sogar ernsthaft, dass Larsas Hypothese doch zutreffen könne. Zumindest ein wenig.
Larsa selbst hatte mehrere Suchtrupps ausgesandt, die grün verfärbte Kristallstücke suchen sollten. Dieser verfärbte Quarz durfte aus Strängen herausgebrochen werden.
Rubin Frekk war angewiesen, auf der Hut zu sein. Die Mediziner hatten ihn vorübergehend in ihre Obhut genommen und den Monitor unter seinem Schlüsselbein modifiziert. Sein nächster Anfall von »Besessenheit« würde
Weitere Kostenlose Bücher