Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
der Bücher hatten Veränderungen stattgefunden. Die beiden dünneren Kristallschichten waren wie zuvor, aber die dritte bedeckte nun die Felswand in einer Tiefe von mehr als vierzig Zentimetern.
Rubin stellte sich vor diese stärkste der drei Kristallbahnen.
»Dies ist das Buch Merison, das dritte und letzte in der Reihe der Bücher des Seins«, sagte der Junge. »Es ist zugleich das wichtigste. Denn was kann wichtiger sein, als dass nach dem Prozess der Formung und der Herstellung der Einheit anderen, bisher formungs- und einheitslosen Substanzen das Glück der Vollkommenheit mitgeteilt wird? Welches denkende Wesen kann sich damit begnügen, selbst das Niveau der inneren Einheit zu erreichen, wenn es weiß, dass es unzählige der Formung befähigte Substanzen gibt, die den richtigen Weg noch nicht gefunden haben?
Wir müssen sie belehren, denn wir sind den Weg schon gegangen, der ihnen noch bevorsteht. Wir sind die Glücksbringer ...«
Das Buch Merison war kurz, als hätte die Kristallintelligenz bislang kaum Zeit gehabt, daran zu arbeiten. Es enthielt Gedankengänge, die logisch aus den Überlegungen der Bücher Taknar und Odom folgten, wenn man die Logik terranischer Philosophien und Religionen zugrunde legen wollte. Nach dem Erreichen der eigenen Vollkommenheit war es an der Zeit, anderen den Weg zum Glück zu öffnen. Die Periode der Selbstformung war beendet, die Mission begann.
Aus einem Grund, den sie sich selbst nicht erklären konnte, war Larsa überrascht. Sie hatte mit dieser Entwicklung nicht gerechnet. Sie, die Bewegliche, konnte sich nicht ausmalen, wie Njasi, die Unbewegliche, auf den Gedanken gekommen sein mochte, sie sei zur Missionarin berufen. Wen wollte sie missionieren? Wie wollte sie mit anderen, gleichgearteten Substanzen in Kontakt treten?
Nachdem Rubin das Buch Merison erläutert hatte, sagte er: »Ich danke euch für eure Hilfe. Ihr könnt jetzt gehen.«
Larsa sah ihn verwirrt an. »Und du, Rubin, kommst mit uns.«
»Ich bin nicht Rubin. Ich bin die Stimme Njasis, die ihre Einheit erzielt hat.«
Larsa rief sich zur Ordnung. Es war nicht leicht, die verwirrenden Gedanken beiseitezudrängen.
»Njasi, du sprichst durch den Mund eines Wesens, das ein Mensch ist wie ich. Menschen brauchen Dinge, von denen du nichts weißt: Nahrung, frische Luft, Gesellschaft. Dieser Mensch, dessen du dich bedienst, wird sterben, wenn du ihn nicht freigibst.«
Die Kristallintelligenz blieb unbeirrt. »Ihm wird es an nichts fehlen. Geht unbesorgt. Wir sind Freunde. Ich füge keinem von euch Schaden zu.«
Larsa warf Valba einen fragenden Blick zu. Die Asiatin zuckte mit den Schultern. Was können wir daran ändern?, fragte ihr Gesichtsausdruck.
Larsa zog einen Augenblick lang in Erwägung, Rubin mit Gewalt zur Rückkehr zu zwingen. Sie verwarf die Überlegung sofort wieder. Tag und Nacht hatte sie daran gearbeitet, dem Kristallwesen zu seinem früheren Selbst zu verhelfen. Ein Streit passte nicht in den Rahmen der Dinge.
Sie warf Rubin Frekk einen bedauernden Blick zu, dann machte sie sich mit Valba auf den Rückweg. Der Junge hatte keine Lampe. Ihn umgab nur noch die milchige Helligkeit, die von den Kristallschichten der drei Bücher ausging.
Während des Aufstiegs sprach Larsa kein Wort. Sie hatte das ungute Gefühl, als hätte ein erfolgreiches Unterfangen mit einem Mal eine katastrophale Wendung genommen. Sie sorgte sich um Rubin. Womöglich war es doch unklug gewesen, die Kristallintelligenz so rückhaltlos zu unterstützen.
Als Valba und sie durch das Loch in der Felsdecke kletterten und die Sternenpracht des galaktischen Zentrums über ihnen leuchtete, schalt Larsa sich wegen ihres Zauderns eine Närrin. Alles war in Ordnung. Sie hatten eine große Tat vollbracht, und morgen würde sie nach Rubin sehen, ob es ihm wirklich an nichts fehle.
Sie schwang sich in den Pilotensessel. In diesem Augenblick kam ein Anruf herein. Der Mann, dem Valba die Aufsicht in der Zentrale der TRANTOR übertragen hatte, meldete sich.
»Die Flotte der Keilschiffe hat sich in Bewegung gesetzt. Ihr Ziel ist eindeutig Imbus. Die Schiffe haben offenbar die Absicht, hier zu landen.«
ENDE
Nachwort
Es gibt sie also wirklich, die Horden von Garbesch. Nur sind sie nicht, wie von den Orbitern erwartet, mordend und brandschatzend von außen in die Milchstraße eingefallen. Ihre vermeintliche Invasion spielt sich bislang mehrere Nummern kleiner ab, eher im Verborgenen – dort, wo niemand die wilden
Weitere Kostenlose Bücher