Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
Thezein«, versicherte Sinjadyl sanft. »Ich war mit ein paar anderen in Treibvaters Gehirn. Dort gehen seltsame Dinge vor. Wir werden nun gemeinsam dorthin gehen, und du musst dich still verhalten. Hast du mich verstanden?«
»Ich bin nicht ganz und gar dumm«, sagte er ein wenig gekränkt.
Sinjadyl lachte leise auf, im nächsten Augenblick war der Staub verschwunden. Treibvaters Herz war noch größer und heller geworden und hing als glühender Ball in einem Gewirr von flirrenden, sich ständig verändernden Linien, die in allen Farben schillerten. Der Anblick ließ Thezein erschauern.
»Ich dachte schon, du würdest mich hineinstürzen lassen«, sagte er leise.
Sinjadyl lachte wieder. »Das wäre schlecht möglich gewesen«, bemerkte sie. »Es ist von starken Energieschirmen umgeben. Wusstest du das nicht?«
»Nein«, murmelte Thezein kleinlaut.
»Es könnte sonst mit seiner Strahlung ganz Art'Yschall verseuchen«, erklärte Sinjadyl leise. »Abgesehen davon, dass es alle Materie an sich ziehen würde, die es in der Sternenstadt gibt. Es ist die größte Kunstsonne, die wir Bürger von Art'Yschall jemals geschaffen haben, größer als der größte Planet, den du in der Sternenstadt finden wirst. Es versorgt nicht nur die Magnetfelder mit Energie, die als Antrieb dienen, sondern auch den äußersten Schutzschirm und einen Teil jener Schwerkraftfesseln, mit denen die größten Lebensbereiche an ihrem Platz gehalten werden. Wenn Treibvaters Herz versagt, wird Art'Yschall untergehen.«
Thezein schwieg, obwohl er sich fragte, wie diese Sonne, die als Reaktor diente, wohl hätte versagen können, da sie doch ein Produkt der Techniker von Ysch war. Auf dem Gebiet der Technik hatte man auf dem Heimatplaneten schon lange vor Beginn der großen Reise einen Stand erreicht, an dem es kaum noch etwas zu entwickeln gab. Der Bau der Sternenstadt war die letzte große Herausforderung gewesen – weniger ihrer gewaltigen Abmessungen als ihrer geplanten Lebensdauer wegen. Art'Yschall sollte noch in Jahrzehntausenden bestehen können. Wenn die Bürger den Endpunkt nicht erreichen sollten, hatte man sich damals gesagt, dann sollten sie genug Zeit haben, sich auf andere Ziele zu besinnen und eine Sonne zu suchen, um die herum man die eingefangenen Himmelskörper gruppieren konnte, damit all das Leben, das in Art'Yschall konzentriert war, eine neue Chance erhielt.
Und nun sollte Treibvater in Gefahr sein?
»Es geht alles seinen Gang«, murmelte Sinjadyl, die noch immer unsichtbar blieb. »Das dort drüben ist Treibvaters Gehirn.«
Thezein entdeckte einen Asteroiden, von dessen kahler Oberfläche seltsame Konstruktionen ausgingen. Sie reichten tief in den lufterfüllten Raum hinein. Einige wiesen auf die riesige Kunstsonne, andere deuteten in alle nur denkbaren Richtungen. Es waren größtenteils metallische Gebilde, die wie zerschnittenes, umeinandergedrehtes Gitterwerk aussahen, und dazwischen saßen Kugeln und Trichter und Dinge, die wie riesige Pilze aussahen. Thezein hatte nie etwas Derartiges gesehen. Als normaler Bürger hatte er sich nicht sonderlich dafür interessiert, wie Treibvater aussah und arbeitete, solange nur alles in Ordnung war. Er fühlte sich fasziniert und abgestoßen zugleich. Der Asteroid war auf den ersten Blick unglaublich hässlich, je näher er ihm aber kam, desto stärker spürte Thezein einen eigentümlichen Reiz, der von diesem Gebilde ausging. Schließlich glaubte er sogar, Ähnlichkeiten zwischen dem Asteroiden und seinen Statuen zu entdecken, und er schämte sich fast, als er daran dachte, wie einfach seine Bildnisse geformt waren. Später, wenn er all das hinter sich hatte, wollte er ein Kunstwerk schaffen, das Treibvaters Herz darstellen sollte.
Er setzte zum Sprechen an, um der unsichtbaren Bürgerin seinen Entschluss mitzuteilen, aber sofort legte sich etwas über seinen Mund.
»Nicht sprechen!«, befahl Sinjadyl flüsternd. »Sonst bemerken sie uns.«
Thezein fragte sich, wer »sie« waren, aber er schwieg.
Sinjadyl und er glitten mit wachsender Geschwindigkeit auf Treibvaters Gehirn zu, wobei Sinjadyl sorgfältig darauf achtete, dass sie niemals in die unmittelbare Nähe dieser merkwürdigen Konstruktionen gerieten. Schließlich landete Thezein sanft auf der Oberfläche des Asteroiden. Die unsichtbare Sinjadyl zog ihn mit sich zu einer großen Öffnung im Boden, und er schwebte langsam in die Tiefe. Es war hell um ihn herum, und er sah hinter großen, offenen Durchgängen riesige,
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