Silberband 119 – Der Terraner
heran. Mörderische Gebisse wurden für Sekunden sichtbar, dann tauchten die Angreifer wieder zwischen den Blättern unter.
Jörg Breiskoll stand zwischen blutigen Leibern und blickte in die entgegengesetzte Richtung. Darum bemerkte er die drei Jäger nicht.
»Es sind mindestens fünfzehn Chircools«, raunte Mallagan. »Wenn wir Glück haben, verlieren wir nicht alle Beute. Wir lassen einiges dort drüben fallen, bei den Stachelwurzeln.«
So nahe beim Dorf hätte es keine Chircools geben dürfen. Die toten Tiere, von denen Breiskoll umgeben war, hatten die Bestien angelockt.
Als Mallagan die erste schnelle Bewegung in der schleichenden Rotte bemerkte, warf er seine schwere Beute ins Wurzelgewirr. Nadelspitze Dornen spießten den Hirsch auf, und dicht am Boden erzitterten die bandförmig aufgerollten Blätter.
Auch Scoutie und Faddon ließen ihre Beute fallen. Noch vor wenigen Sekunden hätte das die Chircools in Raserei versetzt, inzwischen waren sie aber bereits auf den Jungen fixiert.
Mallagan hob den Bogen und jagte den ersten Pfeil von der Sehne. Eine der Bestien brach im Sprung zusammen.
Erst jetzt wurde Breiskoll aufmerksam, sah die Jäger und fast gleichzeitig auch die Chircools. Es waren siebzehn Raubtiere, die ihn attackierten. Im Grunde genommen stupide Bestien, aber gerade ihr Unvermögen, eine tödliche Gefahr zu erkennen, machte sie überaus gefährlich. Eine Schlacht war erst entschieden, wenn der letzte Gegner tot am Boden lag.
Der Kampf dauerte kaum eine Minute, aber den Jägern kam jede Sekunde wie eine Ewigkeit vor.
Brether Faddon und Scoutie rannten zu den Stachelwurzeln zurück und kümmerten sich um ihre Beute. Mallagan kümmerte sich um Breiskoll. Der Junge hatte etliche Biss- und Kratzwunden davongetragen. Er reagierte wie in Trance, als der Jäger ihn untersuchte und zwei Wunden, die nicht bluteten, mit dem Messer erweiterte.
»Wir können unmöglich alle Kadaver vom Weg wegschaffen«, bemerkte Scoutie. »Es sind zu viele.«
»Wir müssen es schaffen.« Mallagan betrachtete die toten Chircools. »Wenn wir sie hier liegen lassen, werden ihre Artgenossen erscheinen und wochenlang diesen Weg blockieren.«
Er nahm Breiskoll an den Schultern und schüttelte ihn. Der Junge zuckte nicht einmal.
»Surfo!«, sagte Scoutie. »Siehst du nicht, was mit ihm los ist? Lerana ist tot, und Jörg ...«
»Er wird ihr in den nächsten Minuten folgen, wenn er nicht zu sich kommt«, erwiderte Mallagan. »Und wir werden ihn begleiten! Also nimm lieber die Chircools und bring sie zu den Stachelwurzeln. Ich habe dort Vanilleblätter gesehen. Deck die Kadaver damit zu, das wird hoffentlich den Geruch kaschieren. Brether, wo bist du?«
»Hinter dir.«
»Binde die restlichen Chircools zusammen. Wir müssen sie bis zum Bach mitschleifen.«
Breiskoll stand nach wie vor unter Schock. Mallagan war lange genug Jäger, um zu wissen, dass man eine solche Starre entweder sehr schnell oder gar nicht überstand.
Einer Eingebung folgend, bückte er sich, als wolle er Leranas Leichnam aufheben. Im nächsten Moment hatte er Breiskoll an der Kehle. Es war eine absurde Situation; der Junge bemühte sich, dem Jäger, den er wie keinen anderen verehrte, das Leben zu nehmen. Der Kater kämpfte mit einer Mischung von tierischem Instinkt und menschlichem Verstand.
Schließlich siegte Mallagans Erfahrung über Breiskolls Instinkte. Es gelang ihm, den Jungen zu Boden zu werfen, und er kniete sich auf ihn und hielt ihn mühsam unten.
»Hör mir zu, du Dummkopf!«, sagte der Jäger. »Lerana ist tot, und du kannst sie nicht wieder lebendig machen. Wir können sie nur noch ins Dorf bringen und dafür sorgen, dass sie ein anständiges Begräbnis bekommt. Geht das in deinen Schädel hinein?«
Breiskoll fauchte und wand sich und hätte es fast geschafft, seine Zähne in Mallagans Arm zu schlagen.
»Niemand wird sie begraben«, keuchte er. »Das habt ihr mit ein paar Leuten getan, aber alle anderen wandern in die Schlucht.«
»Du kannst ja sogar reden«, sagte Mallagan spöttisch. »Wie kommst du auf die Idee, dass wir zulassen werden, dass Lerana ein solches Raumbegräbnis erhält? Kennst du uns so schlecht?«
»Lars O'Marn hat uns belauscht«, stieß Breiskoll hervor. »St. Vain hat Beweise gegen euch.«
»St. Vain hat diese Beweise seit Langem. Wir selbst haben ihm oft genug gesagt, was wir für nötig halten, und wir haben sogar dafür gesorgt, dass Zeugen anwesend waren.«
»Aber ...«
»Du verdammter Narr hast doch
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