Silberband 119 – Der Terraner
Überhaupt war fraglich, ob das geistige Zentrum der Mächtigkeitsballung von ES in gewohnte Koordinaten zu fassen war.
Ich benötige alle meine Kraft und Konzentration, um die Auseinandersetzung mit Seth-Apophis bestehen zu können, hatte ES mitgeteilt. Ich werde kaum Gelegenheit finden, mich um euch zu kümmern.
Gab es überhaupt eine Chance, Seth-Apophis zu befrieden, bevor diese Superintelligenz sich in eine Materiesenke verwandelte?
»Wir haben noch eine Chance.« Rhodan wandte sich an die Zentralebesatzung des Schweren Kreuzers. »Auf der Erde und im Solsystem leben elfeinhalb Milliarden Menschen. Wir brauchen nur einen, der wesentlich negativer denkt als Joanna.«
»Ein Königreich für einen Kriminellen«, sagte Lloyd. »Da werden von spezialisierten Wissenschaftlern Sozialisierungsprogramme ausgeheckt, die jede Art von Verbrechen einzudämmen helfen, und dann so etwas ...«
»So weit sind wir gekommen, dass wir der Hilfe eines Verbrechers bedürfen«, nörgelte Gucky.
»Was geschieht, wenn wir einen richtigen Verbrecher auf dem Flugkörper landen lassen?«, fragte Waringer.
»Das kann in der Tat niemand vorhersagen«, stellte Rhodan fest.
»Wir könnten eine unangenehme Überraschung erleben«, warnte der Wissenschaftler. »Am Ende verbünden sich ein solcher Mensch und das Ding dort draußen.«
»Was befürchtest du?«
»Dieses offenbar völlig fremdartige System scheint darauf angelegt zu sein, eine ziemlich skrupellose Intelligenz anzulocken. Wozu das alles? Bestimmt nicht, um etwas Positives in Gang zu bringen.«
»Womöglich handelt es sich dabei nur um einen Test.«
»Ich wünschte, das Gebilde wäre niemals im Gebiet der Kosmischen Hanse aufgetaucht«, bemerkte der Wissenschaftler düster.
»Aber es ist da, und wir müssen uns damit auseinandersetzen.«
Im Grunde genommen hatte niemand eine Alternative zu Rhodans Plan, deshalb gab es keinen Widerspruch. Eine verschlüsselte Hyperfunknachricht wurde an den Ersten Terraner gesendet.
Wie bei allen Dringlichkeitssitzungen der Liga Freier Terraner war der Vario-500, Kaiser Anson Argyris, über Hyperfunk dem Konferenzraum in der Nähe des HQ Hanse zugeschaltet. Der Roboter hatte, nachdem er mit Jen Salik in den ersten fünfzehn Jahren Neuer Galaktischer Zeitrechnung den Umbau der noch vorhandenen Orbiterkeilschiffe für die Zwecke der Kosmischen Hanse koordiniert hatte, seine alte Position auf dem Planeten Olymp wieder eingenommen. Allerdings war seine Identität kein Geheimnis mehr.
Olymp diente nach wie vor als wichtigster Versorgungsstützpunkt des Solsystems und war außerdem zu einem Handelsknotenpunkt der Kosmischen Hanse ausgebaut worden.
Als Julian Tifflor den Konferenzraum betrat, sah er Argyris in seiner üblichen Aufmachung auf einem der Holoschirme. Zu Tifflors Überraschung war auch Demeter anwesend; sie war in Begleitung Roi Dantons erschienen, mit dem sie einen Ehevertrag geschlossen hatte. Obwohl sie keinen Zellaktivator besaß, schien die Wyngerin nicht zu altern. Sie lebte an der Seite von Perry Rhodans Sohn sehr zurückgezogen und zeigte sich selten in der Öffentlichkeit. Sooft Tifflor sie sah, argwöhnte er, dass Demeter ein tragisches Schicksal bestimmt war. Oft machte sie einen melancholischen, ja traurigen Eindruck. Danton pflegte bei solchen Feststellungen allerdings nur schwach zu lächeln und zu schweigen.
Fast fünfzig führende Männer und Frauen hatten sich versammelt und warteten, dass Tifflor sie über den Grund des Zusammentreffens informierte. Jeder im Saal ahnte, dass es nur um die Vorgänge im Wega-Sektor oder auf Mardi-Gras gehen konnte. Gerüchte sorgten für erhebliche Unruhe.
Tifflor fragte sich, wie die Versammelten auf sein Anliegen reagieren würden. Während seines kurzen Hyperfunkgesprächs mit Perry Rhodan war er selbst versucht gewesen, den Kopf zu schütteln.
»Ihr alle seid über das Geschehen im Wega-Sektor kurzfristig informiert worden«, sagte er nach einer knappen Begrüßung. »Perry Rhodan und die Wissenschaftler der Hanse benötigen unsere Unterstützung, um das Rätsel des fremden Flugkörpers zu lösen.«
»Wie könnten wir ihnen helfen?«, fragte Irmina Kotschistowa, die Mutantin, die den Zellaktivator Balton Wyts übernommen hatte.
»Sie wollen, dass wir ihnen jemand schicken«, sagte Tifflor.
»Einen Wissenschaftler?«, erkundigte sich Ronald Tekener.
Tifflor schüttelte den Kopf. »Einen geeigneten Kriminellen.« Er berichtete, was er von Rhodan erfahren hatte, und
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