Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
eine unheilvolle Entwicklung anbahnte.
Adelaie Bletz hatte Boulmeester im Hauptlabor nicht angetroffen, fand ihn aber wenig später in seinem Büro. Der Kybernetiker saß hinter seinem schweren Schreibtisch und schien zu schlafen.
Als Adelaie ihn an den Schultern berührte, zuckte er heftig zusammen. Erst zeigte sich ein Anflug von Ärger auf seinem Gesicht, dann lächelte er. »Was suchst du mitten in der Nacht im Institut, Adelaie?«
»Das könnte ich dich ebenfalls fragen.« Sie blickte ihn fest an. »Mich kannst du nicht täuschen.«
»Das haben wir erkannt.« Seine Stimme klang wieder ähnlich monoton wie in der Ausstellungshalle.
»Wieso wir? « Adelaie bemühte sich um einen harten Klang ihrer Worte.
»Nichts von Bedeutung.« Boulmeester winkte ab.
»Ich bin da anderer Ansicht, Marcel. Möglicherweise bist du völlig überarbeitet. Oder was ist mit dir los?«
Er blickte sie starr an. »Ich will, dass du das Institut sofort verlässt. Das Gleiche gilt für die aktuelle Schicht.«
»Begründung?«
»Keine. Ich weiß, was zu tun ist.«
Adelaie lächelte gequält. »Du kannst mich entlassen, aber nicht herumkommandieren.«
»Was ich sagte, war ein Befehl.«
»Ich gehe nicht, bevor ich weiß, was du mir verheimlichst. Du müsstest mich schon mit Gewalt hinauswerfen.«
Boulmeester lenkte ein. »Es gibt Dinge, die sind für eine Assistentin zu hoch. Trotzdem werde ich dich einweihen. Deine Schicht beginnt um neun Uhr, dann reden wir darüber.«
Adelaie blickte ihn durchdringend an. »Wäre es nicht besser, wenn wir jetzt darüber sprechen?«
»Ich habe meine Anweisungen.«
»Von wem? Von Julian Tifflor, Perry Rhodan, von der Kosmischen Hanse?«
»Wir reden am Morgen weiter, nicht eher. Und schick bitte alle aus dem Labor nach Hause, sie werden heute nicht mehr gebraucht.«
Marcel Boulmeester wartete etwa zehn Minuten, dann fragte er bei der Zentralpositronik nach, ob Adelaie seiner Bitte nachgekommen sei. Er atmete auf, als er erfuhr, dass das Labor leer war..
Zögernd öffnete er sein Hemd und tastete seinen Oberkörper ab. An mehreren Stellen spürte er deutliche Verhärtungen. Oder bildete er sich das nur ein?
Es besteht kein Grund zur Beunruhigung.
Im ersten Moment glaubte Boulmeester, jemand hätte zu ihm gesprochen. Doch schnell wurde er sich bewusst, dass er über seinen eigenen Gedanken erschrocken war.
Natürlich. Wer sollte sonst denken? – Überwachung des zentralen Nervensystems verstärken.
Marcel Boulmeester zitterte. Er »hörte« seine eigenen Gedanken. »Ich bin krank«, ächzte er. »Ich phantasiere.«
Desaktivierung. Zehnmal Nullphase.
Spontan verschwand der Druck in seinem Kopf. Boulmeester fragte sich, warum er das Personal fortgeschickt hatte. Er wusste es nicht.
Hastig verließ er das Büro.
Das Zentrallabor lag im Dämmerlicht. Er schaltete die Zentralpositronik ab, denn das laboreigene kleine Rechnersystem genügte für sein Vorhaben.
In einem Nebenraum aktivierte er die medizinische Einrichtung. »Körperdurchleuchtung!«, ordnete er an.
»Genügt eine Grobaufnahme?«, fragte die Positronik.
Boulmeester zögerte, weil ihn eine dumpfe Ahnung befiel. »Das genügt«, bestätigte er dennoch.
Die Automatik bat ihn, sich vor den Transpolator zu stellen. Das Bild zeigte seinen Körper vom Kopf bis zur Hüfte. Auffällige Stellen wurden farblich hervorgehoben. Alle wichtigen Blutbahnen erstrahlten in sanftem Rot, Organe leuchteten grün. Kranke Bereiche erschienen mit Brauntönen gekennzeichnet, umso dunkler, je bedrohlicher die Veränderungen schon waren.
Was Marcel Boulmeester sah, ließ ihm den Atem stocken. In seinem Brustkorb befanden sich neun unterschiedlich große Bezirke in tiefem Schwarz. Zwei kleinere schwarze Flecken sah er in der Gehirnregion.
Mühsam verdrängte er den Schock. »Das Gerät arbeitet fehlerhaft«, sagte er stockend. »Ich möchte eine Auswertung des Transpolatorbilds.«
»Die Auswertung ist wegen mangelnder Vergleichswerte nicht möglich. Ich empfehle eine einzelne Röntgenaufnahme; in früheren Jahrhunderten war das die standardisierte Art der Durchleuchtung.«
Zögernd stimmte Boulmeester zu.
Als er kurz darauf das Röntgenbild betrachtete, half ihm die Positronik bei der Bewertung. Wo der Transpolator die schwarzen Flecken gezeigt hatte, fanden sich nun helle, fast weiße Stellen. »In deinem Körper befinden sich metallische oder halbmetallische Ansammlungen – neun in der Brustregion, zwei im Kopf. Das Röntgenbild
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