Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
verlassen?«
»Marcel verfolgt ein überaus wichtiges Vorhaben, das die Forschungen schnell weiterbringen kann. Und aus seinem Labor gibt es einen geheimen Ausgang.« Adelaie sah Franzlin und Mortimer Skand an, dass beide mit ihren Antworten nicht zurechtkamen.
»Welches Vorhaben?«, drängte Skand.
»Die Einzelheiten kenne ich nicht. Marcel protokolliert die wichtigsten Ergebnisse. Sie müssen innerhalb der nächsten zwölf Stunden den anwesenden Hanse-Sprechern im Stalhof vorgetragen werden. Wegen der Bedeutung der Erkenntnisse wird der Chef das persönlich übernehmen. Du, Mortimer, sollst eine Transmitterpassage zum Mond für heute sechzehn Uhr bereitstellen lassen, für Marcel Boulmeester und mich.«
Skand schüttelte den Kopf. »So einfach geht das nicht. Vorsicht ist angesagt, Adelaie. Ich brauche Beweise dafür, dass alles in Ordnung ist.«
»Ich führe Marcels Anweisungen aus. Genügt dir das nicht?«
»Warum meldet sich der Chef nicht persönlich?«, fragte Franzlin.
»Er wird sich melden«, behauptete Adelaie ohne Umschweife, denn plötzlich durchzuckte sie wieder ein greller Schmerz in der Herzgegend. »Um fünfzehn Uhr in Mortimers Wohnung. In Ordnung?«
Franzlin und Skand willigten ein.
Obwohl sie nur für Boulmeester und die Brutzellen gearbeitet hatte, fühlte Adelaie sich erleichtert. Marcel Boulmeester musste sich immerhin in der Wohnung einfinden. Vielleicht ergab sich daraus eine Möglichkeit, das Unheil abzuwenden.
Sie verließ die Wohnung und das Gebäude.
Um ein Haar wäre sie mit einer Gestalt zusammengestoßen, die wie aus dem Boden gewachsen vor ihr stand. Der Mann war mittelgroß und humanoid. Die kleinen rostbraunen Flecken in seinem Gesicht und das verwirbelte schwarze Haar hatte Adelaie erst vor wenigen Tagen in einem wissenschaftlichen Infoclip gesehen. Sie erkannte Quiupu sofort, aber seinen Blick konnte sie nicht deuten. Zurückhaltung und ein Hauch von Entsetzen?
Wortlos hastete sie an dem Fremden vorbei. Wenn sie richtig informiert war, hatte Perry Rhodan ihn im Weltraum gefunden.
Wenn Mortimer Skand eine Sache über den Kopf zu wachsen drohte, neigte er zu Resignation oder übertriebener Nachgiebigkeit. Was jetzt mit seinem Chef Marcel Boulmeester geschehen war, konnte er nicht verstehen. Ebenso Adelaies seltsames Verhalten.
Eine wichtige Entscheidung hatte ihm Franzlin abgenommen, darüber war er erleichtert. Also hatte er Boulmeesters Transfer zum Mond arrangiert.
Trotzdem fühlte sich Skand unwohl. Vieles am Verhalten seines Vorgesetzten passte einfach nicht zu den gewohnten Vorgängen. Solche Überlegungen wälzend, schwebte er im Antigravschacht nach oben in die 104. Etage. Verdutzt blieb er stehen, als er kurz darauf den Fremden vor seiner Wohnungstür sah. Quiupu blickte ihm mit einem undefinierbaren Ausdruck entgegen.
»Du willst zu mir?«, fragte Skand.
»Es gibt eine weitläufige Verwandtschaft zwischen Viren und Cyber-Brutzellen«, murmelte Quiupu.
»Komm herein«, bat Skand zögernd.
Der Fremde folgte ihm durch den Empfangsraum auf die von Energiefeldern gesicherte Terrasse. Mortimer bot seinem Besucher einen Sessel an. Quiupu setzte sich nach einer Weile.
»Es gibt ebenfalls eine Verwandtschaft zwischen den Polizeizellen und Viren, aber ...« Ohne erkennbaren Grund schwieg der Fremde wieder.
»Bist du hier, um mir das zu sagen?«
Quiupu blickte sich unsicher um. »Es freut mich, dass du nicht befallen bist.«
»Ich verstehe kein Wort.« Skand wurde schroffer. »Heraus mit der Sprache! Was willst du von mir?«
»Ist dir mein Besuch unangenehm?«
»Ich habe nicht viel Zeit.«
»Würdest du die Wahrheit kennen, hättest du noch weniger Zeit. Was geschieht in dem Institut, in dem du arbeitest?«
Mortimer Skand ging einige Schritte auf und ab. »Ich sehe keinen Anlass, mit dir darüber zu reden. Ich habe gehört, dass du das Institut besucht hast. Also wird man dir alles gesagt haben, was du hören wolltest.«
»Zu wenig.« Quiupus Stimme wurde eine Nuance schriller. »Es läuft ein Mensch herum, der die kleinen Einheiten in sich trägt.«
»Du meinst die Brutzellen?«
»Ihr nennt sie so. Es sind weitläufige Verwandte der euch bekannten Viren, meine Forschungen haben das bewiesen.«
»Jeder Mensch schleppt Viren mit sich herum. Sie gehören zu unserer Natur.«
»Du verstehst mich nicht. Das tut mir leid«, rief Quiupu. »Ich sagte, es läuft ein Mensch herum, der Cyber-Brutzellen in sich trägt!«
Skands Geduld war nicht die beste.
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