Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Äußerungen«, sagte Tosen schneidend scharf. »Sintha-Lee ist keine Kämpferin des Patriarchen, falls du so etwas andeuten wolltest. Und nun raus!«
Goron wandte sich um und verließ das Büro. Bruke Tosen ging zum Fenster. Die XIN-I war noch da, sie wurde entladen.
Der Importkontrolleur rief über die Hauptpositronik die Einfuhrdaten des Walzenraumers ab.
Nach zwanzig Minuten stand für ihn fest, dass die Daten manipuliert worden waren. Die Ladung war freigegeben worden, obwohl mit großer Wahrscheinlichkeit einige Positionen darunter waren, die auf der Verbotsliste standen.
Sie sind bestochen, erkannte Tosen. Alle haben sich in den Dienst der Springer gestellt. Ich scheine der Einzige zu sein, der ehrlich ist.
Es wäre sinnlos gewesen, Beschwerde einzulegen. Damit hätte er höchstens seinen Arbeitsplatz riskiert und sich selbst in den Bereich der vorzeitigen Pensionierung gerückt. Und das mit einundvierzig Jahren.
Er war an einem Scheideweg angelangt. Ihm blieb keine andere Alternative, als sich ebenfalls bestechen zu lassen oder sich aufzulehnen. Wählte er die zweite Möglichkeit, musste er sich direkt an den Bürgermeister wenden. Andernfalls bestand die Gefahr, dass seine Proteste auf dem Dienstweg versickerten.
Er nahm Primas auf die Schulter, legte ein Atemschutzfilter an und ging auf die Landebahn hinaus. Aus den Hangars schwebten Lastencontainer herab. Primas hob den Kopf und schnüffelte, obwohl der nächste Container noch fast fünfzig Meter entfernt war.
»Was ist los?«, fragte Tosen erstaunt. »Wenn du auf diese Entfernung etwas aufspürst, dann muss der Container bis oben hin voll sein mit verbotener Ware.«
»He, Bruke!«, rief eine bekannte Stimme hinter ihm.
Er drehte sich in der Überzeugung um, dass Formier gekommen sei, um ihn von der Ladung der XIN-I abzulenken, und er war entschlossen, sich um keinen Preis weglocken zu lassen.
Formier reichte ihm eine kleine Metallkapsel. »Das wurde eben für dich abgegeben. Ein Junge soll es gebracht haben.«
Der Kollege ging weiter, ohne sich um ihn zu kümmern.
Tosen zögerte lange, bis er die Kapsel öffnete. Er fand einen positronisch versiegelten Brief darin, wollte ihn wieder in die Tasche schieben und ihn später lesen, doch die Neugierde gewann die Oberhand. Also kehrte er ins Büro zurück und schob den Brief ins Lesegerät. Eine zierliche Handschrift wurde projiziert.
»Irgendwie haben sie herausgefunden, wo ich bin. Bitte, hilf mir. S-L.«
Bruke Tosen meldete sich bei seinem Vorgesetzten und bat ihn, den Dienst für heute sofort beenden zu dürfen. Er erhielt die Erlaubnis und stürmte aufs Dach des Gebäudes, auf dem stets mehrere Taxigleiter standen. Er startete eine der Maschinen und brachte sie innerhalb weniger Sekunden auf Höchstgeschwindigkeit.
Ein Springer lässt sich nichts wegnehmen, ging es ihm durch den Kopf.
Der Tag war klar, ein leuchtend blauer Himmel spannte sich über dem Land. Tosen konnte die Vulkane sehen, die auf einigen Inseln dem Kontinent vorgelagert waren.
Bruke sah plötzlich größte Schwierigkeiten für sich, falls Sintha-Lee etwas zugestoßen war. Er hatte den Bungalow gemietet. Er hatte Schwierigkeiten nicht nur mit dem Springer, sondern auch mit den Kollegen gehabt.
Ihm wurde übel bei dem Gedanken, was geschehen würde, wenn ein Verdacht auf ihn fiel. Alle standen aufseiten Xingars, der ihnen ein ansehnliches Bestechungsgeld bezahlte.
Das Haus stand über einem Steilhang. Von hier reichte der Blick weit übers Meer. Tosen landete auf der Rückseite. Eine Kunststoffkuppel hob sich aus dem Boden, stülpte sich über den Gleiter und öffnete gleichzeitig einen Durchgang zum Haus. Während er ausstieg, geriet er in eine Strahlendusche, die alle Schadstoffe der Atmosphäre beseitigte. Bruke nahm das Atemschutzfilter ab und warf es in den Gleiter. Jämmerlich heulend schloss sich Primas ihm an.
Er betrat das Gebäude und stieß die Tür zum Salon auf. Sintha-Lee lag bäuchlings vor dem wandbreiten Fenster, die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt. Ihr aufgelöstes Haar sah aus wie ein Bündel von Blutfäden.
Als er neben ihr niederkniete, räusperte sich jemand hinter ihm. Tosen fuhr herum und sah Olof Xingar und zwei weitere Springer. Ihr erster Schlag traf ihn, ohne dass er sich wehren konnte. Er wurde quer durch den Raum gewirbelt und hatte Schwierigkeiten, wieder auf die Beine zu kommen, bevor Olof sich erneut auf ihn stürzte. Diesen Angreifern hatte er wenig entgegenzusetzen.
Eine
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