Silberfieber
unterstehen zwar nicht der deutschen Justiz, Mr. Adams, aber ich kann Ihnen versichern, dass die britische Polizei den Fall sicherlich ganz genauso beurteilen wird. Und was Sie betrifft, Mr ….«
»McCully, Kenneth McCully, ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen, Frau Keller. Seien Sie versichert, dass ich die Umstände, die wir Ihnen gemacht haben, zutiefst bedauere«, sagte McCully in einem Versuch, die Situation so weit wie möglich zu entschärfen.
»Nun, wie bereits erwähnt, Mr. McCully, geht es hier nicht so sehr um irgendwelche unangenehmen Umstände, sondern um Ermittlungen in einem Mordfall. Heute Nachmittag hat es im Johanniter-Spital in Bern einen zweiten Mord gegeben. Und jetzt komme ich zu dem Teil, der Sie betrifft. Es kann nämlich durchaus sein, dass ich Herrn Schönbeck wegen Beihilfe zum Mord an Franz Felgendreher vorläufig festnehmen lasse.«
Sie machte eine Pause, während der sie vorsichtig auf ihren Verband schielte und sich ärgerte, dass sie wegen der Schmerzen, die sich in regelmäßigen Abständen einstellten, ihren Worten möglicherweise nicht genug Nachdruck verliehen hatte. Aber dann sah sie den erschrockenen Gesichtsausdruck von Frank Schönbeck. Die Drohung hatte gewirkt.
»Ich könnte mir jederzeit den notwendigen Haftbefehl aus Hamburg faxen lassen«, sagte sie.
»Wir haben ihn doch nur besucht«, sagte Frank leise.
»Es geht auch nicht um Ihren Besuch, sondern um den Besucher, der unmittelbar nach Ihnen im Spital gewesen ist. Sie haben doch den Mann kennen gelernt, der sich Einstein nennt, und Sie wussten genau, wie gefährlich er ist. Wenn Sie die Absicht hatten, mit Ihrem eigenartigen Verhalten Ihrem toten Professor zu helfen, dann haben Sie genau das Gegenteil erreicht. Sie hätten mir gestern die Karte geben müssen, denn dann könnte Franz Felgendreher jetzt noch leben, und dieser Mörder wäre nicht mit der Karte auf der Flucht. So haben Sie noch ein Menschenleben auf dem Gewissen.«
»Jetzt reicht es aber! Das ist doch absurd!«, polterte McCully.
»Wenn Frank Ihnen die Karte gegeben hätte, hätte nicht Einstein die Karte, sondern die Polizei, und das hieße doch nur, dass er noch immer hinter der Karte her wäre. Und wenn er erfahren hätte, dass die Polizei die Karte hat, wäre Franz Felgendreher für ihn erst recht die einzige Möglichkeit gewesen, um noch etwas über sie zu erfahren. Einstein hätte genau wie jetzt Felgendreher seine Karte abgenommen und ihn umgebracht. Es macht überhaupt keinen Unterschied, ob Frank Ihnen die Karte gegeben hat oder nicht! Das Einzige, was er möglicherweise hätte tun können, ist, Einstein selbst seine Karte zu geben. Und wäre das in Ihrem Interesse gewesen? Wissen Sie denn, dass Einstein, bloß weil er die Karte hat, nicht noch weiteres Unheil anrichtet? Jetzt kommen Sie doch nicht hierher und richten über Frank, während ein Mörder sein Unwesen treibt, den Sie selbst nicht fassen konnten.« McCully atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Dann fügte er hinzu: »Vielleicht darf ich, um es vorsichtig zu formulieren, aus Ihrer Verletzung schließen, dass Sie Einstein beinahe gefasst hätten?« Er sah Frau Keller an, die ohne eine merkliche Regung seinen Ausbruch verfolgt hatte, und rieb sich unwillkürlich die Narbe über seinem Auge, als er wieder ihren Nasenverband betrachtete.
»Ich war in Dr. Dufners Büro. Er berichtete mir gerade über Ihren Besuch bei Franz Felgendreher, als der Mord geschah. Der Mörder hat Franz Felgendreher mit einem schwarzen Teerbrocken erschlagen. Bei der Verfolgung hat mir Ihr Herr Einstein eine Tür ins Gesicht geschlagen. Ich habe auf ihn geschossen, weiß aber leider nicht, ob ich ihn getroffen habe«, fasste sie die Geschehnisse des Nachmittags zusammen. Sie blickte auf die drei Männer und wusste noch immer nicht, wie weit sie Ihnen trauen konnte. Zumindest Peter Adams schien tief von der Schilderung ihrer Verfolgung des Mörders beeindruckt zu sein. Aber Frank Schönbeck schien sich nur langsam von ihrem Vorwurf, für einen Mord mitverantwortlich zu sein, zu erholen. Zumindest machten alle den Eindruck, als hätten sie schwer mit der Nachricht zu kämpfen, dass der Mann, den sie heute Nachmittag besucht hatten, kurz darauf ermordet worden war. Oder war da noch etwas anderes im Spiel?
»Einstein hat ihn mit einem schwarzen Teerbrocken erschlagen, sagen Sie?«, fragte Frank, dessen bleiche Gesichtsfarbe im hellen Lampenlicht deutlich zu erkennen war.
»Ja, richtig, er hat
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