Silberlicht
über ihr ausgebreitet wie Blütenblätter auf einem Hochzeitsbett.
Im Flur starrte ich bewegungslos auf den Teppich und roch den süßlichen, rauchigen Duft dessen, was einmal die Gebetsecke gewesen war. Wenn Jenny wegen eines Jungen in der Schule am Boden zerstört gewesen wäre, dann hätte sie zusammen mit Cathy weinen können. Sie hätten sich die ganze Nacht trösten und umarmen können, wie kleine Mädchen, die miteinander flüstern, um die gemeinsame Nacht voller seltsamer Geräusche und Schatten zu überstehen. Doch ich konnte Cathy nichts von James erzählen. Ich würde nie jemandem von ihm erzählen können, nie jemandem mein wahres Ich offenbaren.
Als ich in Jennys Badezimmer ging und Wasser in die Wanne laufen ließ, wurde mir bewusst, dass ich nichts für Cathy tun konnte. Sie brauchte ihr kleines Mädchen, doch das war schon lange fort. Ich zog mich aus, öffnete den Spiegelschrank über dem Waschbecken und nahm das Fläschchen mit den Schlaftabletten heraus. Dreiunddreißig Stück waren darin. Der kleine Raum war mittlerweile voller Dampf, als ich die Flasche auf dem Badewannenrand abstellte. Langsam ließ ich mich in das heiße Wasser sinken und drehte den Hahn zu, von dem es trotzdem noch in die Wanne tropfte. Vor dem Fenster hörte ich leise die Vögel zwitschern.
Irgendwo in der Nähe hielt Cathys Ehemann eine Frau in seinen Armen und war zutiefst erleichtert, dass er sich endlich aus seiner Ehe befreit hatte. Nicht weit von uns entfernt stand Mr. Brown vor einem Raum voller Schüler, von denen viele schon Gerüchte um seine angebliche Affäre gehört hatten. Und nur ein paar Meilen weiter weg versuchten Billy und Mitch, einen rostigen Motor zum Laufen zu bringen.
Doch James war weg.
Es war an der Zeit, aufzuhören. Ich nahm eine kleine weiße Tablette aus dem Fläschchen und betrachtete sie. Sie sah aus wie der Knopf eines Babyhemdchens. Ich legte sie auf meine Zunge und schluckte sie mit einer Handvoll warmem Badewasser. Als Nächstes versuchte ich es mit zwei auf einmal. Sie waren so klein, dass sie sich gut zur gleichen Zeit nehmen ließen. Cathy überlebt das vielleicht nicht, dachte ich, und Dan wird denken, er habe Schuld, weil er seine Familie verlassen hat. Diese Gedanken hätten mich innehalten lassen sollen, doch mein Geist und mein Herz waren schon dabei, in einen Schlaf zu sinken. Entweder würde Gott mich in seine Arme nehmen oder nicht. Ich versuchte mir den Himmel vorzustellen, doch ich sah nur dunkles Wasser.
Mein Magen verkrampfte sich, als ich die vierte Dosis schluckte. Ich wusste nicht mehr, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch, während die Pillen meine Kehle hinunterkrochen. Dann spürte ich ein schwaches Zittern tief in mir, wie eine winzige Biene, die ihre Flügel bewegt. Ich legte meine Hand auf meinen weichen, flachen Bauch; Angst durchzuckte mich. Ein vertrautes Gefühl. Mein Puls begann zu rasen, doch die Schlaftabletten legten sich bereits schwer wie Schnee auf meinen Körper. Ich griff mit einer Hand nach dem Badewannenrand, als ich bis zu den Schultern ins Wasser sank.
Hatten James und ich ein Kind gezeugt? Selbst dieser winzige Hoffnungsschimmer konnte mich nicht umstimmen. Es war falsch, was ich tat, das wusste ich. Wie Mord, doch ich musste mit der Welt abschließen. Meine Lider wurden schwer, mein Herzschlag verlangsamte sich.
Und dann spürte ich, wie mich jemand beobachtete. Ich öffnete meine Augen und blickte mich um. Niemand war zu sehen, nur die Fliesen, der Spiegel und die Badewanne. Und doch war jemand hier, neugierig auf das kleine Leben in mir. Sie war zurückgekommen. Irgendetwas hatte Jenny zurückgerufen. Ich spürte, dass sie genau hinter mir stand. Als ich mich am Badewannenrand festklammerte, um mich nach ihr umzudrehen, fiel das Fläschchen mit den Tabletten herunter, und die restlichen Pillen ergossen sich wie eine aufgetrennte Perlenkette über den Boden. Ich schloss die Augen und versuchte sie zu sehen. Ein kleines ovales Gesicht mit großen Augen und blonden Haaren.
Da war sie, wartete scheu auf meinen Tod, ihre Augen und Lippen leicht geöffnet, als ob sie etwas sagen wolle. Sie stand am anderen Ende der Badewanne und sah voller Mitgefühl auf mich herab, unternahm jedoch nichts, um den Körper zu retten, der einmal ihr gehört hatte.
Bitte, rief ich ihr in Gedanken zu, komm. Ich gehe jetzt.
Das Wasser umspielte meinen Nacken, meine Hand rutschte vom Wannenrand herab.
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