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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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Plötzlich befand sich noch etwas anderes im Raum, eine dunkle und Übelkeit erregende Präsenz. Dieselbe Schwärze, die mich im Einkaufszentrum aus der Damentoilette geworfen hatte. Das Böse bewegte sich langsam aus der Wand und über die Fliesen auf mich zu. Jennys Geist schien nichts zu bemerken.
    Beeil dich,
flehte ich stumm,
mein Schatz, beeil dich.
     
    Schwarzes Wasser rann die Kellerwände herab, schlammig und eiskalt. Das Heulen, das von draußen hereindrang, zerrte an meinen Nerven, doch ich lächelte nur und sagte: »Alles in Ordnung, Kleine, es ist bloß der Sturm.« Meine Tochter, die noch nicht ganz zwei Jahre alt war, wimmerte und hielt sich mit aller Kraft an mir fest, ihre kleinen Fäuste krallten sich in mein blaues Kleid und die schmutzige Schürze; mit den Beinen hielt sie meine Taille umklammert. Sie saß auf meiner Hüfte, während ich die Laterne auf dem Regalbrett entzündete und nach dem hölzernen Schemel suchte, der immer dort gestanden hatte. Ich hörte das entfernte Geräusch von splitterndem Glas und bereute, dass ich keine Decke über das Regal mit meinen Lieblingsbüchern hatte werfen können. Der Keller war nicht größer als ein Schrank, dennoch konnte ich den Schemel nicht finden, nur Feuerholz, zerbrochenes Werkzeug und meine Körbe auf den unteren Regalen. Donner grollte, ein Blitz durchzuckte den Himmel und brachte mein Kind zum Weinen. Ich zuckte zusammen, hielt das Mädchen ganz fest und streichelte beruhigend seinen Rücken.
    »Sch, mein Liebling.« Ich setzte mich auf einen Holzstapel, und sie versteckte sich wimmernd an meiner Brust. Wir waren in die Sicherheit des Kellers geflohen, als ein abgebrochener Zweig durch unser Schlafzimmerfenster gefallen war und ein lockerer Zaunpfahl nur Sekunden später das Küchenfenster durchstoßen hatte. Der Keller, der zu Beginn so sicher gewirkt hatte, begann sich allmählich mit Regenwasser zu füllen, das mittlerweile schon einige Zentimeter auf dem Boden stand. Es reflektierte das Licht der Lampe in kleinen goldenen Würmchen, die kamen und wieder verschwanden. Als der nächste Donnerschlag über den Himmel peitschte, sprang ich schreiend auf. Gleich darauf erschütterte ein Aufprall die Mauern des Hauses und ging mir durch Mark und Bein. Mein Kind hielt den Atem an, um dann noch lauter zu weinen. Plötzlich stürzten schwarze Wasserfluten durch die Ritzen der schrägen Holztüren in unser Versteck.
    Ungläubig sah ich zu, wie der See um meine Beine anstieg. Dann lief ich zu den Türen und versuchte sie aufzudrücken, doch sie bewegten sich keinen Millimeter. Etwas blockierte sie von außen und hielt sie unten. Ich legte das Baby auf einem Holzstapel ab und kämpfte mit aller Kraft gegen das schwere Holz. Die Zeit verging quälend langsam, während ich verzweifelt nach Werkzeugen suchte und mit einer Gartenharke auf die Bretter einschlug. Doch ich konnte nur wenig ausrichten, und das Wasser strömte ungebremst herein. Vielleicht war es der Fluss, höchstwahrscheinlich jedoch der Wassertank. Mit blutigen Fingern riss ich an den Planken und rief nach meinem Ehemann, auch wenn ich wusste, dass er meilenweit entfernt war.
    Meine Tochter weinte und schrie so herzzerreißend, dass ich mich umwandte und sah, dass ihr selbst auf dem Holzstapel das Wasser schon bis zur Brust reichte. Ich riss sie weg, setzte sie ins Regal, hastete dann zu den Türen und zerrte so lange schreiend an dem widerspenstigen Holz, bis endlich eine Planke nachgab und ich hinaussehen konnte. Der riesige Stamm unserer Eiche lag genau auf den Kellertüren und ließ sich keinen Millimeter bewegen, sosehr ich mich auch anstrengte. Ich konnte nur durch eine Öffnung, so groß wie eine Katze, ins Freie sehen. Mittlerweile stand ich bis zu den Schultern im Wasser. Zähneklappernd nahm ich meine Tochter in die Arme und sagte: »Liebling, renn zu Fannys Haus.«
    Der Sturm, der heulend um den Keller tobte, sah furchterregend aus, doch das Wasser stieg und stieg. Die Kleine umklammerte meinen Kopf und weinte bitterlich. »Ist schon gut«, beruhigte ich sie und stellte mich unter die Öffnung zwischen den schroffen Planken. »Ich komme später nach. Lauf zu Fanny, hörst du? Zu Fannys Haus.«
    Sie wehrte sich mit gellenden Schreien, doch ich machte sie von meinem Hals los und zeigte ihr den Weg durch das Loch. »Geh nicht zu den Großeltern«, befahl ich ihr. Deren Haus lag hügelabwärts, zu nahe am Fluss. »Lauf zu Fanny, hast du verstanden? Lauf!« Ein auf dem Wasser tanzender

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