Silbermantel
ich für dich unerreichbar sein, Metran. Das wird immer so sein. Und wenn du die Probe machen solltest, reiße ich dir das Herz aus dem Leib, für meine Freunde.«
In der darauf folgenden Stille wurde sich Jennifer der Wölfe bewusst, die sie umringten. Auch Svart Alfar waren anwesend, doch der riesige Wolf mit den roten Augen war fort.
Metran atmete schwer. »Du stehst nicht über mir, Galadan. Das hat man mir zugesagt.«
Da warf Galadan den wilden, narbenbedeckten Kopf in den Nacken, und herzliches Gelächter erklang auf der Waldlichtung.
»Zugesagt hat man es dir? Na, dann habe ich mich zu entschuldigen!« Sein Lachen verstummte. »Dennoch soll sie nach Norden gehen. Wäre das nicht der Fall, würde ich sie vielleicht gar für mich behalten. Aber seht!«
Jennifer, die den Blick gen Himmel hob, wohin Galadan zeigte, wurde einer Kreatur ansichtig, so schön, dass aufwallende Hoffnung ihr Herz höher schlagen ließ.
Ein schwarzer Schwan glitt aus den höchsten Himmelsregionen herab, strahlend vor dem Hintergrund der Sonne, die mächtigen Schwingen ausgebreitet, mit pechschwarzem Gefieder, den langen Hals anmutig ausgestreckt.
Dann landete er, und Jennifer stellte fest, dass das wahre Entsetzen gerade erst seinen Anfang genommen hatte, denn der Schwan besaß abnorme, rasiermesserscharfe Zähne und Klauen und war, trotz all seiner atemberaubenden Schönheit, mit dem Verwesungsgestank der Verderbtheit behaftet.
Dann sprach der Schwan mit einer Stimme, die der glitschigen Düsternis eines Abgrundes glich. »Ich bin gekommen«, erklärte er. »Gib sie mir.«
Immer noch weit entfernt, schrecklich weit entfernt, hetzte Loren Silbermantel sein Pferd zurück gen Süden und verfluchte dabei seine Torheit in sämtlichen Sprachen, die er kannte.
»Sie gehört dir, Avaia«, bestätigte Galadan ernst. »Nicht wahr, Metran?«
»Natürlich«, antwortete der Magier. Er hatte sich so hingestellt, dass der Geruch des Schwans ihn nicht traf. »Aber es ist verständlich, dass ich begierig bin, zu erfahren, was sie zu sagen hat. Das ist für mich auf meinem Beobachtungsposten lebenswichtig.«
»Nicht mehr«, korrigierte ihn der schwarze Schwan und sträubte das Gefieder. »Ich habe gute Nachrichten für dich. Der ›Kessel‹ ist in unserer Hand, soll ich dir ausrichten. Begib dich nun an den Ort, wo die Spirale sich bewegt, denn unsere Zeit ist gekommen.«
Da breitete sich auf dem Gesicht Metrans ein so grausam triumphierendes Lächeln aus, dass Jennifer sich von ihm abwandte. »Demnach ist er gekommen«, frohlockte der Magier.
»Der Tag meiner Rache. Oh, Garmisch, mein toter König, ich werde den Usurpator auf seinem Thron in Stücke reißen und Trinkgefäße fertigen aus den Knochen des Hauses Ailell.«
Der Schwan zeigte seine abnormen Zähne. »Der Anblick wird mir Vergnügen bereiten«, zischte er.
»Kein Zweifel«, stimmte Galadan mit verzogenem Gesicht zu. »Hast du Nachricht für mich?«
»Gen Norden«, erwiderte der Schwan. »Du wirst aufgefordert, mit deinen Freunden gen Norden zu ziehen. Beeile dich. Es ist wenig Zeit.«
»Es ist gut«, sagte Galadan. »Ich habe hier noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen, dann folge ich.«
»Beeile dich«, wiederholte Avaia. »Und nun gehe ich.«
» Nein!« schrie Jennifer, als die kalten Hände der Svart nach ihr griffen. Ihre Schreie durchschnitten die Luft der Waldlichtung und vergingen im Nichts. Sie wurde auf dem Rücken des riesigen Schwans festgebunden, und der intensive faulige Gestank überwältigte sie geradezu. Sie konnte nicht atmen; als sie den Mund aufmachte, erstickten sie die dicken schwarzen Federn, und als sie den Erdboden hinter sich ließen und in den blendend hellen Himmel aufstiegen, verlor Jennifer zum ersten Mal in ihrem Leben das Bewusstsein, so dass sie nichts von jenem prachtvollen, geschwungenen Bogen merkte, mit dem der Schwan und sie über den Himmel zogen.
Die Gestalten auf der Lichtung sahen zu, wie Avaia das Mädchen davontrug, bis sie im Schimmer des weißen Himmels verschwunden waren.
Metran wandte sich den anderen zu, und in seinen Augen lag immer noch wilde Freude. »Habt ihr gehört? Der Kessel gehört mir!«
»Es sieht ganz danach aus«, pflichtete Galadan ihm bei. »Dann wirst du dich jetzt aufmachen, übers Wasser?«
»Auf der Stelle. Es wird nicht lange dauern, bis du zu sehen bekommst, was ich damit vollbringe.«
Galadan nickte, dann schien ihm ein Gedanke zu kommen. »Ich frage mich, ob Denbarra wohl versteht, was dies
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