Silberschweine
jetzt barsch: »Gäste nehmen die Lesecouch. Decken sind im Holzkasten.«
Ich sah zu, wie sie sich einen aufwendigen Kokon baute. Sie machte eine gewaltige Aktion daraus. Wie ein Zelt voll junger Rekruten, acht lustlose Kerle in neuen, kratzigen Tuniken, die keine Ahnung haben, wie man ein ordentliches Feldbett baut. Eine halbe Ewigkeit fummelte sie an der Couch herum und stopfte viel zu viele Bettücher viel zu fest.
»Ich brauche ein Kopfkissen«, erklärte sie schließlich mit kleiner Klagestimme, wie ein Kind, das ohne ein ganz bestimmtes abendliches Ritual nicht einschlafen kann. Der Wein und die Aufregung hatten mich selig gemacht; ich konnte mit und ohne Kopfkissen schlafen. Ich stützte mich auf einen Ellbogen und warf ihr meines zu, schlecht gezielt, aber sie fing es auf.
Sosia Camillina inspizierte mein Kissen, als würden Flöhe darin hausen. Auch das sprach gegen den Adel! Vielleicht waren ja wirklich welche drin, aber alles etwaige Getier war in dem farbenfrohen Bezug fest vernäht, den mir meine Mutter aufgedrängt hatte. Ich hatte nichts übrig für arrogante junge Dinger, die über meinen Hausrat die Nase rümpften.
»Es ist vollkommen sauber! Nimm es und sei dankbar.«
Sie legte das Kissen an ihr Kopfende und zupfte es zurecht. Ich blies das Licht aus. Zuweilen benehmen sich auch Privatermittler wie Gentlemen – jedenfalls, wenn sie für andere Dinge zu betrunken sind.
Ich schlief wie ein kleines Kind. Ob meine Besucherin genauso schlief, weiß ich nicht. Wahrscheinlich nicht.
VI
Der Senator Decimus Camillus Verus wohnte im Bezirk Porta Capena. Von meinem Bezirk aus gesehen, war das der übernächste, also ging ich zu Fuß. Unterwegs begegnete ich meiner jüngsten Schwester Maia und mindestens zwei von den zahlreichen kleinen Rabauken, die dem Stammbaum unserer Familie entsprossen waren.
Manche Privatermittler erwecken den Eindruck, wir wären einsame Männer. Bei mir war das anders, und vielleicht kam ich deshalb auf keinen grünen Zweig. Jedesmal wenn ich irgendeinem ehebrecherischen Bürokraten in seiner abgetragenen Tunika nachschlich, begegnete mir einer dieser Bengel, schneuzte sich in seinen Ärmel und brüllte im nächsten Augenblick meinen Namen über die Straße. Ich lief durch Rom wie ein bunter Hund, und wahrscheinlich war ich mit den meisten Leuten zwischen dem Tiber und dem Ardeatinischen Tor auch noch verwandt. Damals hatte ich fünf Schwestern, hinzu kam das arme Mädchen, das mein Bruder Festus nie geheiratet hatte, weil ihm die Zeit dazu fehlte, außerdem dreizehn Neffen, vier Nichten und einige weitere, die unterwegs waren und sich schon deutlich abzeichneten. Dabei habe ich meine Erben vierten und fünften Grades, wie die Anwälte sie nennen, noch gar nicht erwähnt: die Brüder meiner Mutter, die Schwestern meines Vaters und all die Vettern zweiten Grades der Kinder aus erster Ehe von den Stiefvätern der Tanten meines Großvaters.
Eine Mutter hatte ich auch, obwohl ich das zu ignorieren versuchte.
Ich winkte den Rabauken zu. Ich halte sie mir bei Laune. Manchmal lasse ich mich bei der Jagd auf Ehebrecher von diesen Burschen vertreten und gehe statt dessen zum Rennen.
Decimus Camillus besaß ein eigenes Haus auf eigenem Grund und Boden in einem ruhigen Wohnviertel. Er hatte sich das Recht gekauft, direkt aus dem alten Appischen Aquädukt, das in der Nähe vorbeiführte, Wasser abzuzapfen. Er hatte es nicht nötig, die Räume an der Straßenfront seines Hauses als Läden oder die im Obergeschoß als möblierte Zimmer zu vermieten, aber er teilte sein beneidenswertes Grundstück mit dem Besitzer eines Hauses nebenan, das ein genaues Gegenstück zu seinem eigenen war. Woraus ich schloß, daß dieser Senator keineswegs übermäßig reich war. Wie wir anderen hatte auch dieser arme Kerl seine liebe Not, einen Lebensstandard zu wahren, der seinem Rang entsprach. Der Unterschied zwischen ihm und den meisten von uns bestand nur darin, daß Decimus Camillus Millionär sein mußte, sonst hätte er nicht Mitglied des Senats werden können.
Da ich einer Million Sesterzen einen Besuch abstatten wollte, setzte ich meine Kehle dem Rasiermesser eines Barbiers aus. Ich trug eine fadenscheinige weiße Toga, die so gefaltet war, daß man die Löcher darin nicht sehen konnte, eine kurze saubere Tunika, meinen besten Gürtel, den mit der keltischen Schnalle, und braune Schuhe. Ein typischer freier Bürger, dessen Ansehen man an der Zahl der Sklaven ablesen konnte, die ihm
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