Silberstern Sternentänzers Sohn 01 - Der geheimnisvolle Hengst
schaffen alles zusammen“, sagte Annit, als sie Silberstern wenig später draußen vor dem Unterstand trocken rieb und ihm die Hufe auskratzte.
Plötzlich ließ eine tiefe Stimme sie zusammenfahren. Im ersten Augenblick dachte sie, der Bauer wäre wieder aufgetaucht. Doch als sie sich umdrehte, entdeckte sie Pawell.
„Hier versteckt sich unser Star also“, begrüßte Roccos Freund sie. „Super, gratuliere. Das war wirklich eine tolle Vorstellung.“
Annit wurde fast ein bisschen rot bei dem aufrichtigen Kompliment. „Aber der Star ist eigentlich Silberstern“, wiegelte sie rasch ab.
Pawell warf einen anerkennenden Blick zu dem Hengst. „Ja, er ist ein ganz besonderes Pferd“, bestätigte er. Doch dann wandte er sich wieder an Annit und hielt ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier hin, das er aus seiner Jackentasche gezogen hatte. „Hier, ein Fax. Von deiner Freundin aus Deutschland“, erklärte er und fügte schnell hinzu: „Ich hab’s aber nicht gelesen.“
Neugierig faltete Annit das Blatt Papier auseinander, nachdem Pawell wieder zu den anderen Artisten gegangen war. „Silberstern, hast du gehört? ... Ein Brief von Carolin“, murmelte sie und las dem Hengst vor, was Carolin geschrieben hatte. Sie erzählte von Lilienthal und von Sternentänzer. „Ich denk heute ganz fest an dich“, stand am Schluss. „Ich bin ganz sicher, dass ihr, du und Silberstern, eine tolle Vorstellung hinlegen werdet.“
Annit wäre am liebsten gleich ins nächste Internet-Cafe gerannt, um Carolin von dem Premierenabend und ihrem Auftritt zu berichten. Doch sie wusste, dass die anderen schon auf sie warteten, um gemeinsam mit ihr die gelungene Premiere zu feiern.
„Jetzt haben wir die Menschen hier auf unserer Seite“, sagte Rocco später am Abend zu Annit, während einige aus der Truppe ausgelassen zu Josés Gitarrenspiel sangen und tanzten. „Da kann dieser komische Bauer einpacken. Vielleicht sieht er ja endlich ein, dass wir hier mit unserem Zirkus viele Menschen glücklich machen.“
Annit nickte. „Hoffentlich hast du Recht.“ Fragend sah sie Rocco an. „Bei der Premiere ist er aber nicht gewesen, oder?“ Sie hatte ihren Blick während der Vorstellung immer mal wieder durch das Zelt schweifen lassen, hatte den Bauern aber nirgends entdecken können.
Rocco schüttelte den Kopf. „Er war ganz sicher nicht da. Hast du etwa Angst gehabt, dass er Ärger machen könnte?“
Annit zuckte mit den Schultern. „Na ja, man kann ja nie wissen ..."
„Nein, kann man nicht“, bestätigte Rocco. „Aber keine Sorge! Sollte der Kerl auch nur einem aus meiner Truppe ein Haar krümmen, kriegt er es mit RMP zu tun.“
„RMP?“, fragte Annit grinsend. „Sind das die Bodyguards des amerikanischen Präsidenten?“
Rocco straffte seinen Oberkörper und ließ seine Muskeln spielen. „Noch besser. Roccos Muskelpakete“, erklärte er.
Annit musste lachen. „Dich möchte ich nicht zum Feind haben“, entgegnete sie. „Da wäre ich hoffnungslos verloren."
Fast jede der nächsten Vorstellungen war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Endlich kam wieder Geld in die Kasse. Rocco und seine Zirkustruppe waren sehr zufrieden. Und von dem griesgrämigen Bauern Janusch Nowak hatten sie zum Glück auch nichts mehr gehört.
Annit war sehr froh darüber. Hoffentlich hat er endlich eingesehen, dass er nichts gegen uns ausrichten kann, überlegte sie. Vielleicht hat er ja auch den begeisterten Bericht über uns gelesen, der nach der Zirkuspremiere in der Zeitung stand? Dann weiß er jetzt, dass wir keineswegs irgendein dahergelaufenes Gesindel sind, sondern anerkannte Artisten, die hart arbeiten für ihren Erfolg.
Als ein paar Tage später ein gelber Jeep neben der Zirkuswiese hielt, schreckte Annit trotzdem ein bisschen zusammen. Doch ihre Furcht, der Bauer könnte erneut aufgetaucht sein, löste sich schnell in Luft auf.
Denn ein großer Mann mit kurzen dunklen Locken schwang sich gleich darauf aus dem Jeep. Er war um die vierzig, trug Jeans und ein kariertes Hemd und lächelte freundlich, während er auf Annit zuging. „Marek Mirowski“, stellte er sich vor und reichte Annit die Hand. „Du gehörst bestimmt auch zum Zirkus, oder?“ Bevor sie antworten konnte, fuhr er fort: „Ich bin Tierarzt und würde mir gerne mal eure Pferde anschauen.“
Annit zuckte kaum merklich zusammen. Warum woll te dieser Mann die Pferde anschauen? „Unsere Tiere sind alle
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