Silberstern Sternentaenzers Sohn 03- Reise in die Vergangenheit
Holzhacken zu helfen.
Schnell flitzte sie in ihre Zelle, kramte ihr Handy aus dem Rucksack und verließ das Kloster. Sie lief hinüber zu der Wiese mit den Olivenbäumen. Denn dort war sie allein und konnte ungestört telefonieren. Hoffentlich ist Carolin schon von der Schule zurück, dachte sie und suchte eine Stelle, wo der Empfang gut war.
Sie lehnte sich an einen der Olivenbäume, wählte Carolins Nummer und wartete mit angehaltenem Atem. Als sie die Stimme ihrer Freundin hörte, atmete sie erleichtert auf. „Mensch, bin ich froh, dass du da bist“, rief sie.
„Was ist denn los? Gibt’s Neuigkeiten von deinen Eltern?“, fragte Carolin. „Oder machst du dir Gedanken um mich? Aber ich hab dir doch vorgestern erst gemailt und dir geschrieben, dass bei mir alles in Ordnung ist.“
Erst jetzt fiel Annit wieder ein, dass sie schon eine Zeit lang ihre Mails im Internet-Cafe nicht mehr ge checkt hatte. Aber das war jetzt eigentlich egal! Ohne auch nur einmal Luft zu holen, berichtete sie der Freun din, was passiert war.
Carolin war genauso empört über den Diebstahl wie Annit. „Das darf doch wohl nicht wahr sein“, schimpfte sie los. „Das ist ja wohl das Letzte, den armen Nonnen ihre Ikonen zu klauen. Hast du schon eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?“
Annit zögerte einen Augenblick. Sie merkte, dass es ihr doch sehr schwer fiel, ihren Verdacht auszusprechen. Denn die junge Nonne Mariana war von Anfang an sehr nett zu ihr gewesen. Aber Carolin war die Einzige, der sie von ihren Träumen erzählen konnte. Und deshalb hatte sie sie ja schließlich angerufen. „Ja, ich habe einen Verdacht“, bestätigte Annit. Dann berichtete sie der Freundin von den beiden Träumen, die Silberstern ihr geschickt hatte und von dem fremden Mann. Dass sie Angst hatte, dass dieser Mann ihr Vater sein könnte, davon sprach sie nicht. Diese Idee war schließlich so unwahrscheinlich, dass Carolin sie deshalb sicher ausgelacht hätte. Nur sie, Annit, bekam diese fixe Idee eben nicht mehr aus ihrem Kopf.
Als Annit geendet hatte, war es am anderen Ende eine Weile still. „Hat Mariana denn sonst noch irgendwas Verdächtiges gemacht, außer sich mit diesem seltsamen Mann zu treffen?“, wollte Carolin wissen.
„Eigentlich nicht“, gab Annit zu. „Sie ist heute nur ziemlich blass und ernst gewesen, als wir über die Fälschungen geredet haben.“ Sie seufzte laut auf. „Im Grunde kann ich mir nicht vorstellen, dass sie wirklich was mit dem Diebstahl zu tun hat.“
„Muss sie ja auch nicht“, gab Carolin zurück. „Die Träume können ganz was anderes bedeuten, auch wenn ich grad keine Idee hab, was.“ Carolin machte eine kurze Pause. „Aber ich könnte ja mal Ami fragen, vielleicht kann sie uns weiterhelfen.“ Ami war die Großmutter von Carolins bester Freundin Lina, eine Hexe und Heilerin. Carolin versprach, sich sofort bei Annit zu
melden und ihr zu berichten, nachdem sie die weise alte Frau aufgesucht hatte.
Annit fühlte sich etwas erleichtert, nachdem sie aufgelegt hatte. Sie war froh, eine Freundin wie Carolin zu haben, mit der sie über ihre geheimnisvollen Träume reden konnte. „Hoffentlich kann Linas Großmutter Ami mir eine Antwort geben“, murmelte sie und ging hinüber zu der Wiese, auf der Silberstern graste. Sie wollte noch ein bisschen allein sein, um ihre Gedanken zu ordnen.
Der pechschwarze Hengst begrüßte sie mit einem freudigen Wiehern.
„Was soll ich bloß tun, Silberstern?“, fragte Annit leise und drückte sich fest in das Fell des Arabers. Annit genoss die Wärme des Pferdekörpers. „Es liegt mir so viel daran, meine richtigen Eltern kennenzulernen. Doch die Igoumeni hat jetzt genug mit den gefälschten Ikonen zu tun. Da hat sie bestimmt keine Zeit mehr, nach meiner Mutter zu suchen. Und wenn mein Vater wirklich ein Verbrecher ist, wird sie mir sowieso nichts verraten.“ Sie stieß einen Seufzer aus und strich zärtlich über Silbersterns samtweiche Nüstern. „Ich hab geglaubt, dass alles viel einfacher ist.“ Annit schluckte, um den dicken Kloß in ihrem Hals loszuwerden. „Vielleicht sind wir ja ganz umsonst nach Griechenland gereist, Silberstern.“
Der Araberhengst schnupperte sanft über ihre Wangen. Seine Tasthaare kitzelten sie.
Ein kleines Lächeln huschte über Annits Gesicht. „Ich weiß, du willst mich trösten und mir sagen, dass ich die Hoffnung nicht aufgeben soll. Stimmt’s, mein
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