Silberstern Sternentaenzers Sohn 03- Reise in die Vergangenheit
kostbaren Ikonen. Wenn die tatsächlich ein paar hundert Jahre alt sind, müssen die echt richtig wertvoll sein. Die bringen bestimmt jede Menge Kohle, wenn man sie verkauft.“
Nachdenklich blickte Annit vor sich hin. Der Mann, der sich mit Mariana an der Klostermauer gestritten hatte, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Ist ja möglich, dass es dafür auch eine ganz harmlose Erklärung gibt, dachte sie plötzlich und fühlte sich etwas besser. Vielleicht wird ja doch noch alles gut. Und wenn er wirklich mein Vater ist, werde ich es sicher bald erfahren.
„Komm, wir reiten um die Wette“, rief sie lachend und trieb Silberstern an. „Wer zuerst wieder beim Kloster ist!“
In gestrecktem Galopp jagten sie über die große Wiese. Annit hatte eine halbe Pferdelänge Vorsprung, dann holte Mannito auf und preschte an ihr vorbei. Gemeinsam kamen sie schließlich beim Kloster an. „Wir haben beide gewonnen“, jubelte Annit und strahlte.
Auch Mannitos Augen leuchteten. „Wir sind eben ein Superteam.“
In diesem Augenblick fuhr ein Wagen vor dem Kloster vor. Ein kleiner, etwas rundlicher Mann mit Glatze stieg aus. Er trug eine Brille mit dicken Gläsern, und unter seinem Arm klemmte eine schwarze Aktentasche.
„Das ist bestimmt der Versicherungsmann“, vermutete Annit.
Schnell führten sie Silberstern und Ranja in den Stall und versorgten die beiden Tiere. Dann liefen sie gleich hinüber zum Büro der Äbtissin.
Sie wollten es sich natürlich nicht entgehen lassen, wenn der Versicherungsexperte die wertvollen Ikonen begutachtete. Vorsichtig klopfte Annit an und öffnete die Tür einen Spalt.
Die Igoumeni winkte sie ins Zimmer. „Kommt nur herein“, sagte sie freundlich. Nachdem Annit und Mannito eingetreten waren, machte sie die drei miteinander bekannt. „Das ist Herr Papoulias“, stellte sie vor und deutete mit einer knappen Handbewegung auf den kleinen Mann von der Versicherung. Sie wandte den Kopf. „Und das sind Annit und Mannito, gute Freunde unseres Klosters“, fuhr sie fort. Ihr Blick blieb einen Moment auf Annit ruhen, bevor sie sich wieder dem Versicherungsexperten zuwandte. „Und jetzt sollten wir uns mal die Ikonen ansehen, damit Sie sich einen Eindruck von ihrem Wert verschaffen können, Herr Papoulias“, schlug sie vor und ging voraus zu einer Seitentür.
Annit war schon sehr gespannt, was sie erwarten würde. Hinter der Seitentür lag ein kleiner Gang, an dessen Ende sich eine getäfelte Holztür befand. Die Äbtissin sperrte die Tür auf. Als Annit gemeinsam mit den anderen den Raum betrat, hielt sie den Atem an. Ungefähr fünfundzwanzig farbenprächtige Ikonen hingen an den Wänden. Sie zeigten Heilige, die Mutter Gottes oder Jesus.
Auch Mannito schaute sich mit großen Augen um. „Das ist ja echt toll“, flüsterte er. Man konnte fast meinen, er hätte Angst, die kostbaren Ikonen könnten von den Wänden fallen, wenn er laut sprechen würde.
Der Gutachter von der Versicherung nickte anerkennend. „Ein sehr wertvoller Schatz, den Ihr Kloster hier über Jahrhunderte gesammelt hat“, bestätigte er. Dann ging er langsam von einer Ikone zur nächsten und betrachtete jede eingehend durch seine dicken Brillengläser.
Vor einer Ikone, die Jesus beim Abendmahl darstellte, verharrte der kleine Mann. Schließlich nahm er sie sehr vorsichtig von der Wand und drehte sie um.
Annit beobachtete, wie er über den Holzrahmen fuhr. Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt.
Die Igoumeni trat zu ihm. „Stimmt etwas nicht mit dieser Ikone?“, wollte sie wissen, während Annit und Mannito ebenfalls näher kamen.
Der Gutachter berührte das wurmstichige Holz und hielt dann seinen Finger hoch. Ein winzig kleines Häuf chen helles Sägemehl war darauf zu erkennen. „Diese kleinen Löcher hier im Holz stammen wahrscheinlich nicht von Holzwürmern“, erklärte er. „Ich vermute, sie wurden hineingebohrt, um das Holz alt erscheinen zu lassen.“ Er deutete mit dem Kopf auf das Sägemehl, das auf seinem Finger lag. „Das Sägemehl weist auch darauf hin, dass die kleinen Löcher erst kürzlich in das Holz gebohrt wurden.“
Die Igoumeni war blass geworden. „Was wollen Sie damit sagen, Herr Papoulias?“, fragte sie mit ernster Miene.
Auch Annit und Mannito sahen den Versicherungsexperten erstaunt an. Warum sollte denn jemand Löcher in das Holz bohren?, wunderte sich Annit insgeheim.
Der Gutachter räusperte sich. „Nun ja,
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