Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse
paar Stunden sind wir sicher noch unterwegs.“
Annit nickte und schluckte trocken. Ein dicker Kloß saß in ihrem Hals. Morgen werde ich endlich meine leiblichen Eltern
kennenlernen!
Unfreundlicher Empfang
Mit heftig klopfendem Herzen ritt Annit auf Silberstern am nächsten Tag die Hauptstraße in Dedeli entlang. Sie drückte ihre Schenkel ganz fest gegen ihr Pferd - so, als könne es ihr Halt geben.
Es hatte hier offensichtlich schon seit langer Zeit nicht mehr geregnet, denn alles war staubig, sogar die Luft. Jedes Mal, wenn ein Auto an ihnen vorbeiknatterte, ließ es eine dichte Staubwolke zurück.
Die Hauptstraße säumten ein paar Läden: ein Geschäft mit bunten Stoffballen, ein Laden voller Schrauben und Werkzeuge, ein Geschäft mit ein paar Polstermöbeln und Sitzkissen im Schaufenster, ein Friseur sowie eine kleine Bäckerei, in dessen Auslage sich Fladenbrote, Sesamringe und Baguettes türmten. Über allem ragte eine Moschee mit Minarett.
Vor einem Lebensmittelladen, vor dem sich große Plastik eimer voller Bohnen und Esskastanien und Getränke in Plastikflaschen stapelten, stiegen Annit und Mannito ab.
Annit wischte sich über die schweißnasse, staubige Stirn. Der Staub war mittlerweile in jede Pore ihres Körpers vorgedrungen. „Wir kaufen etwas zum Trinken und fragen nach meinen Eltern“, schlug sie vor. „Dann kann ich gleich mein Türkisch wieder üben.“ Inzwischen hatte Annit die Sprache ein bisschen gelernt. Es reichte gerade so, um sich verständlich zu machen.
Mannito nickte. „Gute Idee. Die in solchen Krämerläden sind immer am besten informiert. Warte, ich komm mit!“
Annit holte zwei große Wasserflaschen aus der Plastikverpackung, nahm sie mit in den Laden und zählte das Geld auf die Ladentheke.
Hinter der Theke stand eine alte Frau mit faltigem Gesicht und einem geblümten Kopftuch um den Kopf. Sie nahm das Geld und steckte es in die Ladenkasse.
„Entschuldigung, ich suche Elena Demirel. Können Sie mir vielleicht sagen, wo sie wohnt?", fragte Annit dann freundlich, wenngleich in gebrochenem Türkisch.
Die alte Frau reagierte nicht, sagte kein Wort.
Vielleicht hat sie mich nicht verstanden, oder sie ist schwerhörig ?, überlegte Annit und wiederholte ihre Frage etwas lauter.
Wieder reagierte die Frau nicht.
„Hallo wollte Annit ein weiteres Mal ansetzen.
Doch plötzlich hob die alte Frau die Hand, deutete zur Tür und stieß etwas hervor, was Annit nicht verstand. Die Augen der Frau blitzten erzürnt. Sie schien sehr aufgebracht zu sein.
Rasch packte Mannito Annit am Arm und zog sie von der Theke weg.
„Aber...“, protestierte Annit und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. „Jetzt warte doch ...“
„Komm schon, lass uns gehen!“ Mannito zog kräftiger, und schließlich gab Annit nach.
Vor dem Laden herrschte sie Mannito verärgert an. „Was ist denn los? Was soll denn das?“
„Ich wollte keinen Ärger“, erklärte Mannito. „Die Frau hat dich aufgefordert, zu verschwinden, und zwar auf der Stelle. Und dann hat sie noch ein ziemlich hässliches Schimpfwort gebraucht.“
„Wieso das denn? Hab ich sie beleidigt? Oder hab ich was Falsches gesagt?“, fragte Annit verblüfft.
Mannito öffnete die Flasche Wasser und trank einen Schluck. „Du hast nach deiner Mutter gefragt, daraufhin sagte die alte Frau, du sollst verschwinden.“
„Tickt die nicht mehr richtig?“, wunderte sich Annit.
Mannito winkte ab. „Vielleicht hatte sie Stress mit deiner Mutter oder deinem Vater oder so“, vermutete er. „Eine Nachbarschaftsfehde. In so Dörfern weiß man nie.“
Annit nahm ebenfalls einen kräftigen Schluck aus ihrer Flasche. „Na ja, dann versuchen wir es eben weiter.“ Sie lief auf einen alten Mann zu, der mit gesenktem Kopf an einem Stock die Dorfstraße entlangschlurfte.
Sie setzte ihr freundlichstes Gesicht auf. „Entschuldigung, können Sie mir helfen? Ich bin fremd hier. Können Sie mir bitte sagen, wo Elena Demirel wohnt?“
Der Mann blickte nur kurz auf, dann senkte er den Blick wieder auf die Straße und schlurfte weiter, ohne ihr eine Antwort zu geben.
Kopfschüttelnd sah Annit dem Mann nach. „Der benimmt sich auch so seltsam. Unfreundlich oder taub?! Komisches
Dorf! Die sind anscheinend alle schräg drauf.“ Sie wandte sich an Mannito. „Was meinst du?“
Mannito zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“
Ein Auto hielt am Straßenrand, und eine etwas
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