Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse
schüttelte den Kopf. „Mit Basecap kommst du mir nicht auf das Foto.“
„Warum denn ich?“, wunderte sich Mannito.
„Alle müssen auf das Bild“, bestimmte Annit. „Du, und die Pferde auch.“
Das Familienfoto
Am nächsten Vormittag standen Annit, Mannito und Elena im Hof. Elena hatte sich hübsch gemacht. Sie trug ein farbenprächtiges Kopftuch, eine weiße Bluse und einen dunkelrot glänzenden Rock. Sie war sogar ein bisschen geschminkt. Ihre blauen Augen leuchteten, ihre Lippen glänzten leicht. Mannito hatte sich gewaschen und seine blonden Haare ordentlich zurückgekämmt. Annit hatte ihre einzige noch einigermaßen intakte Jeans angezogen und ein rotes T-Shirt. Ihre Haare hatte sie mit einem Band im Nacken zusammengebunden. Hinter ihnen standen Silberstern und Ranja.
Annit balancierte den alten Fotoapparat, den sie im Krämerladen in Dedeli ausgeliehen hatte, von einer Hand in die andere. „Und Achmed?“
Elena zuckte mit den Schultern. „Ich habe lange mit ihm gesprochen. Ich weiß nicht, ob er kommt, Annit.“ Sie seufzte. „Es ist gut, Stolz zu haben. Aber es ist nicht gut, zu viel davon zu haben.“ Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Und Achmed ist der stolzeste Mensch, den ich jemals getroffen habe.“
Annit und Mannito warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Trotz aller Sorgen, trotz aller Entbehrungen war doch immer wieder zu merken, wie sehr sich Elena und Achmed liebten.
Annit betrachtete ihre Mutter. „Hast du es jemals bereut?“, fragte sie leise.
Elena strich ihrer Tochter zärtlich über das Haar. „Das Einzige in meinem Leben, was ich in jeder einzelnen Sekunde bitter bereut habe, ist, dass ich dich weggeben musste. Alles andere würde ich genau so wieder machen.“ Sie zuckte die Achseln. „Achmed und ich, wir waren füreinander bestimmt. Und man muss seinem Schicksal folgen. Es geht nicht anders.“
Annit spürte einen Kloß im Hals. Sie atmete tief durch. „Dann müssen wir die Fotos eben ohne Achmed machen“, beschloss sie. Sie führte Silberstern und Ranja zu einem großen Olivenbaum. Mannito positionierte sie davor, Elena neben ihm. Vorsichtig legte sie die Kamera auf eine Steinmauer und betätigte den Selbstauslöser. Dann flitzte sie eilig zu den anderen und stellte sich daneben.
„Lächeln!“ Klick! „Noch mal!“ Nach zwölf Bildern war der Film voll.
Annit nahm den Fotoapparat von der Mauer und wechselte den Film. „So, weitergeht’s! Falls manche verwackelt sind.“ Sie drehte sich um und stutzte.
Neben Elena stand auf einmal Achmed. Er trug ein traditionelles türkisches Festtagsgewand, auf dem Kopf hatte er eine kleine Mütze. Sein Blick war stolz und streng zugleich. Die Arme hatte er vor seiner Brust verschränkt und stand steif wie ein Zinnsoldat da.
Annit betätigte erneut den Selbstauslöser und lief zu den anderen.
Klick! Noch mal. Nach dem dritten Foto löste sich Achmed etwas aus seiner Starre. Nach dem vierten Foto legte er den Arm um Elena, nach der fünften Aufnahme schob er Annit zwischen sich und Elena, legte den Arm um sie und versuchte ein zaghaftes Lächeln.
„So, fertig!“, verkündete Annit, als auch der zweite Film verknipst war.
Ohne ein Wort zu sagen, stiefelte Achmed wieder davon. Elena folgte ihm.
„Das wurde am Ende ja doch noch ein richtiges Familienfoto“, raunte Mannito Annit grinsend zu, als die beiden im Haus verschwunden waren.
Annit lächelte nur und freute sich von ganzem Herzen.
Nach Annits Meinung dauerte es fast eine halbe Ewigkeit, bis die Bilder in dem kleinen Laden in Dedeli entwickelt waren. Annit suchte die zwei schönsten Aufnahmen aus und steckte jeweils eine in jeden Brief.
Dann öffnete sie den vergilbten Umschlag, den Elena ihr gegeben hatte. Auf einem Kärtchen war mit krakliger schwarzer Schrift eine Adresse in Griechenland notiert. Auf einem zweiten Kärtchen stand in der gleichen Handschrift eine Adresse in der Türkei. Es war gar nicht so einfach, die Buchstaben zu entziffern.
„Magst du?“ Mannito streckte den Kopf zur Tür herein. In der Hand hatte er dicke, saftige Aprikosen.
Annit winkte ab. „Später. Schau mal, hier! Ist das ein D oder ein B?“
Mannito studierte das Kärtchen. „Für mich sieht das wie ein B aus.“
Annit nickte. „Hätte ich auch getippt.“ Sie fuhr sich mit dem Stift durch ihre langen Haare. „Wär ja zu doof, wenn die Briefe nicht ankämen, weil die Adresse falsch
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