Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse
ist.“
Mannito nahm den vergilbten Umschlag in die Hand. „Komisches Gefühl, oder? Wenn man denkt, dass der über vierzehn Jahre verschlossen war“, meinte er.
„Ich bin total aufgeregt. Wer weiß, was jetzt passiert!“ Annit streckte ihm ihre Hände entgegen. „Guck mal, wie ich zittere.“
„Mach dir aber nicht zu große Hoffnungen.“ Mannito nahm ihre Hände. „Sonst bist du nachher vielleicht zu enttäuscht.“
Annit zog ihre Hände weg. „Wie meinst du das?“
„Vielleicht passiert überhaupt nichts. Vielleicht werfen die den Brief weg. Vielleicht wollen die mit der Vergangenheit nichts mehr zu tun haben? Du hast ja gesehen, wie Achmed zuerst reagiert hat.“
Doch Annit ließ sich nicht beirren. „Aber am Ende hat er sich sogar fotografieren lassen“, meinte sie triumphierend.
„Klar.“ Mannito biss in die Aprikose. „Es kann alles passieren“, schmatzte er. „Oder gar nichts.“
„Danke!“ Annit gab ihm einen kleinen Schubs. „Als Orakel bist du wirklich große Klasse.“ ‘Sie nahm den Stift und schrieb voller Hingabe die Adressen auf die Umschläge.
Dann lief Annit zu Elena, die in der Küche war und Brotteig knetete. „Wo ist denn in Dedeli die Post?“, rief sie und wedelte aufgeregt mit den beiden Kuverts herum.
Elena stellte die Schüssel mit dem Teig zur Seite und wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. „Wir müssen ohnehin einkaufen“, sagte sie. „Wir gehen gemeinsam.“
Es war ein langer, beschwerlicher Fußmarsch über staubige Straßen in der brütenden Sonne.
Annit war froh, als sie endlich d?s Postamt betrat. Aufgeregt reichte sie dem Mann am Schalter ihre zwei Briefe. „Wie lange dauert das ungefähr?“, wollte sie wissen.
Der Mann rieb seinen dicken Schnauzbart. „Ein bis zwei Wochen, je nachdem“, antwortete er.
„Also spätestens in drei Wochen sind die Briefe da“, löcherte Annit ihn weiter.
„Davon kann man ausgehen“, nickte der Mann und klebte Briefmarken darauf. „Sonst noch was?“
Annit zahlte und lief nach draußen, wo Elena und Mannito warteten. In ihrem Bauch kribbelte es, als wären Tausende von Ameisen unterwegs. „Ich bin so gespannt, was nun passiert“, rief sie.
Elena schnaufte nur tief. „Ob es wirklich gut ist, alte Wunden wieder aufzureißen?“, meinte sie unsicher. „Ich weiß nicht, ob es gut ist, was du tust, Annit.“
Annit winkte ab. „Die Briefe sind weg. Ist sowieso nicht mehr zu ändern.“ In diesem Moment klingelte ihr Handy. Annit stellte ihren Rucksack ab und kramte es heraus. Das Display zeigte keine Nummer.
„Ja, hallo. Hier spricht Annit.“
„Hallo, Annit. Hier ist Caro.“
„Hey, Caro!“, freute sich Annit. „Schön, dass du anrufst. Stell dir vor, ich stehe gerade vor der Post und habe zwei Briefe an meine Großeltern losgeschickt..."
„Hm“, machte Carolin nur. Ihre Stimme klang merkwürdig. Nanu?, wunderte sich Annit. „Verstehst du, was das bedeutet? Die Familien sind seit über vierzehn Jahren zerstritten, meine Eltern haben gar keinen Kontakt mehr, nichts. Und jetzt, vielleicht...”
„Annit“, unterbrach Caro sie. Ihre Stimme zitterte leicht.
„Was denn?“
„Ich muss dir was sagen.“
„Was denn? Ist was passiert?“
„Ja“, antwortete Carolin und begann zu erzählen. Hastig. Rasch. Aufgewühlt. Von einer Vision, die sie in einer Vollmondnacht mit Sternentänzer gehabt hatte. Einer sehr merkwürdigen, bedrohlichen Vision. Und dass sie dringend Annits Hilfe brauchte.
Als Caro fertig erzählt hatte, ließ Annit das Handy sinken.
„Was ist denn los, du bist ja ganz bleich?“, wunderte sich Mannito, „Schlechte Nachrichten?“
Doch Annit brachte kein Wort mehr heraus. Von einer Sekunde auf die andere hatte sich alles geändert...
- ENDE TEIL 4 -
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