Silence
Ich würde nicht zulassen, dass die beiden sich wegen mir stritten. »Erstens ist das alles schon Ewigkeiten her und zweitens würde Ermano mich nicht hierher bringen, wenn er sich nicht a bsolut sicher wäre, dass er Vincenzo vertrauen kann. Und drittens …«, sagte ich mit meinem schmeichelhaftesten Lächeln zu Giovanni, » … vermute ich mal, dass die Zeiten der Clankriege zwischen den Vampiren lange vorbei sind und keiner von euch mehr angewiesen auf mein Blut ist.«
»Da hat sie recht. Außerdem verbieten uns unsere Gesetze, uns Blutsklaven zu halten. Darunter zählen auch Werwölfe. Viele von uns sind nicht glücklich mit dem, was diese Kriege hervorgebracht haben. Und ich schäme mich zutiefst, zugeben zu müssen, dass auch ich mich von Wolfsblut ernährt habe.« Ermano ließ sich erschöp ft wieder auf den Stuhl sinken.
Ich konnte ihm ansehen, dass ihm das alles zu schaffen machte. Ich wusste zwar nicht genau, was ich von Ermanos Geständnis halten sollte, aber ich war mir sicher, dass es diesen Ermano schon eine sehr lange Zeit nicht mehr gab.
»Und wer hat gewonnen?«, fragte ich im lockeren Plauderton und kuschelte mich an Giovanni, um die Stimmung im Raum wieder etwas zu heben. Schließlich war heute ein Maskenball geplant und den wollte ich nicht mit zwei aufeinander wütenden Vampiren begehen.
Giovanni kam meiner Kuschelaufforderung nach und legte seine Arme um meine Taille.
»Gewonnen? Ich würde sagen, die Vampire, da ihr fast ausgerottet seid«, antwortete Ermano, verwundert über meine Frage.
»Das meine ich nicht. Wer ist jetzt euer Anführer?«
»Oh. Vincenzos Meister. Und ich bezweifle schon aus diesem Grund, dass Vincenzo etwas unternehmen würde, was uns nicht gefällt, weil er es nicht wagen würde, gegen die Wünsche seines Meisters zu handeln.«
»Na, dann ist doch alles geklärt«, sagte ich fröhlich und strengte mich an, dass keiner der zwei Reißzähne in meinem Schlafzimmer mei ne Zweifel bemerken würde.
Ich rieb mir mit dem Ärmel meines Jäckchens über meine verschwitzte Stirn. Mir war heiß und zittrig. Hatte ich Fieber. Ich hoffte nicht, ich war noch nicht bereit für die Wandlung. Aber dass mein Körper etwas mit mir vorhatte, spürte ich deutlich. Aber bereit würde ich wohl niemals sein. Und ich vermutete mal stark, dass mein Körper mich nicht nach meiner Meinung fragte. »Vinc enzo hat also vor vielen, vielen Jahrhunderten …«, ich zwinkerte Giovanni zu und betonte die lange vergangene Zeit, »… Werwölfe gezüchtet und war schon allein aus diesem Grund bei einigen Wandlungen anwesend oder zumindest in der Nähe. Da sollte er uns also helfen können, nehme ich an.«
»Und du warst bei keiner Wandlung dabei?«, wollte Giovanni von Ermano wissen.
Dieser schüttelte den Kopf. »Ich war ein Jäger. Ich habe sozusagen für den Nachschub gesorgt.« Ermano senkte den Kopf und verbarg sein Gesicht, wohl um seine Scham vor uns zu verbergen.
Ich verstand und war mir nicht sicher, ob ich ihm das alles vergeben konnte. Tief in mir fraß es sich einen Weg zu meinem Herzen. Aber, sagte ich mir selbst, es ist so lange her und es waren ganz andere Zeiten. Es war eine andere Welt. Und ich konnte Ermano ansehen, dass es ihm leid tat. Meine Hand legte sich auf seine und ich kniete mich vor ihn auf den Dielenboden. »Du warst damals deinem Herren untergeben.« Das vermutete ich zumindest, da auch Ermano zu diesem Zeitpunkt noch jung war. »Du konntest nicht anders handeln.«
Ermano blickte mir tief in die Augen. »Das würde ich auch gerne glauben. Wir waren schon immer eher Freunde als Meister und Geschöpf. Bis heute haben wir ein enges freundschaftliches Verhältnis.«
»Und Freunde helfen einander. Hättest du seinen Auftrag nicht angenommen, wäre ich jetzt nicht hier, sondern gefangen hinter den Mauern dieses dubiosen Internats.« Ich tätschelte Ermano besänftigend das Knie, als es an der Tür klopfte.
Isabella riss sie auf, ohne zu warten. »Die Zofe und die Schneiderin sind da. Du solltest die jungen Herren jetzt bitten, dein Zimmer zu verlassen. Wir müssen das Kleid sicher anpassen lassen«, schnatterte sie aufgeregt.
»Einen Moment noch Isabella«, sagte ich lächelnd und gab mir Mühe, meine körperliche Schwäche zu verbergen.
Mit beiden Händen zog ich Ermano von dem Stuhl auf dem er saß, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und schlang ihm meine Arme um den Hals. Während Giovanni in meinen Kopf knurrte und ein Meine anfügte, sagte er zu Ermano:
»Ich
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