Silent Control | Thriller

nicht mehr leisten.
    Würdevoll traten die Männer in den Raum und begrüßten den CIA-Chef. Es war eine exquisite Runde, die Clark trotz der nächtlichen Uhrzeit zusammengetrommelt hatte: der Leiter des Auswertungsteams, Robert Hunt vom NSA-Abhörzentrum in Utah, Charles Ervin, und Henry Milton, Abteilungsleiter für Computerkriminalität im Pentagon. Ihn hatte Clark schon bei der ersten Begegnung in die Mangel genommen. Die Runde wurde ergänzt von zwei Beamten des Verteidigungsministeriums. Alle ließen sich auf den bequemen Ledersesseln an dem kleinen Konferenztisch nieder.
    »Guten Abend, meine Herren«, eröffnete Clark das Meeting. »Da ich mich auf eine reibungslose Zusammenarbeit verlassen muss, erfahren Sie einige Hintergründe der anstehenden Maßnahmen. In den kommenden Tagen rechnen wir mit einer weiteren Zunahme der Unruhen. Dabei stützen wir uns auf die neuesten Auswertungen aller Daten in einschlägigen Foren und Blogs sowie auf Facebook und weitere soziale Netzwerke.«
    Schweigend hörten seine Gäste zu, tauschten aber vielsagende Blicke. Alle hatten von Mindvision gehört, doch dies war die erste Bewährungsprobe des neuen Programms.
    »Offiziell erhalten die Regierungen, Militärs und Polizeibehörden die Ergebnisse von Mindvision natürlich von der NSA«, fuhr Clark fort. »Die Daten werden bereits in diesen Minuten von Utah an das FBI und die lokalen Kommandanten der Nationalgarde übermittelt. Weitere Empfänger sind die Behörden jener Staaten, die sich unseren Richtlinien anschließen. Wir konnten Anonymous dank Mindvision bereits einen erheblichen Schlag versetzen. Aber das ist nur der erste Schritt unserer Gegenoffensive.«
    Erwartungsvoll sah der CIA-Direktor in die angespannten Gesichter der Männer. Noch immer kam kein Wort über ihre Lippen.
    Er stand auf, umrundete seinen Schreibtisch und blieb mit verschränkten Armen direkt vor seinen Besuchern stehen.
    »Sie kennen die Lage, meine Herren. In den südlichen Staaten Europas ist nach dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems nun auch die Versorgung mit Lebensmitteln bedroht. Das betrifft also im Besonderen Spanien, Griechenland, Italien und Portugal. Die Lage im Osten muss ich Ihnen gar nicht erst schildern, und wie es bei uns aussieht, wissen Sie am besten. Der friedliche Protest wurde durch die Internetkampagnen von Anonymous nun zur Eskalation gebracht. Wir stehen kurz vor dem Ernstfall, den wir befürchtet haben: ein Bürgerkrieg mit apokalyptischem Potenzial.«
    Der Chef des Abhörzentrums der NSA, Charles Ervin, ein drahtiger Mittfünfziger mit schütterem, rotblondem Haar, rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Sagen Sie, dramatisieren Sie nicht ein wenig?«
    »Dramatisieren?«
    Aufgebracht starrte Clark ihn an. Statt etwas zu erwidern, schaltete er einen Beamer ein. Aus der Decke fuhr automatisch eine Leinwand herunter, auf der jetzt die Karte der Vereinigten Staaten zu sehen war. Zahllose Zonen waren rot eingefärbt.
    »Nennen Sie das dramatisieren, verdammt? Mehr als ein Drittel der USA und fast alle Ballungszentren sind mittlerweile rote Risikozonen. Deshalb sind außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich. Sie werden mit dem Präsidenten sowie den Staatsund Regierungschefs auf dem Sondergipfel abgestimmt.«
    Der Zwischenruf hatte ihn irritiert, doch jetzt fand Clark in seine gewohnt dominante Pose zurück. Die Männer wirkten aufmerksam, zeigten aber keine Reaktion.
    Ich muss sie so diplomatisch wie möglich in meine Pläne einführen, überlegte der CIA-Direktor und verwünschte, wie so oft, die komplizierten Regelungen, die das politische Dickicht von Zuständigkeiten und Kompetenzen erforderten. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er in dieser Situation freie Hand haben müssen. In diesem Meeting fühlte er sich wie der Wolf im Märchen, der Kreide fressen musste.
    »Die aktuelle Lage macht mehr als deutlich, wie wichtig es war, die Verfassung bereits vor Jahren in Teilen außer Kraft zu setzen. Andernfalls wären uns die Hände gebunden, überhaupt adäquat darauf zu reagieren. Höchste Priorität muss sein, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Hier werden wir unseren Partnern schnell zu Hilfe kommen müssen.«
    Wieder war es Charles Ervin, der Überwachungsspezialist
    und promovierte Politikwissenschaftler, der sich zu Wort meldete. Nachdem er sich geräuspert hatte, lehnte er sich vor.
    »Roy, wir haben im letzten Jahrzehnt alles Erdenkliche getan, um die Behörden in Europa gegenüber den