Silent Control | Thriller
oder sogar einen Fernseher mitgehen ließ, gab er sich keine Mühe, das Gestohlene zu verbergen. Er ging einfach seelenruhig an der Kasse vorbei, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Die meisten Menschen, hatte der Freak erklärt, seien so programmiert, dass sie nur auf auffälliges Verhalten reagierten, auf Zeichen von Angst und Panik. Bewahrte man aber stoisch die Ruhe, ging das Risiko gegen null.
June Madlow sah auf die Uhr. Wenn sie tatsächlich unbemerkt zu Torben Arnström gelangte, hatte sie etwa zehn Minuten. Dann würde Orlando, wie zeitlich abgesprochen, einen Kurzschluss legen, der ihr eine Frist von etwa dreißig Minuten gewährte, um Arnström an einen Rechner zu setzen.
Leider gab es einige Unbekannte in dieser mathematischen Gleichung. Genau genommen, war Arnström selbst der Wackelkandidat. Es war schwer zu sagen, ob er zu seinem alten Kampfgeist zurückfinden würde und ob es ihm gelang, einen Kontakt nach außen herzustellen.
Irgendwie mussten sie es schaffen, Langley, das Weiße Haus, die Medien oder den Chef der amerikanischen Geheimdienste zu kontaktieren, um über den Putsch im Bunker zu berichten. Am meisten belastete June allerdings die Frage, ob Clarks Vorgehen möglicherweise von höchster Stelle abgesegnet worden war. In diesem Fall drohten ihr, abgesehen von der unehrenhaften Entlassung, immense Strafen – vielleicht sogar der elektrische Stuhl wegen Hochverrats. Dennoch: Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Präsident mit dem Einsatz der Psychowaffen einverstanden war. Er galt als liberal, im Gegensatz zum Hardliner Clark. Das war ihre Hoffnung.
Das Labyrinth der Gänge war fast menschenleer. Unbehelligt erreichte sie die Zelle von Torben Arnström und tippte den Code ein. Die Tür sprang auf, und sie glitt schnell in den Raum.
Sofort fiel ihr Blick auf Arnström, der in der hintersten Ecke auf dem Boden hockte, den Kopf zwischen den Knien. Er bot ein Bild absoluter Resignation.
»Mr. Arnström? Torben?«, sprach sie ihn halblaut an.
Sein Kopf ruckte hoch. »Was … was machen Sie hier?«
Mit angstgeweiteten Augen starrte er sie an.
Sein Anblick bestürzte die Agentin. Mit wenigen Schritten war sie bei ihm, kniete sich vor ihn hin und nahm ihn in den Arm. Reglos ließ er es über sich ergehen.
»Ich verstehe nicht … verstehe nicht …«, murmelte er vor sich hin.
»Ich will Ihnen helfen, Ihren Verstand wiederzufinden. Bitte, vertrauen Sie mir.«
Er hob den Kopf und starrte sie an. »Ihnen vertrauen?«
»Himmelherrgott, ich habe meinen Arsch riskiert, hier noch mal reinzukommen!« Sie zeigte auf die Apparatur, die quer auf ihrem Rücken baumelte. »Damit kann ich Ihr Hirn vielleicht wieder aufwecken!«
Torben sah an ihrem beschwörenden Blick, dass sie es ernst meinte.
»Was haben die mit mir gemacht? Ich kann kaum noch einen klaren Gedanken fassen, mein Kopf fährt Achterbahn. Als ob da drin was ist, was nicht da reingehört.«
»Pst, es dauert nur einen Moment.« June Madlow legte ihre Hand auf seine Stirn.
Dann schnallte sie das Impulsgerät ab. Beim Anblick der Apparatur fuhr Torben zusammen. Hastig versuchte er aufzustehen.
June drückte ihn sanft auf den Beton zurück.
»Sie müssen keine Angst haben, ich meine es gut mit Ihnen.«
Misstrauisch starrte Torben auf das Gerät, das June jetzt wie eine Waffe gegen ihn richtete. »Und was ist mit dem komischen Ding?«
»Der Erfinder hat es mir gegeben. Sie sind mental programmiert worden, Mr. Arnström. Und dieses ›Ding‹ kann das rückgängig machen.«
»Wieso sollte ich Ihnen glauben? Sie haben mich immer nur reingelegt«, stieß Torben hervor. »Harte Phase, Kuschelphase, dann wieder die harte Tour, was kommt jetzt? Das Finale? Bringen Sie mich jetzt um?«
June schüttelte den Kopf. »So viel Aufwand wäre dafür nicht nötig. Der Wissenschaftler hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, als er mir sein Werk überlassen hat. Und wir müssen uns beeilen!«
Als er nicht reagierte, nahm sie seine Hand. »Torben, begreifst du denn gar nicht, dass ich dir helfen will?«
Ihr weicher Tonfall und die Tatsache, dass sie ihn duzte und beim Vornamen nannte, verunsicherten ihn. Er fühlte sich wie auf einem Hochseil in schwindelnder Höhe über dem Abgrund. Aber welche Wahl blieb ihm noch?
»Also gut. Was muss ich tun?«
»Du musst nur für ein paar Sekunden in dieses Ding schauen«, sagte June Madlow und legte sich die Apparatur über die Schulter. Konzentriert öffnete sie eine kleine Klappe auf dem
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