Silent Control | Thriller
war kein Mensch auf der Straße zu sehen. Jetzt, am frühen Sonntagmorgen, schliefen die meisten noch.
Du siehst weiße Mäuse!
Er wechselte die Straßenseite und ging am Kanal entlang. Neben einem der Schiffe, die hier angelegt hatten, blieb er stehen und starrte die Häuser an, als ob er von ihnen Hilfe erwarten würde. Sie waren fast ausnahmslos in einem Rosaton gestrichen, der so gar nicht zu seiner Stimmung passte. Ein Zeichen von Trost gab es auch von ihnen nicht.
Plötzlich bog ein Geländewagen um die gegenüberliegende Ecke. Torben begann zu rennen.
KAPITEL 10
PENTAGON – WASHINGTON D.C.
Vor dem Westflügel des Pentagons fuhr eine schwarze Limousine nach der anderen vor. Alles wirkte minutiös geplant. Im Minutentakt lenkten die Chauffeure ihre Wagen in Richtung Eingang. Das Security-Personal schaute sich jedes Mal kurz um, bevor es die Wagenschläge öffnete. Die Gäste stiegen aus und verschwanden hastig im Gebäude, während schon die nächste gepanzerte Limousine nahte. Die Prozedur wiederholte sich ein Dutzend Mal, bis zuletzt Roy Clark vorgefahren wurde. Der Wagen rollte noch, als er schon die Tür öffnete und hinaussprang. Mehrmals rückte er sein Sakko zurecht.
»Sorgen Sie dafür, dass der Wagen in genau einer Stunde wieder bereitsteht«, befahl er dem nächststehenden Security-Mann. Dann fegte er die Stufen zum Eingang hoch. In einigem Abstand folgten ihm Robert Miles, mit einem Berg von Unterlagen, die ihm fast entglitten, und zwei Assistentinnen, die kaum Schritt halten konnten.
Clark kannte sich im Pentagon bestens aus. Ohne zu zögern, steuerte er einen offenen Lift an und drückte die Taste für den vierten Stock. Sein Gefolge schaffte es mit Mühe, den Aufzug zu erreichen, bevor sich dessen Türen schlossen.
Im vierten Stock angelangt, wurden sie von weiteren Sicherheitsleuten empfangen, die sie zu einem eleganten Konferenzsaal führten. An den sonnengelb gestrichenen Wänden hingen Porträts aller Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten von Amerika. In der Mitte des Raums stand ein großer ovaler Tisch, der mit feinster Damasttischwäsche bedeckt war. Weiße Liliengestecke und silberne Kerzenleuchter schmückten die Tafel, die mit schweren Kristallgläsern, Platztellern und Silberbesteck eingedeckt war. Das Wappen des Pentagons zierte auch das kleinste Silberteil.
Ein Stilbruch in diesem edlen Ambiente waren die Flat Screens, die über dem Tisch hingen. Sie waren so angeordnet, dass sie von jedem Platz aus ungehindert betrachtet werden konnten.
Etwa fünfzig Personen hatten auf Clark gewartet, die Spitzen der Administration von Washington. Ihr angeregtes Gemurmel erstarb, als Clark den Raum betrat. Erwartungsvoll sahen sie ihm entgegen, wie er mit seinem Gefolge hereinrauschte.
Der CIA-Chef genoss seinen Auftritt. Er straffte die Schultern und reckte das Kinn vor.
»Werte Gäste, darf ich zu Tisch bitten?«
Alle suchten daraufhin ihre Namen auf den Tischkarten aus Büttenpapier, und nach wenigen Minuten hatte jeder seinen Platz gefunden. Weiß livrierte Kellner erschienen im Gänsemarsch, einige schenkten Wein in die Gläser, andere servierten die Vorspeise, einen Hummercocktail mit Grapefruitspalten und Avocadomousse.
Ein paar winzige Schweißperlen standen auf Clarks Stirn. Heute war einer der wichtigsten Tage seines Lebens. Die Präsentation von Mindvision war die Krönung seiner glänzenden Karriere. Wer immer es wagen sollte, das infrage zu stellen oder zu bedrohen, sollte ihn kennenlernen, und so hatte er sich auch seinen Auftritt an diesem Tag wohl durchdacht. Unauffällig tupfte er sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Dann stand er auf und erhob sein Glas.
»Meine Damen und Herren, ich glaube, dieser Tag wird nicht so schnell in Vergessenheit geraten – zumindest nicht für die hier Anwesenden.« Stolz sah er in die Runde. »Was ich Ihnen heute vorführe, ist ein bahnbrechender Schritt für die nationale Sicherheit. Ein Schritt ohne Alternative. Ab jetzt wird es möglich sein, die Vereinigten Staaten nach innen und außen vor den Feinden unserer Ordnung zu schützen. Ich bin angetreten, den digitalen Krieg zu beenden!«
Kaum hatte Clark diese Sätze ausgesprochen, wurde seine Ansprache gestört. Die Tür öffnete sich, und zur Verblüffung der Anwesenden betrat Verteidigungsminister Bob Rodson den Raum. Alle nahmen unwillkürlich Haltung an. Er war ein untersetzter, glatzköpfiger Mann jenseits der sechzig, mit wachen Augen und der
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