Silent Control | Thriller
Tage brauchen, um die Funktionsweise zu verstehen. Und damit nicht genug: Das ganze Skript ist in einer uns völlig unbekannten Sprache geschrieben. Sobald wir versuchen, es offline zu öffnen, löscht es sich selbst. Online dagegen erschafft es sich innerhalb des Netzes neu und setzt sich wieder an die gleiche Stelle. So etwas habe ich noch nie gesehen. So was kriegt nur ein verdammtes Genie hin.«
Mit der rechten Hand strich sich Clark über die Wange. Fragend sah er Miles an. »Herrgott, können Sie denn nichts dagegen tun?«
»Noch nicht. Aber wir wissen ungefähr, woher der kleine Kerl gekommen ist. Es scheint mit einem Programm zusammenzuhängen, das wir ebenfalls noch nicht vollkommen verstehen«, antwortete Miles und tippte auf ein paar Tasten.
» Ungefähr können Sie sich dahin schieben, wo es nie hell wird!« Clark war in den Kasernenhofton verfallen.
Auf dem Bildschirm zog sich eine grüne Linie Punkt für Punkt über den Globus und blieb im Atlantik stehen. Die Linie sollte den Versuch bildhaft machen, die IP-Adresse des Absenders der Programme zu erfassen.
Entschuldigend hob Miles die Hände. »Wir werden leider ein paar Stunden brauchen, bis wir die Quelle haben.«
»Wer immer das ist, schleifen Sie ihn an den Füßen her! Ich kümmere mich persönlich um den Rest!«
»Sir, bei allem Respekt.« Erschrocken musterte Miles seinen Chef. »Bisher schadet das Programm niemandem. Es ist streng genommen einfach nur da. Wir wissen überhaupt noch nicht, was es kann.«
»Wie bitte? Was erzählen Sie da? Und das soll mich beruhigen?«
Clark trat gegen einen Papierkorb, der krachend umfiel und seinen Inhalt über den Boden entleerte. »Stellen Sie sofort ein Team zusammen! Ich will, dass Sie das Ding bis morgen früh geknackt haben! Ich hoffe Sie halten, was der Assistent Director von Ihren Fähigkeiten behauptet hat.«
Miles duckte sich, als erwartete er eine Kopfnuss.
»Sir, das ist völlig unmöglich.«
Anhand einer Grafik erläuterte er, wie ausgefeilt sich der Wurm und das Programm in mehreren Paketen auf unterschiedlichen Servern vernetzt hatte. Er vermutete, dass dem Programm noch etwas fehlte, um seinen wahren Zweck preiszugeben.
Miles stand auf und blieb leicht gebeugt vor Clark stehen, der wie ein Riese neben ihm wirkte.
»Dieses Programm hat ohne Zweifel ein unglaubliches Potenzial. Der Aufwand für die Herstellung muss enorm gewesen sein.«
Clarks Stimme senkte sich. »Kann es Mindvision gefährden?«
»Sir. Ich muss erst …«
»Keine Ausreden, Miles! Kann es oder kann es nicht?«
An Clarks Schläfe pulsierte eine geschwollene Ader.
Für Miles gab es keine Ausflüchte mehr. »Ich kann nicht ausschließen, dass Mindvision im Einsatz sogar enttarnt wird, es wird vielleicht Wochen dauern, bis wir das knacken.«
Wochen? Clark stierte auf den Bildschirm wie auf eine angreifende Giftschlange. So viel Zeit hatte er nicht mehr. Donnernd kehrte er in die Gegenwart zurück.
»In einer Woche soll Mindvision gestartet werden! Es wird alles in den Schatten stellen, was die Welt bisher gesehen hat! Alle erdenklichen Datenströme per Funk, Satellit oder Kabel laufen bereits bei der NSA zur Auswertung ein!« Er holte tief Luft. »Alle Arten der Kommunikation können wir überwachen und auswerten! Komplette Inhalte privater E-Mails und Telefonate, alle Bewegungen im Internet, alle Datenspuren, die jeder Idiot tagtäglich hinterlässt, vom Parkschein bis zum Kassenbon im Supermarkt. Mensch, Miles, ist Ihnen nicht klar, welche Tragweite das alles hat? Morgen präsentiere ich Mindvision im Pentagon! Ich muss wissen, wo wir stehen!«
Miles biss sich auf die Unterlippe und schwieg. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er es nicht wagte, seinem Chef weiter zu widersprechen.
Nun meldete sich Eliston zu Wort, der sich während der ganzen Zeit im Hintergrund gehalten hatte.
»Der Direktor hat recht. Wie stehen wir da? Da kann uns doch jetzt nicht so ein bescheuerter Wurm in die Quere kommen.«
»Es ist mehr als ein Wurm«, sagte Miles leise. »Es ist ein digitales Wunderwerk. Und wer immer ihn entwickelt hat …«
»… gehört an die Wand gestellt«, wütete Clark. »Sie werden mir dieses Schwein ans Messer liefern, und zwar auf der Stelle! Oder können Sie das etwa nicht?«
Miles wirkte immer verzweifelter. »Doch, schon, aber dafür muss ich das alles erst einmal beobachten. Im Moment ist das Programm noch nicht aktiv.« Auf seiner Stirn hatten sich inzwischen Schweißperlen gebildet. »Sir, ich
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