Silent Control | Thriller
Entnervt schaute Clark auf den Mann hinab. Lou Strieber war einer der hartnäckigsten Lobbyisten Washingtons. Er vertrat die Interessen der Großbanken und verteilte großzügige Wahlkampfgelder. Sein Einfluss war immens. Ihm hatte Clark zu verdanken, dass der Präsident ihn zum CIA-Boss ernannt hatte.
»Lou, nicht jetzt. Ich habe dringende Termine«, versuchte Clark ihn dennoch abzuwimmeln. »Sei so gut und ruf mich morgen an.«
Doch der Lobbyist ließ sich nicht so billig vertrösten. Sein Tonfall wurde fordernd, fast herrisch.
»Tut mir leid, Roy. Das kann nicht warten«.
Jeden anderen hätte Clark jetzt zurechtgewiesen, doch bei Lou Strieber musste er vorsichtig sein.
»Also schön, Lou. Was hast du auf dem Herzen?«
»Wir gehen am besten erst mal raus«, sagte Strieber in einem ruhigeren Ton.
Draußen strahlte die Sonne. Es war ein heiterer Tag. Bedrückend aber war, dass an der Wall Street und in einigen Städten der Ostküste Hunderttausende von Menschen das öffentliche Leben lahmgelegt hatten. Das belastete die ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Situation zusätzlich. Die Kreise, in denen Strieber sich bewegte, waren in höchster Alarmstimmung.
Während die beiden Männer unter den wachsamen Augen der Security auf dem Rasen vor dem Pentagon hin und her wanderten, kam Lou Strieber zur Sache.
»Die internationale Bankenorganisation hat in der nächsten Woche ein Meeting in London. Man erwartet, dass du teilnimmst. Was du heute präsentiert hast, ist von extrem hoher Relevanz. Dennoch müssen wir jetzt auf internationaler Ebene einiges abstimmen.«
Clark hatte gerade ganz andere Sorgen, wollte sich aber nichts anmerken lassen. Als ob es sich um eine Verabredung zu einem netten Kamingespräch handeln würde, legte er lächelnd eine Hand auf Striebers Schulter.
»Du kannst auf mich zählen. Es ist mir immer eine Freude, wenn ich dir behilflich sein kann.«
Strieber zuckte nicht mit der Wimper. Er hatte Gehorsam erwartet und Gehorsam bekommen. Nur andeutungsweise nickte er Clark zu. Dann ging er zu seiner wartenden Limousine und stieg mit einem letzten Winken ein, ohne sich auch nur umzudrehen.
Clarks Handy piepte.
Wir sind dran. Zielperson ist in Stockholm. Schwedische Behörden könnten uns in die Quere kommen!
KAPITEL 11
STOCKHOLM
Torben rannte, so schnell er konnte. Jetzt gab es hier nur noch Nova, die ihm helfen konnte. Er blickte sich um. Der Geländewagen war nicht mehr zu sehen. Dennoch durfte er kein Risiko eingehen. Er musste weg. New York! Vielleicht könnte dieser Hacker ihm weiterhelfen, Anonymous zur Räson bringen und ihm so lange Unterschlupf gewähren, bis Spygate sein Werk vollbracht hatte. Nebenbei hätte er zu gern gewusst, was der Unbekannte damit meinte, er könne sein Talent besser einsetzen. Was könnte ich schon Besseres tun, als die digitalen Waffen zu enttarnen, dachte Torben.
Als er um die nächste Ecke bog, hörte er einen Pfiff. Wenige Meter vor ihm tauchten zwei Männer auf. Er blickte um sich, doch Hilfe war nicht in Sicht. Noch immer waren die Straßen menschenleer. Er bog in die erstbeste Toreinfahrt und lief über den Hof in den angeschlossenen Garten. Er kletterte über einen vereisten Drahtzaun, ließ sich in ein verschneites Beet fallen und hastete weiter. Jetzt hatte er einen Vorsprung, immerhin.
Auf einem weiteren Innenhof lief er in die nächste Toreinfahrt. Als Kind hatte er in diesem Viertel mit seinen Freunden Räuber und Gendarm gespielt. Dass aus dem Spiel eines Tages bitterer Ernst werden würde, erschien ihm wie ein böser Traum.
Er drehte sich um. Noch keine Männer in Sicht.
Rechter Hand entdeckte er eine Kellertür. Er riss sie auf, blieb mit dem Fuß an der Schwelle hängen, suchte Halt. Vergebens. Polternd stürzte er die Treppe hinab. Sein Kopf schlug auf Stein. Der Schmerz traf ihn mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Er spürte, wie ihm warmes Blut über die kalte Stirn lief.
Benommen stemmte er sich hoch. Er lauschte auf Geräusche von oben, während er mit dem Ärmel seines Parkas die Blutung stillte. Ich sitze in der Falle, schoss es ihm durch den Kopf, und nicht nur ich. Vielleicht ist man auch schon hinter Nova her. Ich hätte auf sie hören sollen. Ich werde im Knast landen oder vielleicht sogar Schlimmeres.
Er sank auf eine Kohlenkiste. Sollte er sich stellen? Einen Deal aushandeln, um straffrei auszugehen? Möglicherweise konnte er ja in einigen Stunden Spygate wieder entfernen. Erschöpft wühlte er ein Lakritz aus der
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