Silent Control | Thriller
nicht wahr, Mr. Milton?«
Wieder nickte der Mann, diesmal etwas zaghaft. Ihm war sichtlich unwohl bei dieser Sache.
»Darf ich um den Namen Ihrer Tochter bitten?«, fragte der CIA-Chef.
Milton räusperte sich. »Lilly heißt sie, Sir, Lilly Milton.«
Clark grinste innerlich, als er den Namen in seinen Laptop eintippte. Binnen weniger Sekunden erschien auf den Flat Screens eine Maske, in der sich unaufhörlich Daten aufbauten.
Die Stimmung im Raum war angespannt. Niemand wagte, auch nur einen Schluck zu trinken. Alle starrten auf die Screens.
»Nun, Mr. Milton«, sagte Clark gönnerhaft, »dann schauen wir doch mal, ob Sie alles über Ihre reizende Tochter wissen.«
Der Beamte erblasste, während Clark seine Ergebnisse zum Besten gab.
»Ihre Tochter hat einen neuen Freund, hat sie Ihnen das erzählt? Hm, ein chinesischer Austauschstudent, eine durchaus aparte Wahl, möchte ich meinen. Und sie spart fleißig für eine Reise nach Europa. Lassen Sie mich schauen: Paris, Rom, Berlin. Die Hotels sind schon gebucht. Außerdem spendet sie regelmäßig für den Schutz der Wale. Greenpeace kann sich freuen.«
Der Abteilungsleiter öffnete seine Krawatte etwas. Seine Hände zerknüllten die Serviette. Aber Clark hatte längst noch nicht genug.
»Hoppla, Mr. Milton – die gute Lilly bevorzugt offensichtlich verruchte Bars. Sie gibt da eine ganze Menge Geld aus, hat offenbar eine Vorliebe für Champagner … Veuve Clicquot, Dom Pérignon, ich hoffe nur, sie kann sich das auf die Dauer leisten. Ihr Konto ist ja ziemlich überzogen.«
»Schluss jetzt«, flüsterte Milton, doch niemand achtete auf ihn.
»O je«, setzte Clark seine unbarmherzige Recherche fort, »sie hat letztes Jahr abgetrieben. Wie bedauerlich. Am besten, ich beende das Programm an dieser Stelle. Aber ich könnte Ihnen gern noch sagen, was Ihre Tochter in den nächsten Jahren so Buntes treibt.«
Mitleidlos sah er in das verzerrte Gesicht des Mannes, den er gerade gnadenlos vorgeführt hatte. »Möchte noch jemand mehr über seine nächsten Verwandten wissen?«
Eisiges Schweigen. Clark war klar, dass er sich mit seiner Demonstration keine Freunde gemacht hatte. Egal. Dafür war er auch nicht hier. Je drastischer er die Fähigkeiten von Mindvision vorführte, desto durchschlagender würde die Wirkung sein. Und sein Erfolg.
»So, meine Damen und Herren, das war nur ein banales Beispiel. Mit der Erweiterung dieses Programms können wir ermitteln, wer morgen nicht zur Arbeit erscheinen wird, und vor allem, wo er möglicherweise demonstrieren wird. In Zukunft können wir die Ergebnisse den Polizeibehörden für ihre morgendliche Einsatzplanung schicken. Langfristig werden wir damit alles unter Kontrolle bekommen, Demonstrationen, Hacker, Aufstände. Wir kontrollieren fortan das Spiel, und wer sich konform verhält, genießt weiter die großartigen Vorzüge unserer freien Gesellschaft.«
Gespannt blickte er in die Gesichter. Alle sahen ihn unverwandt an, doch niemand ließ erkennen, was er über Mindvision dachte. Zu offensichtlich war es, dass dieses Programm den totalen Überwachungsstaat einleiten würde.
Plötzlich fing jemand an zu klatschen. Es war der Verteidigungsminister. Wie in Zeitlupe schlug er seine Handflächen zusammen.
»Bravo, Roy!«
Damit war der Bann gebrochen. Sofort folgten alle seinem Beispiel. Der Applaus steigerte sich zusehends. Erleichtert sonnte sich Clark in seinem Erfolg. Ja, er hatte gewonnen. Wieder einmal. Er hatte es immer noch drauf.
Gerade als er sich bedanken wollte, spürte er sein Handy in der Jacketttasche vibrieren. Er holte es heraus und nahm das Gespräch an. Schon nach wenigen Sekunden vereisten seine Gesichtszüge. Er drückte sein Kreuz durch und beendete hastig seine Rede.
»Ich denke, Sie sind sich nun alle über das Potenzial einer Vernetzung zwischen NSA und CIA im Klaren. Ich erwarte Ihre Zustimmung binnen achtundvierzig Stunden. Mein Mitarbeiter Robert Miles wird Ihnen die weiteren Einzelheiten erläutern. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.«
Ohne ein weiteres Wort verließ Clark den Raum. Im Gehen tippte er eine SMS in sein Handy. »Zielperson beschatten, noch nicht festnehmen!«
Draußen auf dem Gang lehnte er sich aufgewühlt an die Seidentapete. Was er gerade erfahren hatte, war eine Katastrophe.
Ein kleiner Mann mit eisgrauen Haaren war ihm gefolgt. Er hatte an der Präsentation teilgenommen und war unbemerkt hinter Clark hergelaufen.
»Roy, wir müssen unbedingt reden.«
Auch das noch.
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