Silent Control | Thriller
Knast! Ich kann jetzt nicht einfach aufgeben, ich weiß, dass da was Großes läuft.«
Nova wurde allmählich selbst panisch. »Wie du meinst. Wenn du mich brauchst, dann geh mit deinem alten Pseudonym ins Darknet.«
Sie musterte ihn von oben bis unten. »Aber so kannst du nicht durch die Gegend laufen. Warte, ich habe vielleicht etwas, was dir passt.«
Sie verschwand in ihrem Schlafzimmer und kam mit einem alten Armeemantel zurück.
»Den habe ich mal auf dem Flohmarkt gekauft. Steht dir bestimmt gut. Und für den Kopf …« Sie überlegte angestrengt. Dann hellten sich ihre Züge auf. »Ein Basecap! Das verdeckt deine Wunde. Aber erst wasch dir das Gesicht. Du siehst aus wie ein Vampir nach dem Festmahl.«
Sie begleitete Torben ins Badezimmer und sah zu, wie er sich das blutverschmierte Gesicht vorsichtig mit Wasser und Seife wusch.
»Sag mal, wieso eigentlich die USA? Hamburg verstehe ich ja noch, aber Amerika?«
Torben trocknete sich das Gesicht ab. »Ich habe eine Einladung zu einem Hackerkonvent in NewYork bekommen. Keine Ahnung, ob mir das weiterhilft. Aber je weiter ich von Stockholm weg bin, desto besser.«
Überzeugt sah Nova nicht aus. Nachdenklich lehnte sie an der Badezimmertür. »Ich wünsch dir eine Riesenportion Glück!«
Die Gefühlsaufwallung übermannte Torben ohne Vorwarnung. Nova war die einzige Vertraute, die er noch hatte. Und vielleicht etwas mehr. Ohne lange zu überlegen, zog er sie an sich und umarmte sie. Er spürte, wie sie sich an ihn schmiegte. Dann löste sie seine Arme von ihrem Körper.
»Pass auf dich auf«, raunte sie dicht an seinem Ohr. »Ich brauche dich noch.«
Als sei ihr dieses Geständnis peinlich, wandte sie sich ab und holte den Mantel. Den blutverkrusteten Parka stopfte sie in eine Plastiktüte.
»Ich schmeiß ihn irgendwo in einen Mülleimer.«
Torben zog den Mantel an und setzte das Basecap auf, das Nova ihm hinhielt. Im Spiegel sah er einen Fremden. Auf den ersten Blick würde ihn jedenfalls niemand erkennen.
Nur schwer widerstand er der Versuchung, Nova zu küssen. Es wäre einfach nicht fair gewesen. Niemand konnte sagen, ob sie sich jemals wiedersehen würden. Er zwinkerte ihr nur aufmunternd zu und ging zur Wohnungstür.
Als er sich ein letztes Mal umdrehte, wischte sich Nova gerade eine Träne aus dem Augenwinkel. Diesen Anblick würde er nie wieder vergessen.
Behutsam drückte er die Klinke hinunter. Der Flur war leer. Er lief in den Keller und von dort auf den Innenhof. Nachdem er sich durch zwei Gärten geschlichen hatte, traute er sich in eine Nebenstraße und passte ein Taxi ab.
»Zum Hauptbahnhof, bitte.«
Der Fahrer war dunkelhäutig und sprach nur gebrochen Schwedisch. Der würde ihm kaum Schwierigkeiten machen. Torben seufzte tief. Sein Leben war ein Trümmerhaufen. Doch er war fest entschlossen zu überleben.
Am Hauptbahnhof hatte er Glück. Der nächste Zug nach Malmö ging in zehn Minuten. Torben sehnte sich nach Ruhe und buchte ein Schlafabteil für sich allein. In Malmö angekommen, würde er mit der Fähre nach Kopenhagen übersetzen und vielleicht schon am nächsten Morgen in Hamburg sein. Wenn alles gut ging.
Auf dem Bahnsteig starrten ihn Wartende an. Irritiert wich er ihren Blicken aus. Dann fiel ihm ein, dass er in seinem Aufzug wirklich ziemlich seltsam aussah. Die perfekte Tarnung, dachte er mit einem letzten Rest Galgenhumor. Nichts ist unauffälliger als solch eine auffällige Verkleidung. Wer kam denn auf die Idee, sich so verrückt auszustaffieren, wenn er sich unsichtbar machen wollte?
Im Gedränge des Bahnsteigs spähte er angespannt nach möglichen Verfolgern. Doch sosehr er auch Ausschau hielt, offenbar suchte ihn hier niemand.
Heb bloß nicht ab, Torben Arnström, ermahnte er sich, so wichtig bist du nun auch wieder nicht.
Der Zug fuhr in den Bahnhof ein. Nachdem Torben sein Abteil gefunden hatte, zog er sofort die Gardinen zu. Das Bett war bereits fertig für die Nacht. Endlich schlafen.
Er zog den Mantel aus und legte sich auf die Bettdecke. Sein Körper bebte. Jetzt, nachdem er in Sicherheit war, setzte erst der Schock ein. Alles tat ihm weh. Er fühlte sich wie zerschlagen. Er war in einem Albtraum gefangen, der ihn inzwischen drei Tage verfolgte. Doch es schien so real. So real wie die Schmerzen. Er nahm eine von Novas Tabletten und spülte sie mit dem Mineralwasser hinunter, das auf der Ablage am Fenster stand. Mit freundlichen Empfehlungen der königlich-schwedischen Bahn.
Während er sich wieder auf
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