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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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unmittelbar bevorstehenden Grenzübergang von Österreich in die Schweiz anzeigte. Nicht viel später tauchte auch schon die kleine, hell erleuchtete Grenzanlage auf.
    Vinzi reichte Plotek seinen Reisepass, und Plotek hielt den Wagen neben einem uniformierten Grenzbeamten an, der seine Hand zum Stoppzeichen hob. Plotek kurbelte das Seitenfenster herunter und hielt die Pässe wie Schnitzel zum Verzehr hin. Der Grenzbeamte griff danach, als hätte er Heißhunger, und warf dabei einen Blick in das Wageninnere. Augenblicklich schien alles klar zu sein.
    »Fahren Sie bitte kurz an die Seite.«
    »Was?«, kam von Vinzi, dem die Klarheit offenbar getrübt anmutete.
    »Wir sollen an die Seite fahren.« Plotek ahnte nichts Gutes.
    »Und machen Sie den Wagen aus.«
    »Was soll das jetzt?!« Vinzi war damit anscheinend überhaupt nicht einverstanden. Er schüttelte unentwegt den Kopf, als hätte man ihn mit Waffengewalt aufgefordert, die Hose herunterzulassen.
    »Ich denke mal, die wollen uns kontrollieren.« Plotek würgte den Wagen ab.
    Eigentlich kein Wunder, dachte Plotek. Er und Vinzi passten haargenau in das angelernte Verbrecherprofil jedweder Grenzer. Die beiden waren für die Rolle des Verdächtigen prädestiniert. So sahen Kriminelle aus! Drogendealer, Diebe, Räuber, Vergewaltiger, Mörder. Genau so! Die Bösartigkeit bekam durch sie ein Antlitz. Zumindest in den Augen der Grenzbeamten, die natürlich über das eindimensionale Klischee eines Kriminellen nie hinausblickten. Deswegen fingen sie in der Regel ja auch nur die kleinen und dummen Fische. Bei den großen und schlauen griff das Muster nicht, versagte das Raster. Da gingen sie leer aus. Dass das dann auf die Dauer frustrierte, leuchtete ein. Plotek und Vinzi hingegen steckten fest in den exekutiven Koordinaten wie einbetoniert: auffällig, verdächtig und somit unbedingt zu überprüfen. Dass da dann ein wenig Freude bei der diensthabenden Grenzpatrouille aufkam, leuchtete ebenfalls ein.
    Nachdem Plotek an den Seitenstreifen der Grenzanlage gefahren war und während die Pässe in der Grenzbaracke vermutlich mit allen Zentralcomputern dieser Welt abgeglichen wurden, wies der Grenzbeamte nüchtern und routinemäßig Plotek an, den Kofferraum zu öffnen.
    »Ist auf!«, ging Vinzi dazwischen und grinste verdächtig dabei. Womöglich um ein wenig Lockerheit ins doch sehr angestrengt wirkende Kontrollspiel zu bringen. Der noch sehr junge Grenzbeamte, mit leichtem Bartflaum über der Oberlippe und unreiner Haut an den Wagen, schien sich davon aber nicht irritieren zu lassen. Sein Blick blieb finster.
    »Würden Sie bitte aussteigen?« Der Ton klang freundlich, aber bestimmt.
    Plotek und Vinzi stiegen aus. Wobei der Grenzer, als er den kleinen Vinzi ohne Beine erblickte, doch ein wenig verwirrt schien. Eine leichte Röte schmiegte sich an die Pickel. Entweder rührte das kurze Flackern in seinem Blick vom vorübergehenden Mitleid her oder von dem Wissen, auf dem richtigen Wege der Verbrechensbekämpfung zu sein. Soll heißen: Der Verdächtige ist so lange verdächtig, bis er überführt ist. Oder: Wer ohne Schuld ist, ist noch lange nicht unschuldig.
    Plotek öffnete den Kofferraum. Der Beamte schien nach einem Blick in den selbigen plötzlich völlig überfordert zu sein. Was er da sah, verschlug ihm offenbar den Atem. Es sah ganz so aus, als wollte er sich gleich übergeben. Tat er dann aber doch nicht. Die Augenlider zwinkerten wie verrückt, als könnten sie sich nicht zwischen auf und zu entscheiden. Die Pickel auf den Wangen leuchteten wie Glühwürmchen. Der junge Mann schluckte mehrmals, räusperte sich, sagte aber nichts. Trotz strammem Denkvorgang schien er mit dem Verständnis zu hadern. Dass Menschen Zigaretten, Alkohol und Drogen schmuggeln, ja. Das ist möglich, üblich und kaum zu unterbinden. Dass Menschen Menschen schmuggeln, kommt auch hin und wieder vor. Aber Rehe?
    »Ist das tot?«, fragte er dann, wie man fragt: »Sind Sie der Mörder?«
    »Sieht ganz so aus«, entgegnete Vinzi und grinste wieder.
    Tote Rehe? Damit konnte der Grenzbeamte offenbar nicht umgehen. Das hatte er vermutlich auf der Polizeischule, die er höchstwahrscheinlich noch gar nicht lange hinter sich hatte, nicht gelernt. Womöglich hatte er bei der entsprechenden Unterrichtseinheit geschlafen. Und überhaupt: Handelt es sich dabei eigentlich um Schmuggelware?, schien der junge Grenzbeamte zu überlegen. Er entschied, durch eine investigative Befragung dem Tatbestand auf den

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