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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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etwa fein zu
uns?“
    „Sie waren sehr erschrocken“,
erklärte Ruth, „und da kann man schon mal vergessen, höflich zu sein.“
    „Ruth hat nicht so unrecht“,
sagte Silvy hoheitsvoll, „es wird wirklich Zeit, daß du anfängst, dich im
Umgang mit Herren zu üben. Wenn du so weitermachst, kriegst du nie einen Mann.“
Katrin blieb mitten im Regen stehen. „Nun sag mal, bist du denn ganz verrückt
geworden? Ich soll mich jetzt schon um einen Mann kümmern? Ich weiß ja
überhaupt noch nicht, ob ich jemals heiraten möchte, und wenn, dann bestimmt keinen
so dummen Lümmel wie Peter oder Paul!“
    „Du bist unverbesserlich“,
tadelte Silvy.
    „Ich!?“ schrie Katrin. „Und
wer, bitte, ist im Regen herumgesaust und hat den Arzt herbeigelockt? Ja,
stimmt, du hast mich begleitet, Ruth, das war famos von dir. Aber findet ihr
nicht, daß Leonore sich ruhig hätte bedanken können?“
    „Das tut sie wohl noch“,
versuchte Ruth sie zu beruhigen. „Dazu hätte sie auch allen Grund“, sagte
Silvy, „denn wir sind ganz schön hereingefallen. Statt der versprochenen Party
hat es gar nichts gegeben, nicht einmal ein Stück Kuchen. Und unsere Geschenke
hat sie trotzdem kassiert, denn die konnten wir ja nicht gut wieder mitnehmen.“
    „Und ganz umsonst schöngemacht
habe ich mich auch“, maulte Katrin, „sogar die Haare habe ich mir gewaschen.
Habt ihr überhaupt mein umwerfend schickes Kleid beachtet?“
    „Du bist wirklich zu bedauern“,
sagte Silvy, „jetzt stehst du da mit deinem geschrubbten Hals.“
    Ruth lachte. „Wißt ihr was“,
schlug sie vor, „wir kratzen unsere Pfennige zusammen und gönnen uns in der
Milchbar ein Stück Kuchen oder ein Eis, denn eine kleine Stärkung haben wir
nach all den Aufregungen und Enttäuschungen bestimmt verdient.“
    „Das ist die Masche!“ rief
Katrin. „Dann kann ich wenigstens noch mein Kleid zur Geltung bringen.“
    „Und ich auch“, sagte Silvy.
    Sie hakten sich beieinander ein
und strebten im Sturmschritt dem verlockenden Ziel zu.
     
     
     

Wandertag
     
    Am Montag darauf war Wandertag.
Die Schülerinnen der sechsten Klasse trafen sich mit Frau Dr. Mohrmann an der Bushaltestelle
Maxplatz. Alle hatten sich entsprechend ihrem Geschmack und ihren Möglichkeiten
für den Klassenausflug kostümiert.
    Die Klassenlehrerin trug einen
leicht ausgestellten Tweedrock, dazu eines ihrer geliebten Twinsets, diesmal in
Knallrot, und hatte für alle Fälle einen Regenmantel auf den Rucksack
geschnallt. Katrin kam in Bundhosen, richtigen Wanderstiefeln mit gestrickten
Socken darin, mit Pullover und Windjacke; sie wirkte am sportlichsten. Olga
führte ihren neuen flaschengrünen Hosenanzug mit Weste und weißer Bluse aus,
über dem ihr rotes Haar wie ein Farbklecks leuchtete. Silvy hatte ihre Mutter
davon überzeugen können, daß ein elegantes hellblaues Kostüm das richtige für
einen Klassenausflug wäre; sie merkte, sobald sie zu den anderen stieß, daß
ihre Kleidung nicht passen wollte, und ärgerte sich — nicht etwa über ihren
eigenen Fehler, sondern darüber, daß sie in ihrem feinen Aufzug nicht so zur
Geltung kam, wie sie erhofft hatte. Auch die kleine Ruth sah in einem fröhlich
gemusterten Kilt, der mit einer mächtigen Sicherheitsnadel geschmückt war,
dunkelblauem Blazer, Kniestrümpfen und handgenähten Sportschuhen wie aus einer
Modezeitung geschnitten aus, nur, im Gegensatz zu Silvy, aus der richtigen
Seite. Nur Leonore hatte ein gewöhnliches Schulkleid und ihren gewöhnlichen
Anorak an, so, als wenn sie das erste beste angezogen hätte, was ihr in die
Hände gefallen war, und so war es auch tatsächlich, denn seit ihre Mutter im
Krankenhaus lag, hatte sie keine Zeit mehr für Kleidersorgen.
    An der Haltestelle herrschte
ein starkes Gedränge, weil auch noch viele Erwachsene auf einen Bus warteten,
der sie zur Arbeitsstelle führen sollte. Die Mädchen begrüßten sich lebhaft und
schwätzten vergnügt durcheinander.
    Frau Dr. Mohrmann warf einen
Blick auf ihre Armbanduhr, dann klatschte sie in die Hände, um die
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Sind alle da?“ rief sie. „Wir wollen doch
gleich einmal abzählen!“
    „Oh, bitte nicht!“ rief Silvy,
die neben ihr stand.
    „Wieso denn nicht?“ fragte die
Lehrerin ganz erstaunt. „Was hast du dagegen?“
    „Diese Abzählerei wirkt so
kindisch“, behauptete Silvy.
    Frau Dr. Mohrmann lachte. „So
ein Unsinn! Ohne Abzählen geht es nicht. Ich muß doch wissen, wieviel wir sind,
wenn wir

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