Silvy will die Erste sein
nichts verändert werden, ehe...“
„Jetzt mach aber mal einen Punkt!“
fuhr Olga sie an. „Bei dir piept es ja gewaltig. Schließlich handelt es sich
hier nicht um ein Verbrechen...“
„Woher willst du das wissen?
Warst du etwa Zeuge? Als wir das Haus betraten, hörten wir einen Schrei und
einen Plumps. Frau Müller war allein im Zimmer, die Terrassentür stand offen,
es ist also theoretisch sehr gut möglich, daß sich ein Verbrecher
hereingeschlichen und die Leiter umgestürzt hat!“ erklärte Silvy, ganz beglückt
über ihren eigenen detektivischen Scharfsinn.
„Junge, Junge, du hast dir
entschieden zu viele Krimis angesehen!“ sagte Olga.
„Es war bestimmt ein Unfall...“
schluchzte Leonore, die neben ihrer Mutter kniete, „die Leiter war doch kaputt
und...ach, bitte, bitte, Olga, hilf mir doch, Mutti auf die Couch zu legen.“
„Das wäre reiner Wahnsinn“,
widersprach Olga, „nicht etwa, weil ich so durchgedreht wie Silvy bin und an
ein Verbrechen glaube...“
„Warum denn dann?“ rief Silvy.
„Weil wir nicht wissen, was
Leonores Mutter fehlt. Sie kann innere Verletzungen haben... ich bitte dich, Leonore,
nimm dich zusammen, das muß ja nicht sein, aber man muß in solchen Fällen jede
Möglichkeit berücksichtigen. Wir dürfen deine Mutter nicht bewegen, bevor wir
genau wissen, was ihr fehlt...“
„Du kannst uns was erzählen!“
rief Silvy. „Soll ich dir mal was sagen? Du willst dich bloß wichtig machen,
sonst gar nichts...“
„Und du schließt wieder mal von
dir auf andere, Silvy! Aber du irrst dich, ich weiß nämlich Bescheid. Mein
Bruder Hartmut hat einen Kursus in Erster Hilfe mitgemacht und lange Vorträge darüber
gehalten.“
Olga fuhr sich mit beiden
Händen durch ihr kurzgeschnittenes rotes Haar. „Ach, wenn die Jungen doch schon
da wären!“ rief sie und konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor eine solche
Sehnsucht nach ihren Brüdern gehabt zu haben, denn sie fühlte, daß sie der
Situation auf die Dauer nicht gewachsen war und selber nahe vor einem
Tränenausbruch stand. Und Tränen waren bei ihr verpönt.
In diesem Augenblick öffnete
Frau Müller die Augen, blinzelte und fragte: „Was ist los? Warum liege ich...“
Sie hob den Kopf, ließ ihn aber gleich darauf mit einem kleinen
Schmerzensschrei wieder sinken.
Mit Mühe unterdrückte Leonore
die Tränen. „Du bist von der Leiter gefallen, Mutti, erinnerst du dich nicht?
Es hatte geklingelt und...“
Frau Müller sah zu den festlich
gekleideten Mädchen auf. „Mein Armes“, sagte sie und tastete nach Leonores
Hand, „jetzt habe ich dir deine Party verdorben.“
„Aber Mutti, das ist doch jetzt
ganz egal! Bitte, sag mir, hast du Schmerzen?“
„Wenn ich ruhig liege, nicht.“
„Ich wollte schon die ganze
Zeit die Funkstreife anrufen“, sagte Silvy, „aber Olga und Leonore...“
Es klingelte an der
Wohnungstür.
„Da sind die Jungen!“ rief Olga
und stürzte, ganz erleichtert, hinaus.
Aber es war Dr. Horn, gefolgt
von Katrin und Ruth, der Einlaß begehrte. Der Arzt legte Mantel und Hut ab,
während die beiden Mädchen ihm in ihrem Regenzeug in das Wohnzimmer
vorausgingen.
„Sehr vernünftig, daß ihr die
Patientin habt liegen lassen“, sagte Dr. Horn, und er kniete sich neben Frau
Müller.
Olga konnte es nicht unterlassen,
Silvy hinter seinem Rücken die Zunge herauszustrecken.
„Haben Sie Schmerzen?“ fragte
der Arzt.
„Wenn ich den Kopf bewege“,
erklärte Frau Müller und zwang sich ein Lächeln ab.
„Wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung.“
Er sah das abgewinkelte Bein und tastete es ab. „Und ein Bruch des
Unterschenkels. Ich werde Ihnen jetzt eine Spritze geben...“ Er öffnete seine
Bereitschaftstasche.
„Warum?“ fragte Frau Müller.
„Sie stehen jetzt noch unter
dem Einfluß des Schocks, deshalb spüren Sie nichts. Ich gebe Ihnen deshalb ein
Medikament, das gegen den Schock wirkt und gleichzeitig die später auftretenden
Schmerzen eindämmt.“ Er wandte sich an die Mädchen. „Bitte, laßt mich jetzt mit
der Patientin allein.“
„Aber...“ wollte Leonore
protestieren.
„Hinaus mit euch!“ sagte Frau
Müller. „Hört ihr nicht, was der Herr Doktor gesagt hat.“
Sie verzogen sich in die kleine
Diele, wo Ruth und Katrin ihre Regenkleidung ablegten, und so konnten sie Olgas
Brüder und ihren Freund Gerd abfangen. Hastig erzählten sie ihnen, einander
unterbrechend und sich gegenseitig ins Wort fallend, was passiert war.
„Kurzum, die Party
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