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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Haipl
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ein Handtuch und ein paar Socken gedacht habe, hat Verena die Sporttasche mit einem Sortiment an Schuhen gefüllt, das für die Ausstattung von »Sex and the City« gereicht hätte. Ich bin etwas überfordert, und außerdem trauere ich immer noch meinem Laptop nach. (Warum er? Warum mir? Und warum gerade jetzt? Arschloch!) Ich kann schlecht sagen, dass ich eine halbvolle Sporttasche gemeint habe, wenn ich »Sporttasche« gesagt habe. Fluchend und schwitzend (es ist endlich so richtig Sommer in Wien, mit schwüler Hitze, einem keifenden serbischen Hausmeister und einem Ambiente, das einen auf die Hölle hoffen lässt) räume ich unsere beiden Trolleys aus, schichte um und beschließe, dass ich mit fünf Unterhosen und sieben Shirts vierzehn Tage auskommen werde. Werde müssen. Außerdem überlege ich mir den Wortlaut für einen Kundenbrief, den ich an Mazda schreiben werde:

    Liebe Firma Mazda!
    Wenn Sie in Ihren Prospekten schon behaupten, dass der Kofferraum des MX5 sehr klein ist (also wirklich winzig), warum schreiben Sie dann nicht dazu, dass Sie das ernst meinen? Also wirklich hundertpro ? Klar, Sie haben mich gewarnt, aber wie soll ich wissen, dass Sie mit »klein« »so klein« meinen?

    Herzlichst,
    Ihr Clemens Haipl

    Ich glaube, ich werde diesen Brief doch nicht schreiben. Die Angst, für blöd gehalten zu werden, ist mir zu groß.
    Egal, ich bin ein Gentleman, wäre zumindest gerne einer, und finde mich damit ab, dass Klischees nicht zwangsläufig falsch sein müssen und dass Vorurteile auch etwas mit Urteilen zu tun haben: Frauen brauchen mehr Gepäck als Männer. Ist so. Nein, ich will darüber nicht diskutieren. Ja, ich bin ein Sexist. Natürlich, ein ganz ein blöder. Ja, gern geschehen. Noch was?
    Der Bolide ist beladen, und ich kann mir nicht verbeißen anzumerken, dass wir hoffentlich unterwegs kein Löschblatt finden, dass so liebreizend ist, dass wir es unbedingt kaufen und mit uns nach Hause nehmen müssen. Es ist nämlich kein Platz mehr im Auto. Nada! Auch eine Art, den fortschreitenden Kommerz zu bekämpfen.
    Auf geht’s. Stadtautobahn, Richtung Süden, Steiermark. Und gleich wieder runter und ab zu der nächstgelegenen Filiale des Automobilclubs meines Vertrauens. Meine Nummerntafel droht nämlich damit, sich selbstständig zu machen. Langes Anstehen am Schalter, und wieder habe ich das Gefühl, sehr alt und bieder zu sein. Eingekeilt zwischen Menschen, die Autoreiseversicherungen für ihren Urlaub in Caorle abschließen wollen, und solchen, die sich nicht zwischen Duftbäumen in Maracuja oder Erdbeere entscheiden können, warte ich, bis ich endlich dran bin. »Nummerntafel, hä?« Für diese Erkenntnis der Dame hinterm Schalter habe ich jetzt zwanzig Minuten gewartet. Großer Gott, ich brauche Geduld. Geduld, Vertrauen und Liebe.
    »Okay, sagen wir, es ist eine Panne .« Mir doch egal. Ich hätte nur gerne, dass jemand die Nummerntafel festschraubt, damit ich weiterfahren kann. »Okay, eine halbe Stunde zirka, dann werden Sie aufgerufen .« Wie bitte? Ich soll eine halbe Stunde warten, damit einer der vier gelangweilten Mechaniker einen Schraubenzieher in die Hand nimmt und zwei (in Zahlen: 2) Schrauben festzieht? Leckt mich am Arsch, ich fahre einfach so weiter. Mit wackeliger Nummerntafel. Und dem ersten Polizisten, der mich aufhält, sage ich, okay, er soll lieber zum ARBÖ gehen.
    Das Navigationsgerät führt mich sicher ans Ziel, und die Fahrt, die laut Routenplaner eigentlich zwei Stunden dauern sollte, dauert zirka drei Stunden. Das Geheimnis seines Erfolges: Das Navi lenkt mich von der Autobahn herunter und auf Straßen, die in ihrem Leben bestimmt schon mehr Pferde als Reifen gesehen haben. Eh nicht schlecht. Gerade im Roadster macht Kurven fahren bei offenem Verdeck richtig Spaß. Ich stehe auf so was. Aber warum fragt mich der Trottel im Navi, ob ich über die Autobahn fahren will, wenn es ihm ohnehin scheißegal ist?
    Nach einer längeren, aber durchaus vergnüglichen Fahrt durch eine pittoreske Landschaft gelangen wir also nach St. Jakob im Walde. Und ich bin beeindruckt. Hier ist es so richtig schön. Ich denke nicht mehr an meinen Laptop, nicht an die wahnsinnigen Medienmenschen, nicht an die entmenschten Halbtiere in meinem Block... ich bin in St. Jakob. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, die Berge grün, und es gibt jede Menge Parklätze.
    In der Kirche von St. Jakob im Walde gibt es außerdem eine Reliquie von Kaiser Karl zu bewundern.

    Der letzte Kaiser von

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