Sind wir bald da
was willst du mehr? Weil wir darauf keine Antwort wussten, sind wir dort geblieben. Die Gasthöfe Krutzler und Orthofer waren unsere Freunde. Okay, warum kleine Mädchen pausenlos kreischen müssen, wenn sie nicht gerade den deutschen Akzent aus Ponyhof-TV-Serien imitieren, weiß ich noch immer nicht. Aber bitte. Wir sind sehr früh aufgestanden, weil wir tatsächlich geglaubt haben, wir könnten St. Jakob- Breitenau , St. Jakob bei St. Andrä und St. Jakob im Rosental quasi en passant abchecken und dann nach St. Jakob in Südtirol weiterdüsen. Haha, der war gut.
Aber! Von St. Jakob im Walde nach St. Jakob- Breitenau gibt es eine traumhaft kurvige Straße, die ausreicht, um die Erfindung des Roadsters zu rechtfertigen. Beim Tanken habe ich noch dafür gesorgt, dass ein junger Steirer etwas zu lachen hat, weil ich nicht imstande war, die Kombination aus Selbstbedienung, Chipkarte und Kassenbon in den richtigen Zusammenhang zu bringen. Damit er es sich nicht denken musste, habe ich beim Zahlen sicherheitshalber gleich entschuldigend »depperter Weanabazi « gesagt.
Dann aber! Es mehren sich Schilder und Plakate, die auf die Heimat der berühmten Stoakogler hinweisen. Das sind jene Helden, die die Welt mit » Steirermen san very good « zu einem besseren Platz gemacht haben. Au fein, das gefällt uns. Da sucht man den hl. Jakob und findet am ersten Tag den Kaiser Karl und am nächsten die Stoakogler . Das Leben ist schön! Wir erreichen nach wenigen Kilometern das » Stoanineum «, eine »einzigartige Harmonikaschule« mit angeschlossenem » Stoanihaus « inklusive »Erlebnisausstellung 40 Jahre Stoakogler mit Media-Show, Kino und Bauernstube !« Wie ein geheimes Einsatzkommando quietsche ich den Boliden in den Parkplatz. Wir springen bei laufendem Motor aus dem Wagen, bewaffnet mit iPhone und Digitalkamera, und fotografieren diese Stätte volkstümlichen Wahnsinns von allen Seiten. Wir wollen uns schließlich an diesen Moment der Erkenntnis, als wir den Stoakoglern nahe waren wie nie zuvor und nie danach, wenn wir es vielleicht selbst nicht mehr glauben können, erinnern.
Als wir keine dreißig Sekunden später wieder in Bruce springen (wir erinnern uns, ich habe ein sehr persönliches Verhältnis zu meinem Auto) und mit rauchenden Reifen Richtung St. Jakob sausen, folgen uns fragende Blicke unter silbergraublauen Dauerwellen hervor. Und auch die Damen im Gastgarten des Stoanihauses sind von unserer Performance ein bisschen überfordert. Wir selber auch. Ich zumindest.
Nach einem solchen Höhepunkt kann es zwangsläufig nur ein wenig bergab gehen. Das meine ich nicht einmal wertend. Aber wie soll man nach der Postkartenidylle von St. Jakob im Walde der sich neben uns auftürmenden Fabrik bei St. Jakob- Breitenau gerecht werden. Berge und Natur sind irgendwie schöner als Silos und Schotterhalden. Finde ich wenigstens. Dem Vernehmen nach wird hier Magnesit gefördert und verarbeitet. In nicht zu geringer Menge, wie die Riesenanlage vermuten lässt. Angeblich werden daraus Feuerfestprodukte hergestellt. Dieser Teil der Steiermark kann also schon mal nicht abgebrannt werden. Immerhin ein Vorteil gegenüber St. Jakob im Walde, wenn man sich der Ereignisse im Frühjahr 1945 entsinnt. Neben den beiden Wallfahrtskirchen St. Erhard und Schüsserlbrunn gibt es in St. Jakob- Breitenau auch eine tadellose öffentliche Toilette, mitten am Dorfplatz. Außerdem ein Gasthaus, das Gemeindeamt, eine Kirche, das Postamt und eben eine öffentliche Toilette. Wir haben sowohl die Damen- als auch die Herrenabteilung getestet und für gut befunden. »Frisch, sauber, appetitlich«, wie es oft auf Home Shopping Europe heißt. Und für jedermann geöffnet! Das ist christlich, würdig und recht. Wenn man also dringend beten möchte und seinem Leib Erleichterung verschaffen mag und nichts gegen gewaltige Industrieanlagen hat — dann ist St. Jakob- Breitenau durchaus eine Reise wert.
Außerdem sind die Menschen auch hier ausnehmend freundlich, sprechen einen sogar trotz Wiener Kennzeichen an und grüßen sehr freundlich. Das macht tatsächlich Freude, mir wird warm ums Herz. Im Anschlagkasten vor dem Gemeindeamt hängt neben den üblichen Verlautbarungen und dem Hinweis auf die Amtsstunden auch ein Foto von der Feier zum siebzigsten Geburtstag des Altbürgermeisters. Daneben einige Bilder von jungen Müttern mit ihren wenige Tage alten Kindern, Firmenjubilare usw. Ist doch nett!
St. Jakob- Breitenau liegt übrigens auf 607 Meter und
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