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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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erobert.
    Einen Moment lang hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er sich Sorgen um seine Karriere machte. Dann erfasste ihn wieder diese makabre Aufregung, die er am Morgen auf dem Weg hierher empfunden hatte. Vielleicht brachte der Fund ja den Durchbruch, den er brauchte, um eine überaus schwierige Ermittlung wieder in Schwung zu bringen, die monatelang auf der Stelle getreten war, ehe der scheidende Leiter des M.C.S. sie mit einer Mischung aus Erleichterung und Widerwillen an Fenwick übergeben hatte.
    »Der hier ist eine harte Nuss, Andrew«, hatte er gesagt. »Wir sind keinen Schritt weitergekommen, dabei haben wir wirklich alles versucht. Wir hatten von den Amis den Tipp bekommen, dass irgendwo in unserem Einsatzgebiet ein ausgeklügelter Pädophilenring arbeitet. Die haben in Florida einen Briten verhaftet, und der ist geständig. Er behauptet, er habe früher, bevor er in die USA ging, für einen Ring in Sussex gearbeitet, der ziemlich groß sein soll und schon länger aktiv ist. Der einzige Name, den er liefern konnte, war ein gewisser Joseph Watkins, und mithilfe einer Kinderpornoseite, die sie infiltrieren konnten, haben sie ihn tatsächlich aufgespürt. Aber als wir Watkins’ Wohnung durchsucht haben, war sein Computer sauber. Fragen Sie mich nicht, woher er wusste, dass wir kommen, aber er hat es gewusst. Danach haben wir ihn überwacht, aber kurz darauf hat er das Land verlassen – wir hatten keine Beweise, nichts, um ihn festhalten zu können.«
    Selbst als andere Fälle vorrangig behandelt werden mussten, hatte Fenwick ein kleines Team in der Sache weiter ermitteln lassen, die Soko Chorknabe. Die Mitarbeiter der Soko legten keine große Begeisterung an den Tag, weil sie die Sache für hoffnungslos hielten, und die anderen machten oft genug ihre Witzchen.
    Joseph Watkins war fünfundfünfzig, im Ruhestand und wohlhabend. Es gab Gerüchte, dass er mal Söldner gewesen war und davor beim Geheimdienst, aber mehr Informationen hatten sie nicht. Fenwick hatte zunächst den Bekanntenkreis von Watkins unter die Lupe genommen, und dabei waren etwa ein Dutzend mögliche Verdächtige herausgekommen, die er von seinem Team durchleuchten ließ. Keiner der Männer suchte die einschlägig bekannten Anlaufstellen für Kinderprostitution in West Sussex auf, und alle führten offenbar ein seriöses Leben, doch Fenwick wollte nicht aufgeben. Nach drei Monaten standen auf der Liste nur noch zwei Männer, deren Verhalten Anlass für weitere Ermittlungen geliefert hatte. In den Wochen danach hatten sie eine Reihe von Adressen zusammen, die diese Männer regelmäßig aufsuchten. Zwei waren recht unauffällig: ein Club in Burgess Hill und zu seinem Erstaunen auch der Harldener Golfclub in den Downs.
    Die Verdachtsmomente reichten nicht mal für einen Durchsuchungsbefehl, daher konzentrierte er sich im Augenblick darauf, ihre Aktivitäten genau zu beobachten. Es war eine mühsame Arbeit, aber er konnte wenn nötig auch geduldig sein, und das M.C.S. war groß genug, um seine halboffizielle Arbeit abzudecken.
    Zugleich ließ er einen anderen Mitarbeiter die Vermisstenkarteien durchgehen und alle Fälle sichten, bei denen es um sexuellen Missbrauch von weißen Jungen zwischen neun und fünfzehn ging. Bislang war keiner der beiden Männer darin irgendwo namentlich erwähnt worden.
    Dann war Sam Bowyer verschwunden, und die theoretische Arbeit hatte eine neue Dringlichkeit angenommen, obwohl die landesweite Suche nach dem Jungen seit vier Tagen erfolglos geblieben war.
    Während Fenwick bei der Bergung des Kinderskeletts zugeschaut hatte und mit Erleichterung erkannte, dass es nicht Sam sein konnte, hatte er sich gefragt, welches der frechen Gesichter auf den alten Schulfotos in den Vermisstenakten einst den Schädel bedeckt hatte, der jetzt auf dem Weg in die Londoner Gerichtsmedizin war, um dort im Interesse der Gerechtigkeit vermessen und untersucht zu werden.
    Fenwick bückte sich, hob eine Handvoll Erde auf und drückte sie zu einem Klumpen zusammen. Sie war leicht und bröckelig, eine dünne Haut über den Kreidefelsen, aus denen die Downs bestanden. Er öffnete die Hand, ließ die Erde fallen wie in ein Grab, wischte sich die Hände ab und seufzte tief in Gedanken an den Jungen, der hier in einem namenlosen Grab verwest war, während seine Eltern in einem Vakuum trauerten und vielleicht noch immer verzweifelt hofften, dass er noch lebte. Falls die Zähne des hier gefundenen gut erhaltenen Unterkiefers zu einem Kind in

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