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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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die Anwesenheit eines Anwalts zu verlangen, vernahm sie ihn etwa eine halbe Stunde lang, indem sie seine ursprüngliche Aussage Punkt für Punkt durchging. Sie bemerkte gleich, dass es ihm schwerfiel, ihre Autorität zu akzeptieren. Hätte sie seinen Schutz gebraucht, hätte er sich ihr gegenüber zweifellos ganz anders verhalten, so jedoch war nicht zu übersehen, wie sehr es ihm widerstrebte, ihre Fragen beantworten zu müssen. Hin und wieder hätte sie sich ihre Verärgerung fast anmerken lassen, aber sie beherrschte sich, fest entschlossen, ihn dazu zu bringen, sich selbst zu belasten.
    Im Verlauf der Vernehmung fielen ihr kleinere Ungereimtheiten in seiner Aussage auf, aber er war so auf Abwehr eingestellt, dass sie nichts Nützliches aus ihm herausbekam. Während sie weiter seinen Antworten Gehör schenkte, überlegte sie, wie sie ihren Stil ändern könnte, um ihn zugänglicher zu machen. Nach einer Weile entschied sie sich für einen Schachzug, auf den sie schon immer gern zurückgegriffen hatte. Sie verhaspelte sich ein paar Mal bei ihren Fragen und hob dann eine Hand an die Stirn.
    »Entschuldigung, Major, aber ich habe furchtbare Kopfschmerzen. Hätten Sie vielleicht ein Glas Wasser für mich, damit ich ein Aspirin nehmen kann?«
    Dieser Rollenwechsel verunsicherte ihn.
    »Wir könnten für heute Schluss machen und einen neuen Termin vereinbaren.«
    Das war nun wirklich das Letzte, was sie wollte. Sie verzog den Mund in einem leicht geknickten Ausdruck des Bedauerns.
    »Von mir aus gern, aber mein Superintendent wäre bestimmt nicht begeistert, wenn ich ihm sagen müsste, dass ich meine Arbeit nur halb erledigt habe.«
    Indem sie sich lediglich als Werkzeug in den Händen eines Mannes darstellte, konnte sie Maidment vielleicht vermitteln, dass die wahre Macht noch immer beim richtigen Geschlecht lag, und so sein Misstrauen ihr gegenüber neutralisieren. Nightingale sagte sich, dass der Zweck die Mittel heilige, und mied den Blick des Constable. Maidment brachte ihr zuerst Wasser, dann Tee, und sie nahm brav ihr Aspirin.
    »Ich habe nur noch ein paar Fragen.« Sie zeigte ihm deutlich, dass sie die Sache ebenso schnell hinter sich bringen wollte wie er. Gemeinsam arbeiteten sie rasch ihre Liste ab, zwei Verbündete, die jetzt in möglichst kurzer Zeit irgendwelchen Formalitäten Genüge tun wollten. Unmerklich begann Maidment, sich zu entspannen. Als sie ihn bat, ihr zu schildern, wie er den Abend vor dem Zwischenfall verbrachte habe, erzählte er ihr, dass er die Waffe hervorgeholt, geputzt und geladen hatte. Und auf ihr Nachfragen hin erwähnte er seine Schwierigkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Versteck für den Revolver, bis er sich schließlich für den Brotkasten entschied.
    Je mehr er sagte, desto stärker belastete er sich selbst. Als er eine zweite Kanne Tee gemacht hatte, tat er Nightingale schon fast leid. Fast.
    »Aber warum haben Sie auf ihn gezielt und keinen Warnschuss abgegeben?«
    »Er war ein gefährlicher Mann, meine Liebe, mir blieb nichts anderes übrig. Er hätte Bob Cooper töten können, wenn ich ihn gewarnt hätte.«
    »Hat er Bobs Leben bedroht?«
    »Er sah sehr bedrohlich aus, und er hielt das Messer in der Hand.«
    »Ah, verstehe. Wie nah war er Bob mit dem Messer?«
    »Das weiß ich nicht mehr so genau.« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Er hat es nicht ruhig gehalten. Ja, genau, jetzt weiß ich wieder«, er schlug sich zufrieden auf die Oberschenkel. »Chalfont hat damit rumgefuchtelt, ziemlich wild sogar.«
    »Er hat das Messer also nicht direkt gegen ihn gerichtet?«
    »Nein, eher nicht.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Ich hab auf ihn geschossen. Hab auf sein Bein gezielt. Es war Pech, dass die Kugel die Oberschenkelarterie verletzt hat. Vor zwanzig Jahren hätte er bloß die Fleischwunde gehabt, die ich ihm eigentlich verpassen wollte.«
    »Dann waren Sie wohl ein guter Schütze, als Sie noch in der Army waren, Sir?«
    »Einer der besten!«
    Er strahlte sie an. Einen Moment lang sah sie den Mann, in den sich seine Frau verliebt hatte, doch noch während sie sein Lächeln erwiderte, rief sie sich in Erinnerung, dass er beinahe einen Menschen getötet hätte.
    »Und heute, wie zielsicher sind Sie da?«
    »Natürlich nicht mehr so gut wie früher.«
    »Ich hab vorhin, als Sie mir Tee einschenkten, ein leichtes Zittern bemerkt. War Ihnen klar, dass das Ihre Treffsicherheit beeinträchtigen könnte?«
    Sie fragte das so freundlich, dass Maidment automatisch bejahend

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