Sine Culpa
Sie hätten Ihre Sache gründlich gemacht. Bitte sagen Sie mir, dass die nicht irgendeinen Schwachkopf damit betraut haben.«
»Inspector Nightingale zählt zu unseren besten Leuten. Ich denke, Sie werden beeindruckt sein.«
»Gut. Ich freu mich drauf, ihn kennenzulernen.«
Cooper grinste. Nightingale würde sich freuen.
Sie stand vor der Tür und betrachtete den tadellosen Anstrich und den frisch polierten Messinggriff. Alles am Haus und Garten war makellos. Es würde nicht leicht werden, den Major dranzukriegen, weil die Geschworenen ihn mögen würden, ganz gleich, wie schuldig er war. Sie war stolz darauf, dass Superintendent Quinlan ihr diesen heiklen Fall übertragen hatte. Vielleicht spiegelte sich darin ja sein wachsendes Vertrauen in sie, trotz der Probleme, die sie im Vorjahr gehabt hatte. Er hatte gesagt, er rechne damit, dass sie »den Dingen diplomatisch auf den Grund gehen« werde, und genau dazu war sie fest entschlossen.
»Ja?«
»Major Jeremy Maidment?«
Nightingale hatte ihn sich größer vorgestellt. Sie hielt ihm ihren Dienstausweis hin, aber er achtete nicht darauf, weil er sie argwöhnisch musterte. Nightingales Blick wurde von der kahlen Stelle auf seinem Kopf angezogen, die von den silbergrauen Wellen drum herum sorgsam vor allen versteckt wurde, die nicht größer waren als der Major. Sie unterdrückte ein Lächeln. Bob Cooper hatte ihr gesagt, dass sie die Vernehmung interessant finden würde. »Netter Bursche«, hatte er gesagt, »aber ganz alte Schule, glaube ich.« Er hatte Recht gehabt.
»Ich glaube, Sie haben sich in der Tür geirrt. Und falls Sie irgendwas verkaufen wollen, ich bin nicht interessiert.«
Er wollte dieser großen Frau, die ihn ansah, als wären sie einander bereits vorgestellt worden, die Tür schon wieder vor der Nase zumachen, als er hinter ihr einen Mann bemerkte. Sogleich straffte er die Schultern, als rechnete er mit einem Angriff.
»Ich bin Detective Inspector Nightingale von der Kripo Harlden. Und das ist Constable Watson. Dürfen wir reinkommen?«
Er stutzte und sah sich dann sehr genau ihren Dienstausweis an.
»Mhm. Meinetwegen, aber ich hätte nicht gedacht, dass …« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
Als sie in den Flur traten, sah Nightingale erstaunt ein modernes Stillleben an der Wand hängen. Sie trat näher und bemerkte, dass es ein Original war. Ihr Vater hatte ihr mal ein ganz Ähnliches auf einer Auktion gekauft, an der sie als Teenager teilnehmen musste.
»Gefällt es Ihnen?«
»Ein Peploe, nicht wahr? Noch dazu ein ziemlich früher; schöne Farbgebung.«
Maidments Verblüffung war offensichtlich. Er hatte noch mit dem Gedanken zu kämpfen, dass eine Frau Detective Inspector war, und die Vorstellung, dass sie noch dazu kultiviert sein könnte, war eindeutig zu viel.
»Meine Frau konnte es nicht ausstehen. Für sie war das abstrakter Blödsinn.«
»Blödsinn ist das weiß Gott nicht.«
»Ich weiß. Wissen Sie auch, von wem das da ist?«
Er deutete auf ein auffälliges Bild über dem Kamin im Wohnzimmer.
»Ich bin nicht sicher … Vielleicht ein Crosbie?«
»Ja, das hat William Crosbie gemalt.«
»Hat Ihre Versicherung denn keine Bedenken, dass die Bilder hier so ungeschützt hängen?«
»Oh, ich bin nicht versichert. Die Beiträge waren horrend, und ich hätte die Bilder wegschließen müssen. Also was hätte ich davon gehabt?«
»Kein Wunder, dass Luke Chalfont einen zweiten Besuch bei Ihnen riskiert hat. Wir wissen inzwischen, dass er ein ziemlicher Kunstkenner ist und Kontakte zu einer ganzen Reihe von Händlern hat.«
»Dann zeigt er sich also kooperativ?«
»Sagen wir, unsere Gespräche mit ihm haben einiges erbracht.«
»Und es wird weiter gegen mich ermittelt, ja?«
Sein Benehmen hatte etwas leicht Streitlustiges an sich, das er wohl kaum einem männlichen Beamten gegenüber gezeigt hätte. Es legte den Verdacht nahe, dass ihm das bevorstehende Verfahren trotz seines zuversichtlichen Auftretens doch mehr Sorgen bereitete, als er zugeben wollte. Gut.
»Können wir uns setzen, Major?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte sie sich in den Sessel, von dem sie annahm, dass es sein Lieblingsplatz war, und zückte ihren Notizblock.
»Ich möchte Sie zunächst noch mal daran erinnern, dass Sie bei Ihrer Festnahme über Ihre Rechte aufgeklärt wurden und dass alles, was Sie …«
»Ja, ja. Das weiß ich doch alles! Nun machen Sie schon, Himmelherrgott.«
Nachdem er ungeduldig auch auf sein Recht verzichtet hatte,
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