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Sinfonie des Todes

Sinfonie des Todes

Titel: Sinfonie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Öhri / Vanessa Tschirky
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leicht gebogenem Stil und mit Lamellen an der Außenseite des Hutes. Ein rettich- bis grasartiger Geruch entströmte ihnen und Fichtner, der sich nun mit überzeugter Gewissheit ans Werk machte, ließ den Salon hinter sich und begab sich ins Schlafzimmer. Der Sektionsrat musterte den Raum und erkannte mit dem geübtem Blick des Polizeibeamten die Gefahren, die es zu meiden galt. Er räumte den Nachttisch auf, warf alles, was lose war und als Waffe missbraucht werden konnte, in den Kleiderschrank und schloss diesen ab. Den Schlüssel selbst deponierte er im Salon, wo er ihn zwischen zwei Polster steckte. Er entledigte sich seiner Kleider, kam danach ins Schlafzimmer zurück, legte sich aufs Bett und griff nach den Pilzen.

2. Kapitel
    Auch nach ungefähr zehn Minuten war noch immer nichts geschehen. Nichts hatte sich verändert, nichts war eingetreten, das irgendwie von Belang gewesen wäre. Alles war wie zuvor. Robert spürte plötzlich das Bällchen aus Khat, das ausgesaugt und spröde in seinem Mund lag, und spuckte es in seine Handfläche. Teile der zerkauten Lamellenhüte der Pilze waren zu erkennen, als er sein Sputum betrachtete.
    Er stand auf, um in den Salon zu gehen, wo seine Kleider lagen. Zuvor suchte er das Badezimmer auf, um sich die Hände zu waschen, und kam dann zurück. Als er angezogen im Zimmer stand, fand er die ganze Angelegenheit lächerlich, wenn nicht gar idiotisch und absurd. Pilze! Pah! Robert lachte auf, als er sich seiner Naivität bewusst wurde. Wiederum machte er kehrt, ging ins Bad und trat an den Konsoltisch mit seinen Toilettenartikeln, wo er sich vor dem Trumeau in Aufstellung brachte. Stolz aufgerichtet stand er da. Er warf seinen Kopf zurück und betrachtete mit verächtlicher Neugier sein Spiegelbild. Doch sein Doppelgänger sah wider Erwarten gesund aus. Ein kräftiger Bursche, dachte Robert genügsam und zufrieden. Du bist nicht mehr malade wie auch schon … Er hob bedächtig die Linke und sein Ebenbild imitierte ihn so perfekt, als wolle Robert von ihm Rechenschaft verlangen. Der Sektionsrat war zufrieden. Vergnügt öffnete er die Tischlade und holte eine Trabucco hervor. Als er kein Feuerzeug fand, legte er ein weiteres Mal den Weg in den Salon zurück. Er stöberte umher, hob Kissen und Platzdeckchen auf, bis er auf der Wachsdecke eines Kommodentischchens eine Packung Streichhölzer fand. Diese Zigarrenart schmeckte ihm; er fand sie angenehm, liebte ihren Duft, ihr Aroma. Sie war klein, hell und leicht, und sie kostete 16 Heller das Stück. Er inhalierte den Rauch, der sich in seinem Mund mit den grasigen und pilzigen Überresten zu einer obskuren, extravaganten Melange verband, und blies ihn durch die Nase.
    Ein Klingeln an seiner Wohnungstür riss ihn aus den Gedanken. Robert Fichtner warf einen Blick auf seine Taschenuhr: 1:27 Uhr. Wer mochte das wohl sein? Mit der Macht der Gewohnheit richtete er sich den Hemdkragen her, blickte kurz an sich hinunter, um sich von der Vollendung seines Erscheinungsbildes zu überzeugen, und nickte zufriedengestellt. Es klingelte just in dem Moment ein zweites Mal, als Robert bereits die Tür entriegelt hatte. Er öffnete.
    Vor ihm stand sein Bruder.
    »Na, bittest du mich nicht herein?«
    Robert trat beiseite. Als Wilhelm eingetreten war, steuerte er die Ecke des Raumes an, wo einer der Polstersessel stand. Er setzte sich wortlos, legte die Hände auf die Knie und verharrte für geraume Zeit, in welcher er den Sektionsrat musterte. »Du siehst elend aus, richtig marode«, ging er dann sofort auf das nächstliegende Thema los, wie all die anderen Leute dieses Schlags, die Robert nicht ausstehen konnte.
    Es folgte eine Minute beiderseitigen Schweigens, bis Wilhelm erneut zu einem Versuch ansetzte: »Du hast meine Nachricht bekommen?« Fichtner nickte. Ihm fiel auf, dass sein Bruder sich verändert hatte. Irgendetwas an ihm war anders geworden, er war nicht mehr so, wie er ihn in Erinnerung behalten hatte, doch ihm fiel nicht ein, was es war. Vielleicht die funkelnden Augen? Als Wilhelm plötzlich wie ein Getriebener aus seinem Sessel hochfuhr, schrak Robert zurück. Beim Zurückweichen fiel sein Blick zufällig auf den Boden und er erkannte mit wachsender Erregung, dass die Musterung der Holzdielen furchtbar nah war und sich wie Kraterlinien ausnahmen, in die man versinken konnte. Der Salon schien ihm kleiner und enger zu werden. Eine panische Beklemmung kroch in ihm hoch und er wollte Wilhelm um Hilfe bitten, doch der Bruder war

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