Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
die DVD rein. Und dann wird es erst richtig kompliziert. Bis so eine DVD läuft und sogar der Ton zu hören ist, kann gut und gerne eine halbe Stunde vergehen. Und dann ist noch nicht einmal der Beamer angeschlossen.
Wie unschwer an der Beschreibung zu erkennen ist, habe ich einen männlichen Mitbewohner, der sich bei uns um die Technikkümmert. Er war es auch, der die neue Waschmaschine angeschafft hat. Meine Waschmaschine hatte drei Programme und zwei Schleudergänge. Sie war 15 Jahre alt, hatte einen russischen Namen und keinen Aquastop, aber sie hat perfekt funktioniert. Die neue hat einen Waschgang nur für Blusen und Hemden, einen für Sportswear, einen Sensitiv-Gang, einen für Wolle, einen für Seide, 16 für die gängigsten Flecken. Und mehrere von meinem Bekannten programmierte Wunschprogramme. Die nutzt man dann, wenn man fleckige Seidenhemden mit Wollanteil waschen muss, die man beim Sport getragen hat.
Leider wird die Sache zusätzlich durch Waschmittel verkompliziert. Ich habe Waschmittel für Schwarzes, Weißes und für Buntes. Für Wolle, Feines und Kaschmirpullover. Waschgel für Textilmembranen, Tabs mit Hygienespüler und Pearls mit Antigrauformel in den Duftrichtungen Blütensamba und Winterorange. Und eines für den Handwaschgang der neuen Waschmaschine. Denn den hat sie auch, obwohl sie nachweislich keine Hände hat.
Hinzu kommen die Fleckenteufel meines Bekannten für Rotwein und Marmelade, für Schmierfett und Teer sowie für Blut, Milch und Sperma. Jetzt werden Sie denken, was hat der Mann für ein tolles Leben, wenn er solche Fleckenteufel braucht. Naja. Da ist auch viel Show dabei. Am Ende schneiden sie sich doch alle nur beim Rasieren. Und mit Schmierfett kommen sie maximal in Berührung, wenn sie dem Automechaniker, der gerade ihre Winterreifen montiert hat, ein Trinkgeld geben.
Wenn die Spezialisierung der Waschmittel in dem Tempo weitergeht, wird es bald extra Waschmittel für lilafarbene Schlüpfer in Größe 38 geben. Oder ein Männerwaschmittel nur für ausgeleierte Boxershorts und Strümpfe mit einem Loch am großen Zeh.
Es müsste mal wieder jemand ein Universalwaschmittel erfinden. Früher haben die Menschen ja auch irgendwie gewaschen. Und sie haben sich die Zähne geputzt. Damals, als ein Leben ohne Zahnpasta für Zungenbeläge noch denkbar schien.
Epilog
So war es. Oder so ähnlich. Die Geschichten sind wahr, die Protagonisten gibt es. Alle Texte sind in den Jahren 2003 bis 2011 entstanden. Das ist eine lange Zeit, in der selbst überzeugte Singles schwach werden können. Ein paar der Protagonisten habe ich an die Ehe verloren, einige haben die Stadt verlassen. Andere haben sich den wandernden Herden der Spätgebärenden angeschlossen. In großen Verbänden ziehen sie über die Ebenen des Berliner Ostens von Prenzlauer Berg nach Pankow. Nicht ohne eine Spur der Verwüstung zu hinterlassen: Hebammenstudios, Kinder-Secondhand-Geschäfte, Bioeisläden, Mami-&-Me-Pilateskurse.
Vielleicht haben diese Spätgebärenden aber auch einfach etwas kapiert: Mit den Kindern haben sie die Eintrittskarte für den nächsten Klub erstanden. Einen, der wirklich exklusiv ist. Dafür gibt es kein VIP-Band fürs Handgelenk, ohne schreiendes Kind auf dem Arm bleibt man draußen.
In diesem Klub fährt man Autos mit Schiebetüren, unterhält sich beim Latte macchiato über Milchstau und achtet darauf, dass das Outfit unbedingt zum Zwillingskinderwagen passt. Denn sie bekommen ja alle mindestens Zwillinge. Vermutlich waren im zertifizierten Bioeis doch zu viel Hormone.
Die Evolution lässt sich halt nicht immer austricksen. Und das Mantra der Singlefrauen »Alle guten Männer sind vergeben« sieht man mit den Jahren vielleicht entspannter. Dann nimmt man eben die zweitbesten. »Unter den Artgenossen erwählt das Weibchen nicht das Männchen, das ihm am besten gefällt«, schreibt Charles Darwin, »sondern jenes, welches ihm am wenigsten abstoßend erscheint.« Darwin schrieb es im 19. Jahrhundert in England. Aber es gilt genauso gut heutzutage in Berlin.
Alle Texte sind in der »Berliner Illustrirten Zeitung« erschienen,dem Sonntagsmagazin der »Berliner Morgenpost«. Ich danke meinem Chefredakteur Carsten Erdmann für das Vertrauen, die Nichteinmischung und völlige Freiheit. Meinen Kollegen Jan Draeger und Wolfgang Büscher dafür, dass es die Kolumne überhaupt gibt. Und natürlich meinen Freunden Christoph, Sabine, Claudia, Ute, Catrin, Britta, Hatice, Philip, André, Christian, Natti,
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