Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
einer
Gesellschaft, die modernste Medizin nicht ächtete, wäre
sein Gebrechen zu heilen gewesen. Das hier für die Bauern, die
ein Gesetz an den Boden band, den sie beackerten – ein Gesetz,
das sie mehr als Teil des Landes denn als menschliche Wesen
behandelte. Das hier für die Frauen, die zum Tode verdammt
waren, wenn sie unerwünschte Kinder zur Welt brachten. Das hier
für die Priester, die den Vorurteilen der herrschenden Elite
Vorschub leisteten und ihren Leuten den falschen Trost des Jenseits
anboten, obwohl die meisten der Schrecken, die sie bedrängten,
aus zivilisierten Welten längst verbannt waren. Und das, das und
das dafür, dass sie selbst wie eine Bürgerin dritter Klasse
behandelt wurde. Der Zorn verlangte viele Kata.
    Ich will diese Welt nicht. Ich mag diese Welt nicht. Ich
brauche diese Welt nicht. Ich muss auch kein Mitgefühl mit
dieser Welt und ihren Bewohnern haben. Wenn sie mich doch nur nicht
brauchen würden…
    Nebenan gab es ein kleines Badezimmer, in dieser Gesellschaft ein
kostspieliger Luxus. Sie säuberte sich stets so gründlich
wie möglich, wobei sie Schweiß und Schmutz wie
Erinnerungen fort spülte. Und etwas von dem Pessimismus glitt
dann ebenfalls von ihr ab. Auch hier werden sich die Dinge
verbessern, rief sie sich ins Gedächtnis. Deshalb bin ich ja
da…
    Sobald sie wieder trocken war, ging sie ins Schlafzimmer
zurück, nahm auf der Bettkante Platz und holte ihr viel
strapaziertes Notebook hervor. »Stell eine Verbindung mit dem
Generalvertreter der Vereinten Nationen her«, befahl sie. In der
Neuen Republik gab es nur einen einzigen Botschafter der Vereinten
Nationen, George Cho, ständiges Mitglied im Sicherheitsrat, dem
sie letztendlich unterstand. (Die Neue Republik weigerte sich
hartnäckig, irgendeine speziellere politische Institution der
Erde anzuerkennen.)
    »Verbindung wird hergestellt. Piep. Es tut mir Leid, Rachel,
aber augenblicklich bin ich verhindert. Ich warte noch auf
Informationen über den Vorfall in Rochards Welt. Falls Sie nach
dem Pfeifton eine Nachricht hinterlassen möchten…
piep.«
    »Hi, George, Rachel am Apparat. Ich rufe aus Klamowka an und
bitte um Rückruf. Ich denke, ich sollte an die
Öffentlichkeit gehen, und brauche dazu diplomatische
Unterstützung. Lassen Sie uns darüber reden. Ende der
Nachricht.«
    Sie klappte das Notebook zu, legte es wieder hin und starrte
trübsinnig auf die Frisierkommode, auf der ihre
Kostümierung zu einem Häufchen gestapelt lag. Selbst nach
Monaten, in denen sie die Sachen täglich getragen hatte, fiel es
ihr schwer, so etwas als normale Kleidung zu betrachten. Es waren
Besuche zu machen und Förmlichkeiten zu beachten, ehe sie offen
handeln konnte. Für einen Wettkampf unter Soldaten würde
ich mir das alles sonst wohin schieben, dachte sie. Sie hatte es
schnell satt bekommen, nach den Regeln der Neuen Republik zu leben. Ich brauche irgendeinen zivilisierten Menschen um mich herum,
sonst raste ich noch aus. Dabei fiel ihr dieser Vertragsingenieur
ein, den sie anrufen konnte. Zwar hatte er etwas von einem kalten
Fisch an sich und war nicht sonderlich kooperativ, aber sie sollte
verdammt sein, wenn sie sich von ihm einfach beiseite schieben
ließ. Vermutlich würde sie aus ihm in einer Stunde am
Restauranttisch mehr herausholen können als aus dem Büro
der Admiralität in einem ganzen Monat voller diplomatischer
Cocktailpartys und förmlicher Memoranden.
    Erneut griff sie zum Notebook. »Such die Voice Mail von
Ingenieur Springfield für mich heraus. Nur den Sprechmodus. Ich
habe eine Nachricht für ihn und sie lautet…«
     
    George Cho, als Generalbevollmächtigter des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen Botschafter am Hof Seiner Majestät, des
Kaisers Iwan Hasek III. (von Gottes Gnaden et cetera), schwitzte
unter seinem hohen Kragen. Er nickte höflich. »Ja,
Exzellenz, ich verstehe Ihren Standpunkt recht gut. Aber auch wenn
das Territorium, um das es hier geht, der Neuen Republik angegliedert
ist, muss ich wiederholen, dass unserer Auffassung nach die
Angelegenheit in unsere Zuständigkeit fällt, schon
deswegen, weil sie rein örtlich ist. Es sei denn, das Festival
hat bei Ihnen eine ganz besondere Geschichte, von der ich bislang
nicht unterrichtet wurde? Folglich haben wir es hier auch wieder mit
einer hässlichen Sache zu tun, nämlich mit Klausel
neunzehn.«
    Seine Exzellenz, der Erzherzog Michael Hasek, schüttelte den
Kopf. »Das können wir nicht akzeptieren«, stellte er
fest und starrte Cho

Weitere Kostenlose Bücher