Sinnliche Stunden mit dem Fremden (Baccara) (German Edition)
Garten des Restaurants. Der schwere Duft von Rosen, Astern und Salbei lag in der schwülen Septemberluft. Sie bestellten Eistee und Salat und machten es sich in den Rattansesseln bequem.
„Und, wie läuft es so mit Travis und der Ranch?“, fragte Maureen, während sie einen Löffel Zucker in ihren Eistee rührte.
„Er schlägt sich toll“, erwiderte Abigail. „Aber die letzten Tage war ich in Lyndon, deswegen bin ich gar nicht auf dem neuesten Stand. Apropos: Als ich Seth besucht habe, kam die Rede auf deine Schwester Nicole.“
Entsetzt sah ihre Mutter sie an. „Nicole?“
„Du hast ja nie viel von ihr erzählt.“
Abigail bemerkte, dass die Hände ihrer Mutter zu zittern begonnen hatten. „Weil es mir auch nach all diesen Jahren schwerfällt, an sie zu denken. Sie war so jung und schön und lebensfroh. Es hat unsagbar wehgetan, sie zu verlieren.“
„Seth meinte, dass sie von zu Hause weggelaufen ist.“
„Ja, das stimmt. Sie hatte nichts anderes im Kopf als die Stadt. Ich wollte sie immer überreden, aufs College zu gehen.“ Maureen straffte die schmalen Schultern. „Aber sie hat nicht auf mich gehört. Sie wollte Model werden oder Schauspielerin. Sieben Monate später war sie tot.“
„Sieben Monate?“ Abigail hatte einen Kloß im Hals.
Mittlerweile standen ihrer Mutter die Tränen in den Augen. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Aber ihr Tod wird wohl damit zu tun haben, dass sie so viel gefeiert hat. Geraucht hat sie und getrunken – und wer weiß, was noch alles.“
Während Maureen erzählte, dachte Abigail angestrengt nach. Lisa war zwei Wochen alt gewesen, als sie im Kloster abgegeben worden war. Demnach musste Nicole schon in der zwölften Woche schwanger gewesen sein, als sie die Ranch verlassen hatte. Was bedeutete, dass Lisas Vater aus Lyndon stammte.
„Man hat uns erzählt, dass Nicole und ihr Freund gerade auf dem Heimweg von einer Bar waren, als sich der Unfall ereignete.“ Gedankenverloren rührte Maureen weiter in ihrem Glas herum.
„Mom?“ Abigail legte die Hand auf die ihrer Mutter.
„Ja, mein Schatz?“
„Ich muss dir etwas erzählen. Es gibt … ziemlich überraschende Neuigkeiten.“Maureen runzelte die Stirn. „Ist alles in Ordnung mit dir, Honey?“
Hastig nickte Abigail. „Ja, sicher. Es sind gute Neuigkeiten. Finde ich jedenfalls.“
Abwartend sah ihre Mutter sie an.
„Es geht um Nicole, Mom. Sie hatte eine Tochter.“
Maureen blinzelte. Sie war kreidebleich geworden.
„Eine Tochter, die von einer sehr liebevollen Familie adoptiert wurde. Vor ein paar Jahren hat sie angefangen, nach uns zu suchen. Und jetzt hat sie uns gefunden.“
Maureens Stimme klang heiser. „Nicole hatte ein Kind?“
Abigail lächelte und drückte die Hand ihrer Mutter. „Ja. Sie heißt Lisa.“
Maureen traten Tränen in die Augen. Sie legte sich die Hand auf die Brust.
„Ich habe sie kennengelernt, weil sie für Seth arbeitet“, erklärte Abigail.
„Ich … ich f…fasse das einfach nicht“, stammelte Maureen. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. „Na gut, doch, das klingt ganz nach Nicole.“ Sie lachte unsicher. „Besonders vorsichtig war sie nie. In keinerlei Hinsicht.“
„Dann hast du also kein Problem damit? Du wirst sie mögen. Sie ist wirklich ein ganz wundervolles Mädchen.“
„Ist sie denn noch in Lyndon?“, fragte Maureen. „Kann ich sie kennenlernen?“
„Um ehrlich zu sein …“ Abigail holte tief Luft. „Also, sie ist gerade in Houston.“
„Sie ist hier ?“
„Sie wollte dich so gerne kennenlernen. Dich und Mandy und Katrina und überhaupt alle. Aber sie wollte mir dir anfangen.“
„Na, wenn das so ist …“ Entschlossen stand Maureen auf und warf ihre Serviette auf den Tisch. „Lass uns gehen.“
Abigail lachte auf. „Nicht so schnell. Wir müssen nirgendwo hin.“ Sie nickte in Richtung eines Tischs am anderen Ende des Gartens. „Sie sitzt da drüben.“
Maureen drehte sich zu Lisa um, die im selben Augenblick aufstand. Sie trug ein weißes Kleid, und ihre blonden Locken fielen ihr weich ins Gesicht. Sie wirkte gleichzeitig nervös und tapfer, als sie auf ihre Tante zulief.
„Nicole“, flüsterte Maureen erstickt. „Sie sieht genauso aus wie Nicole.“
Jetzt stiegen auch Abigail die Tränen in die Augen.
Maureen stürmte auf ihre Nichte zu und schloss sie in die Arme. „Oh, mein Schatz“, flüsterte sie, während sie Lisa das Haar streichelte. „Ich bin so froh, dass du nach Hause gekommen
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