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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Kellereingang wieder mit den Baumstämmen.«
    Die Zwillinge gingen sofort; der Alte schenkte ein, in der Hoffnung, Kmicic werde ihn auffordern mitzutrinken.
    Aber Kmicic konnte selbst nicht recht trinken, die Wunde schmerzte ihn zu sehr. Der alte Kiemlicz bemerkte das.
    »Wenn Sie erlauben, so werde ich Sie untersuchen. Ich verstehe das ebenso gut wie ein Heilgehilfe.«
    Kmicic willigte ein, und Kiemlicz nahm ihm den Verband ab.
    »Hat nichts zu sagen; nur eine Fleischwunde. Brot mit Spinngewebe muß aufgelegt werden.«
    »So mach' es schnell; ich habe noch Wichtiges mit dir zu besprechen.«
    Der Alte sah den Oberst mißtrauisch an; er fürchtete, daß er wieder die Rede auf die unglückselige Pferdegeschichte bringen würde. Nichtsdestoweniger ging er rasch an die Arbeit, und bald wurde er auch mit dem Verbande fertig.
    Kmicic stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Oft sah er den Alten wie geistesabwesend an. So verging eine – 348 –
    halbe Stunde. Kiemlicz wurde es ungemütlich zumute, er begann unruhig zu werden.
    »Pan Kiemlicz, ruf' mal Soroka her!«
    Kiemlicz ging hinaus und kehrte gleich darauf mit Soroka wieder.
    »Haben Sie die Briefe gefunden?« fragte Kmicic.
    »Nein, Pan Oberst.«
    »Ach, welch ein Unglück! Kannst gehen, Soroka! Ihr verdientet gehängt zu werden, dafür, daß Ihr meine Briefe verloren habt! – Kiemlicz, hast du vielleicht ein paar Briefbogen hier und eine Feder?«
    Der Alte verschwand hinter der Kammertür und kehrte lange Zeit nicht wieder. Kmicic sprach inzwischen mit sich selbst.
    »Ob die Briefe da sind oder nicht– der Hetman weiß es nicht und wird fürchten, daß ich sie veröffentliche. Ich halte ihn also in meinen Händen. – Eine List gegen die andere. Ich werde ihm drohen, daß ich sie dem Witebsker Wojewoden zusende. Will's Gott, so wird er dadurch in Schrecken versetzt werden.«
    Kiemlicz kam zurück und brachte Papier; Feder und Tinte hatte er nicht finden können.
    »Keine Feder? Gibt es denn in diesem Walde keine Vögel? So schießt doch einen!«
    Kiemlicz, der Kmicic' Zorn fürchtete, lief eiligst hinaus. Nicht lange, so kehrte er mit einem Habichtflügel wieder zurück. Kmicic riß eine Feder aus dem Flügel und begann, sie mit einem Dolche zurecht zu stutzen.
    »Geh!« sagte er. »Es ist leichter, einem Menschen den Kopf abzuschlagen, als eine Feder zuzuspitzen! Nun gebrauche ich noch Tinte!« – 349 –
    Er streifte seinen Ärmel hoch, stach sich mit dem Dolche in den Arm und tauchte die Feder ins Blut.
    Der Alte verließ das Zimmer, und Pan Andreas begann zu schreiben.
    »Ich teile Eurer Durchlaucht mit, daß ich Ihre Sache verlassen habe, da ich keinem Verräter dienen will. Meinen Schwur beim Kreuze, daß ich Sie niemals verlassen werde, wird mir Gott verzeihen. Und selbst wenn nicht, und wenn meine Seele dem Verderben geweiht sein sollte, so ziehe ich es vor, für einen Irrtum im Fegefeuer zu brennen, als für offenkundigen und bewußten Verrat an meinem König und Vaterland. – Euer Durchlaucht haben es gut verstanden, mich zu täuschen. Unter Ihrer Führung war ich nichts als ein Schwert, bereit, Bruderblut zu vergießen. Ich stelle Sie vor Gottes Gericht! Er möge entscheiden, wer von uns schuldig ist. Solange meine Kräfte reichen, werde ich mich an Ihnen rächen. Das ist ebenso wahr, wie daß ich diesen Brief mit meinem eigenen Blute schreibe. – Ich besitze die Briefe Euer Durchlaucht, Briefe, die Sie nicht nur des Verrats an der Republik überführen, sondern die Sie auch in den Augen der Schweden bedenklich herabsetzen werden. Sie dünken sich, sehr mächtig zu sein, und doch halte ich in meinen Händen Ihr Geschick; denn jeder Brief ist mit Ihrer Unterschrift und Ihrem Siegel versehen. – Ich versichere Eurer Durchlaucht folgendes: Sobald jemandem von denen, die ich liebe und die in Kiejdane geblieben sind, nur ein Haar gekrümmt oder das geringste Leid zugefügt wird, so werde ich das Original Ihrer Briefe Pan Sapieha ausliefern. Die Kopien aber werde ich drucken und im ganzen Lande verteilen lassen. Wenn der Krieg beendet ist, so liefern Sie mir die Billewicz' aus, und ich werde Ihnen Ihre Briefe übergeben, – oder aber, ich gebe die Briefe gleich Sapieha und den Schweden. 350
    Zwischen diesen beiden Vorschlägen können Sie wählen. – Wie, meinen Sie, wird man die Krone, die Sie erstreben, auf Ihr Haupt setzen können, wenn Ihr Kopf vom Schlage des polnischen oder schwedischen Beiles gefallen ist? – Zum Schlusse möchte ich Sie wohl

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