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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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ihnen war der alte Teersieder und noch ein Sohn des alten Kiemlicz.
    »Auf die Knie mit euch, ihr Schelme. Das ist Pan Kmicic. Der Dummkopf, der geschossen hat, soll herkommen!« rief der Alte.
    »Vater, du hast doch selbst geschossen,« sagte der junge Kiemlicz.
    »Du lügst! lügst wie ein Hund! Wer konnte denken, Pan Oberst, daß Sie zu uns kommen würden! O Jesus! Womit kann ich Sie nur bewirten? Ich bitte, Pan Oberst, kommen Sie in die Hütte. Ich bringe gleich Met herein. Und ihr anderen geht und räumt die Holzstämme vorm Keller weg.«
    Der Alte war von Riesenwuchs und sehr starkknochig; sein Gesicht sah stets finster und mürrisch aus, Kmicic gegenüber war er unterwürfig, wahrscheinlich gedachte er der früheren Zeiten, in denen er mit seinen beiden Söhnen unter Kmicic in den Kämpfen gegen Chowanski gedient hatte.
    Auch Kmicic kannte die Kiemlicz' aus dieser Zeit her gut. Er wußte, daß sie tapfere, aber äußerst grausame Soldaten waren. Unter dem verschiedensten Gesindel, das unter seinem Befehle stand, zeichneten sich die Kiemlicz durch furchtbare Habgier aus. Eine besondere Schwäche hegten sie für Pferde, die stahlen sie, wo sie nur konnten, um sie nachher auf den Märkten zu verkaufen. Der Vater, der trotz seines Alters noch ebenso tapfer kämpfte wie seine beiden Zwillingssöhne, verstand es, unter der Androhung des väterlichen Fluches, seinen Söhnen den größten Teil der erbeuteten Schätze fortzunehmen. Die Söhne brummten zwar; aber da sie von Natur einfältig waren, widersetzten sie sich nicht. – Bei den Kameraden waren die Kiemlicz' durchaus unbeliebt, man fürchtete sie; denn in gereiztem Zustande waren sie gefährlich. Kmicic war der einzige, vor dem sie einen unbeschreiblichen Respekt hatten.
    Man vermutete, daß der alte Kiemlicz große Schätze gesammelt und irgendwo verborgen habe, aber Bestimmtes wußte man nicht. Eines Tages hatte Kmicic sie mit einem Troß Pferde nach einem bestimmten Orte geschickt, seit der Zeit waren sie verschwunden. Kmicic hatte geglaubt, sie seien irgendwo umgekommen, die Kameraden hingegen hatten behauptet, daß sie der Versuchung erlegen wären und einfach das Weite gesucht hätten. – Jetzt sah Kmicic, daß seine Soldaten recht gehabt hatten.
    Als sie das Zimmer betreten hatten, setzte sich Kmicic auf das Bett und sah dem Alten scharf in die Augen.
    »Kiemlicz, wo sind meine Pferde?« fragte er drohend.
    »O Jesus! süßester Jesus!« stöhnte Kiemlicz. »Die Kosaken haben uns sämtliche Pferde abgenommen. Sechzehn Meilen haben sie uns, mit Wunden bedeckt, mit sich geschleppt, schließlich waren wir froh, daß wir mit dem bloßen Leben davonkamen. Hier in diese Wälder sind wir geflüchtet, in diese Hütte. Hunger und Armut sind unser Los. – Gott sei Dank, daß Sie, Pan Oberst, gesund und lebendig sind, obschon Sie augenscheinlich verwundet sind. Hunger und Not ist hier – nichts weiter. Wir nähren uns von Pilzen, aber für Euer Gnaden wird sich schon noch was zu essen und zu trinken finden. – Die Kosaken haben uns die Pferde abgenommen, sie haben uns um den Dienst bei Euer Gnaden gebracht. Kein Stück Brot habe ich mehr auf meine alten Tage, wenn Sie uns nicht wieder in Ihre Dienste nehmen!«
    In diesem Augenblicke kamen die beiden Söhne des Alten herein, Kosma und Damian. Beide waren groß und stark wie der Vater.
    »Die Stämme sind weggeräumt,« sagte Damian.
    »Gut,« entgegnete der Alte, »ich werde gehen und Met holen.«
    Dann sah er seine Söhne vielsagend an und sagte nachdrücklich:
    »Ach ja, jene Pferde haben uns die Kosaken genommen.«
    Als Kmicic mit den jungen Kiemlicz' allein war, fragte er sie: »Was treibt ihr jetzt?«
    »Stehlen Pferde,« sagten die beiden einstimmig.
    »Bei wem?«
    »Wie's trifft, meistens bei den Kosaken.«
    »Schön, beim Feinde darf man stehlen. Und was macht ihr mit den Pferden?«
    »Vater verkauft sie in Preußen.«
    »Und habt ihr bei den Schweden auch schon gestohlen? Na, die haben sich gewiß schön dagegen gewehrt?«
    »Und wie!«
    »Aha, also bei den Schweden und bei den Kosaken steht ihr in schlechtem Rufe. Wehe euch, wenn ihr einem von denen in die Hände fallt!«
    Beide schwiegen.
    »Auf euch warten wohl schon viele Gerichtsstrafen?«
    »Nicht gerade wenig.«
    »Es steht schlecht mit euch. Ihr werdet noch an den Galgen kommen.«
    Die Tür öffnete sich, und der Vater trat mit einer Flasche und zwei Gläsern in das Zimmer. Er sah seine Söhne unruhig an und sagte:
    »Geht hin und verbaut den

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