Sintflut
Stab bezahlen, den Stab, den ihm sein Vaterland auf Wunsch des Königs selbst in die Hand geben sollte!
Die Regimenter waren alle vorübergezogen, Pan Andreas entsann sich des Briefes, den ihm der Tatar übergeben hatte. Er zog ihn aus seiner Tasche. Auf dem Briefe stand mit kleinen Buchstaben:
»Pan Babinicz, dem Oberst der Tataren-Abteilung.«
»An mich?« staunte Pan Andreas.
Das Siegel war aufgebrochen. Er entfaltete eiligst den Bogen und begann zu lesen.
Plötzlich erblaßte er, seine Hände fingen an zu zittern.
»Barmherziger Gott! Sei gelobt und gepriesen! Da ist sie, die Belohnung für alles, was ich getan habe!«
Er fiel nieder und begann seinen blonden Kopf an den Stein des Kreuzes zu schlagen. In der gegenwärtigen Minute war er nicht imstande, seinem Gotte anders zu danken; – er fand keine Worte zum Gebet, so sehr war sein Herz von Freude erfüllt.
Alexandra ist also nicht in der Heide, sondern bei der Partei Villewicz'! Und er hat sie gerettet und zugleich auch Wolmontowicze, das einst durch sein Verschulden abbrannte! Sicherlich hatte Gottes Hand seine Wege so geleitet, daß er mit einem Schlage seine Schuld an Alexandra und an die Laudaleute gut machen konnte. Das war die Sühne für seine Sünden. Konnte sie oder die rauhen Laudaer Brüder jetzt noch seine Werbung ausschlagen?
Und was wird sie sagen, wenn sie erfährt, daß jener Babinicz, der Boguslaw besiegt, der bis an die Knie in Feindesblut gewatet, und der Smudien gesäubert hat, kein anderer ist als Kmicic? Pan Andreas Kmicic, kein Bösewicht, kein Verbannter, sondern ein Kämpfer für den Glauben und für das Vaterland!
Schon längst wollte Pan Andreas seinen richtigen Namen wieder annehmen; aber die Sorge, daß die Smudier ihm alsdann mit Mißtrauen entgegentreten könnten, daß sie ihm bei seinem Werke ihre Beihilfe versagen würden, hatte ihn davon zurückgehalten. Noch waren nicht zwei Jahre verstrichen, seitdem er, von Radziwill geblendet, die Banner zertrümmerte, die dem Vaterlande treu bleiben wollten, noch waren nicht zwei Jahre vorüber, seit der Zeit, wo er die rechte Hand des Verräters war. – Aber jetzt ist alles anders geworden. Jetzt, nach so vielen Siegen, umkränzt mit so vielen Ruhmestaten, konnte er in ganz Smudien hinausschreien: »Ich bin Kmicic; aber ich habe dich vom Feinde befreit!«
Und Wolmontowicze lag so nahe! Babinicz hatte eine Woche lang mit Windeseile Hamilton verfolgt, Kmicic aber wollte noch schneller zurückfliegen, um seiner Alexandra zu Füßen zu fallen!
Wankend erhob sich Pan Andreas von der Erde und bestieg sein Pferd.
In diesem Augenblicke näherten sich ihm zwei Reiter, Der eine von ihnen nahm seine Luchsmütze ab und entblößte seinen rotblonden Kopf.
»Ich glaube, ich habe die Ehre, mit Pan Babinicz zu sprechen,« begann der Angekommene. »Ich freue mich, daß es mir gelungen ist, Sie so schnell zu finden.«
»Mit wem habe ich die Ehre?« fragte Kmicic ungeduldig.
»Ich heiße Wierszull, früherer Rittmeister aus dem tatarischen Banner des Fürsten Jeremias Wisniowiecki. Ich komme hierher, um Soldaten für den neuen Krieg anzuwerben. Außerdem aber bringe ich Ihnen einen Befehl vom Pan Großhetman Sapieha.«
»Für einen neuen Krieg?« fragte Kmicic, indem er die Brauen zusammenzog. – »Was ist das für ein Unsinn?«
Fieberhaft erbrach er das Siegel und begann zu lesen:
»Teurer Pan Babinicz! Über unser Vaterland ist ein neues Unglück hereingebrochen! Das geplante Bündnis zwischen den Schweden und Rakoczy ist zur Tatsache geworden, und die Aufteilung der Republik ist beschlossen. Achtzigtausend Ungarn, Siebenbürgler, Walachen und Kosaken werden jede Minute die Grenze überschreiten. In dieser Stunde des Verderbens müssen wir alle unsere Kräfte anspannen, um wenigstens einen unbefleckten Namen zu hinterlassen. Daher befehle ich Ihnen, keine einzige Minute zu verlieren, die Pferde umzuwenden, und auf den großen Landstraßen schnell zu uns zu kommen. Sie werden uns in Brest antreffen, von wo aus wir Sie weiter schicken werden. Fürst Boguslaw ist aus der Gefangenschaft entflohen, – aber Pan Gosiewski wird ihn in Litauen und Smudien im Auge behalten. Ich bitte Sie zum Schlusse nochmals, sich zu beeilen und hoffe, daß die Liebe zum Vaterlande Sie am besten lehren wird, richtig zu handeln.«
Kmicic ließ die Hand mit dem Briefe sinken und fuhr sich mit der anderen über seine kalte Stirn. Mit trüben Augen sah er Wierszull an.
»Warum bleibt Pan Gosiewski in Smudien,
Weitere Kostenlose Bücher