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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Wirtschaftsgebäude hatten Feuer gefangen. In dem blutigen Wiederschein der Feuersbrunst, der alles ringsum hell beleuchtete, erblickte der Miecznik die in Unordnung zurückkehrenden Reiter Chrzonstowskis, hinter ihnen kam in dichten Reihen die schwedische Infanterie. Jetzt blieb nur noch die Flucht auf dem allein noch freien Wege zum Walde.
    Der Miecznik kommandierte schon den Resten seiner Reiter: »Zurück!« als plötzlich auch in seinem Rücken Schüsse fielen, und man das Gestöhn von Verwundeten vernahm.
    Der Miecznik war von allen Seiten umzingelt; sie gerieten in eine Falle, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Als Pan Billewicz das sah, ritt er voraus, hob seinen Säbel hoch in die Luft und rief:
    »Panowie! Fallen wir einer nach dem anderen! Schonen wir nicht unser Blut! Es geht ums Vaterland und um den Glauben!«
    Das Feuer seines Fußvolkes, das die Tore und die linke Seite des Dorfes verteidigte, wurde immer schwächer und die triumphierenden Rufe des Feindes immer lauter.
    Aber was bedeuten die durchdringenden Töne einer Signaltrompete in den Reihen Sakowicz'? Was bedeutet der Wiederhall dieses Signals bei den Schweden? Die Trompetensignale erklingen immer stärker, und zeitweise scheint es, daß sie nicht Triumph, sondern nahendes Unheil verkünden.
    Das Schießen am Tore hört jäh auf, wie abgeschnitten. Sakowicz' Reiter sprengen Hals über Kopf der Hauptstraße zu, und die Infanterie beginnt anstatt vorwärts zu stürmen, sich zurückzuziehen.
    »Was soll das bedeuten? – Um Gottes willen, was soll das bedeuten?« ruft der Miecznik aus.
    Und die Antwort kommt aus dem Walde, von derselben Seite her, von der soeben erst Sakowicz' Leute gekommen waren. Jetzt nahen von dort Leute, Pferde, ganze Banner. Sie kommen herangebraust wie ein Orkan. Es sind ihrer Tausende; beim Lichte der Feuersbrunst ist es deutlich zu sehen. Einem Ungeheuer gleich kriechen sie aus dem Walde heraus und scheinen das ganze Dorf verschlingen zu wollen. – Da sind sie, näher und immer näher! – das Ende Sakowicz' bricht herein.
    »Mein Gott!« schreit der Miecznik wie wahnsinnig. »Das sind die unsrigen! Das ist Babinicz!«
    »Babinicz!« wiederholten erschrockene Stimmen in Sakowicz' Truppe. Und gleich darauf macht sie nach rechts kehrt, um sich mit der Infanterie zu vereinigen.
    Bald füllt sich die Wiese mit Fliehenden, denen die Verfolger auf den Fersen sind, und die ohne Barmherzigkeit niedergemetzelt werden. Endlich verschwindet alles in der Dunkelheit.
    »Panowie!« ruft der Miecznik, »wollen wir hier still sitzen, ohne unserem Feinde den Rückzug abzuschneiden!«
    Einige Minuten später blieben in Wolmontowicze nur Greise, Frauen, Kinder und Panna Alexandra mit ihrer Freundin zurück. Die Frauen erhoben ihre Arme schluchzend gen Himmel und riefen wiederholt nach der Richtung zu, in der Babinicz verschwand:
    »Möge Gott dich segnen! Ohne dich würde von Wolmontowicze nichts übrig geblieben sein!«
    Alexandra widmete sich schnell den Verwundeten, die bald alle verbunden und untergebracht waren.
    Niemand in Wolmontowicze schloß in dieser Nacht die Augen; alle erwarteten die Rückkehr des Miecznik und des Pan Babinicz.
    Gegen Morgen kehrte Pan Villewicz siegestrunken, mit Blut bespritzt, zurück. Aber Pan Babinicz war nicht bei ihm.
    Der Mittag kam, – die Sonne begann zu sinken, jedoch Pan Babinicz war noch immer nicht zu sehen.
    »War es ihm wirklich nur um die Schweden zu tun?« fragte sich leise Panna Anna, »Er mußte doch meinen Brief erhalten haben, wenn er hierher kam?«
    Es verging wieder ein Tag, da schickte Pan Villewicz mehrere Mann auf Erkundigung aus. Die Boten kehrten bald wieder und meldeten, daß Pan Babinicz Poniewiez genommen und sämtliche Schweden vertrieben habe. Dann habe er sich entfernt, – niemand wußte, wohin.
    »Nun, und jetzt wird man ihn nirgend finden, bis er von selbst irgendwo auftaucht!« entschied der Miecznik.
    Anna war außer sich. Sie ließ niemand von den Schlachtschitzen und Offizieren in Ruhe.
    Fünf Tage später sagte sie zu Alexandra:
    »Pan Wolodyjowski ist ein ebenso berühmter Soldat wie er, aber kein solcher Grobian.«
    »Mag sein,« entgegnete Alexandra in Gedanken, »daß Pan Babinicz der treu geblieben ist, von der er zu dir gesprochen.«
    »Nun ja, mir ist das auch sicherlich ganz egal!« lachte Panna Anna gezwungen.

14. Kapitel.
    Sakowicz erlitt eine so schwere Niederlage, daß er sich kaum mit vier Soldaten, – dem Reste seiner ganzen Truppe, – in den Wald

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