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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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fürchteten, bemüht war, wie ein folgsamer Hund dem Mädchen in die Augen zu sehen. Er gehorchte ihr, er ertrug jeden Spott und gab sich die größte Mühe, ihre Gedanken zu erraten. Und sie hatte ihre Gewalt über ihn gemißbraucht, sie hatte ihn jetzt betrogen!
    Sakowicz gehörte zu jenen Leuten, die alles, was ihnen nützlich ist, auch für gut und richtig halten; – schlecht – ist alles, was ihnen Schaden bringt. In seinen Augen war Anna die größte Verbrecherin, die die schwerste Strafe verdiente. Über jeden anderen, den so etwas betroffen, hätte Sakowicz gelacht; er selbst aber gebürdete sich wie ein verwundetes Tier. Er dachte nur an Rache. Lebend oder tot, die Schuldige mußte in seine Hände fallen.
    Um ganz sicher zu gehen, schickte Sakowicz zu dem Miecznik einen Boten mit einem Briefe, in dem er im Namen Babinicz' versprach, im Laufe der Woche nach Wolmontowicze zu kommen.
    Der Miecznik, der von der Unbesiegbarkeit Babinicz' überzeugt war, glaubte dieser Nachricht und siedelte nach Wolmontowicze über. Währenddessen rückten die Schweden, die in Poniewiez standen, nach Wolmontowicze vor, und Sakowicz schlich sich nach Wolfsart eben dahin, ohne zu ahnen, daß ihm ebenfalls auf Wolfsart nur wenig entfernt ein dritter nachschlich.
    Kmicic wußte nicht, daß sich Alexandra bei der Partei des Pan Billewicz befand.
    Nachdem er Tauroggen durch Feuer und Schwert verwüstet hatte, erfuhr er, daß Alexandra und Panna Anna Borzobohata aus der Gefangenschaft geflohen waren. Wohin? – Natürlich in die Bialowiczer Heide, wo sich Pani Skizetuski und viele andere Frauen aufhielten. Wenigstens hatte der Miecznik schon vor langer Zeit die Absicht geäußert, sich dort während des Krieges niederzulassen.
    Pan Andreas war sehr betrübt, Alexandra wiederum nicht zu treffen, aber da es für ihn unmöglich war, sich nach der Heide zu begeben, so beschloß er, Smudien ganz vom Feinde zu säubern. Das Glück war ihm dabei günstig. Er hatte schon aus dem westlichen Teile von Smudien alle Schweden vertrieben, als er von Sakowicz erfuhr. Und um mit diesem abzurechnen, folgte er seinen Spuren.
    So geschah es, daß beide vor Wolmontowicze erschienen.
    Eines Abends meldete man dem Miecznik, daß eine unbekannte Truppenabteilung von Süden her heranrücke. Pan Billewicz, als alter und erfahrener Soldat, traf sofort Vorsichtsmaßregeln. Er postierte seine Infanterie, die jetzt schon mit Gewehren bewaffnet war, in die neu erbauten Häuser und an die Tore. Er selbst nahm mit der Kavallerie Aufstellung auf einer Wiese, die sich bis an ein kleines Flüßchen erstreckte.
    Plötzlich ertönten aus dem Walde her Schüsse, und die von dem Miecznik ausgesandte Patrouille kam in höchster Unordnung zurückgesprengt, gefolgt von dem Feinde, der fortwährend auf sie schoß.
    Die Schweden wollten mit dem ersten Anprall das Tor nehmen und in den Hof eindringen, aber sie wurden von der Infanterie zurückgewiesen. Es begann ein reges Gewehrfeuer. Die Schweden sahen bald ein, daß sie mit ihrer Reiterei allein nichts ausrichten konnten. Alle ihre Angriffe wurden abgeschlagen, die Tore standen unerschütterlich. Da versuchten sie eine Umgehung von links; jedoch der Miecznik bemerkte das zu rechter Zeit, und so begann links ein neues Gefecht.
    Pan Billewicz begann sich zu beunruhigen.
    Seine rechte Flanke war geschützt, – dort zog sich die Wiese hin, die von dem breiten und tiefen Flüßchen, das rasch und unbemerkt zu überschreiten unmöglich war, begrenzt wurde.
    Plötzlich kam Pan Chrzonstowski, der die Reiterei befehligte, zum Miecznik herangeritten und meldete:
    »Von der Flußseite her kommt schwedische Infanterie!«
    »Das ist Verrat!« schrie der Miecznik. »Um Gottes willen, reiten Sie mit Ihrer Schwadron hin und halten Sie die Infanterie wenigstens eine Stunde auf. Inzwischen werden wir versuchen, in den Wald zu fliehen!«
    Der Miecznik zweifelte nicht allein an dem Siege, sondern auch an der Möglichkeit, seine Infanterie zu retten. Freilich konnte er mit den beiden jungen Mädchen und den Resten der Reiterei in dem naheliegenden Wald Rettung suchen. Aber dann mußte unvermeidlich die ganze Laudaer Bevölkerung, die sich bei der ersten Nachricht von der bevorstehenden Ankunft Babinicz' in Wolmontowicze versammelt hatte, untergehen.
    Es blieb nur die eine Hoffnung übrig, daß Pan Chrzonstowski die schwedische Infanterie vernichten werde.
    Mittlerweile brach die Nacht herein; doch im Dorfe wurde es immer heller, die

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